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Ehrlich und Behring: Medizin-Pioniere vor 150 Jahren geboren  
  Mit nur einem Tag Abstand wurden vor 150 Jahren zwei der später wichtigsten Medizin-Pioniere geboren - Paul Ehrlich und Emil Behring. Beide sollten für ihre gemeinsame Forschungsarbeit den Medizin-Nobelpreis erhalten. Tatsächlich waren ihre Entdeckungen von enormer Tragweite für die Medizin: Behring bekämpfte erfolgreich die Atemwegs-Infektion Diphtherie, Ehrlich entwickelte das erste wirksame Mittel gegen die Geschlechtskrankheit Syphilis und gilt zudem als ein Begründer der modernen Chemotherapie.  
Ehrlich wurde am 14. März 1854 im oberschlesischen Strehlen geboren, Behring einen Tag später im westpreußischen Hansdorf. Und auch der Werdegang beider zeigt einige Gemeinsamkeiten:

Beide verpflichteten sich als Militärärzte, um ihr Studium finanzieren zu können. Beide erhielten den Medizinnobelpreis - Behring den ersten überhaupt 1901, Ehrlich wurde die begehrte Auszeichnung im Jahr 1908 verliehen. Ehrlich wurde als Jude angefeindet, Behring wegen seiner jüdischen Frau.
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Schüler und Assistenten von Robert Koch
Die Forscher lernten sich um 1890 in Berlin als Schüler und Assistenten von Robert Koch kennen. Später arbeiteten sie jahrelang in Hessen, wo sie auch begraben sind. Ehrlich starb 1915 in Bad Hornburg, Behring hielt die Trauerrede und starb zwei Jahre später in Marburg. Beider Namen sind bis heute im Gedächtnis: Behring wegen der nach ihm benannten Werke in Marburg, Ehrlich als Namensgeber des deutschen Bundesinstituts für Sera und Impfstoffe in Langen.
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Kampf gegen Syphilis, Diphtherie und Tetanus
Bild: Nobel Foundation
Emil Behring
Zu bekämpfende Krankheiten gab es Ende des 19. Jahrhunderts viele: die "Seuche der Freudenhäuser" Syphilis, den "Würgeengel der Kinder" Diphtherie und die "Schrecken der Schlachtfelder" Wundstarrkrampf und Tetanus.

Bering etwa suchte nach einem Mittel, das zum einen Diphtherie-Erkrankte heilen konnte, zum anderen bei Gesunden einer Ansteckung vorbeugte.

Er experimentierte an Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen und Schafen. Dafür infizierte er die Tiere mit geringen Mengen des Gifts und gewann aus ihrem Blut ein Serum, das kranke Tiere heilte und gesunde immun machte.
Erstes Serum gegen Diphterie
Der Durchbruch kam, als es Behring gelang, Antikörper in Pferdeblut heranzuzüchten und das Serum bei Menschen anzuwenden. 1894 begann die Serienproduktion, 1904 gründete Behring seine eigene Fabrik in Marburg, wo er auch als Professor an der Universität lehrte.
Serienproduktion dank Ehrlichs Hilfe
Bild: Nobel Foundation
Paul Ehrlich
Zwar war es Behring, der die Heilseren austüftelte, die Hunderttausenden das Leben retteten. Aber ohne Ehrlichs Hilfe wäre die Serienreife nie gelungen. Denn erst der Behring in spannungsreicher Freundschaft verbundene Ehrlich erfand eine Methode, die Konzentration des Wirkstoffs zu bestimmen und das Medikament zu standardisieren.

Den Nobelpreis bekam Ehrlich für diese Hilfestellung für Behring - nicht für seine wichtigste Arbeit, das 1910 eingeführte, erste wirksame Syphilis-Mittel "Salvarsan".
Mit Arsen gegen die Geschlechtskrankheit
Mit seinem japanischen Assistenten Sachahiro Hata untersuchte Ehrlich systematisch Hunderte chemische Verbindungen, die das Syphilis-Bakterium Treponema pallidum möglichst nebenwirkungsarm bekämpfen sollten.

Die 606. Untersuchung einer arsenhaltigen Verbindung im Jahr 1909 war schließlich von Erfolg gekrönt: Unter dem Namen "Salvarsan" sollte der Wirkstoff von 1910 an Millionen Syphilis-Kranken in aller Welt helfen, ehe er in den vierziger Jahren von Penizillin verdrängt wurde.
Erfolg und Anfeindungen als Lohn
"Das war international ein riesiger Erfolg", berichtet Fritz Sörgel, Mitglied der Paul-Ehrlich-Gesellschaft und Direktor des Instituts für Biomedizinische und Pharmakologische Forschung in Nürnberg.

Allerdings musste sich Ehrlich wegen seiner Entdeckung auch gegen zahlreiche Anfeindungen und Neider verteidigen. Die orthodoxe Kirche etwa wandte sich gegen eine Heilung der Syphilis, da die Geschlechtskrankheit Ausdruck für unmoralisches Handeln und als Strafe Gottes zu verstehen sei.

Andere wiederum unterstellten Ehrlich mit Hinweis auf seinen jüdischen Glauben reine Profitgier. Der Siegeszug des Salvarsans war aber nicht mehr aufzuhalten. "Die Leute kamen von überall her und haben sich bedankt" so Sörgel.
->   Paul-Ehrlich-Gesellschaft
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"Ehrlich färbt am längsten"
Glaubt man den Biografen, war Behring als Unternehmer wirtschaftlich erfolgreicher und gesellschaftlich gewandter - er wurde 1901 sogar mit einem "von" geadelt. Ehrlich hingegen machte in der Öffentlichkeit keine gute Figur, gilt aber als der vielseitigere Wissenschaftler. Eines der vielen Nebenprodukte seiner Forschungen war eine Methode zum Einfärben von Bazillen ("Ehrlich färbt am längsten", raunten die Kollegen). Er arbeitete mit Tuberkulose-Erregern - und steckte sich dabei sogar selbst an.
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Das erste Chemotherapeutikum "Salvarsan"
Paul Ehrlich trug zudem auch entscheidend zur Bekämpfung von Krebs bei und bekam in Frankfurt mit dem Georg-Speyer-Haus eine eigene Forschungsstätte für Chemotherapie.

Ziel dieses Verfahrens ist es, durch chemische Reaktionen im Körper kranke Zellen zu zerstören und gesunde zu verschonen. Sein "Salvarsan" gilt als das erste Chemotherapeutikum der Medizingeschichte.

An Ehrlichs Geburtstag wird jedes Jahr in der Frankfurter Paulskirche einer der international bedeutendsten Medizinerpreise verliehen, der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis.

Sandra Trauner, dpa
science.ORF.at
->   Biografie von Emil von Behring (www.nobel.se)
->   Biografie von Paul Ehrlich (www.nobel.se)
 
 
 
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01.01.2010