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Alternative Pockenimpfung mit weniger Nebenwirkungen  
  Die Pocken gelten als hochgradig ansteckende und lebensgefährliche Viruserkrankung. Zwar liegt die letzte natürliche Infektion rund 28 Jahre zurück, doch der Erreger "schlummert" in diversen Forschungslabors. Die Angst vor einem bioterroristischen Anschlag mit den Viren hat daher auch das Interesse an Impfstoffen erneuert. Denn das gegenwärtige Serum kann zu schweren Nebenwirkungen führen. Einen Erfolg vermelden nun US-Forscher: Ihre alternative Pockenimpfung mit weniger Nebenwirkungen hat sich demnach im Tierversuch als effektiv erwiesen.  
Die Forscher untersuchten die alternative Impfung an Affen und Mäusen. Der Bericht zur Studie an den Affen erscheint in dieser Woche im Wissenschaftsmagazin "Nature", der zu den Mäusen in der Zeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences".
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Der "Nature"-Artikel erscheint unter dem Titel "Immunogenicity of a highly attenuated MVA smallpox vaccine and protection against monkeypox" in Bd. 428, Seiten 182-185, Ausgabe vom 11. März 2004. Der Artikel in den "PNAS" erscheint unter dem Titel "Protective Immunization by Highly Attenuated Modified Vaccinia Virus Ankara of Mice with and without Specific Immune Deficiencies" als Online-Vorabpublikation.
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Affen-Studie mit drei Impf-Varianten
Die Wissenschaftler teilten 24 so genannte Cynomolgus-Affen in vier Gruppen auf. Drei Gruppen erhielten Impfungen, die vierte blieb ungeschützt.

Eine Gruppe wurde zwei Mal im Abstand von zwei Monaten mit dem Präparat mit dem Namen MVA immunisiert. Eine zweite erhielt eine MVA-Impfung gefolgt von einer traditionellen Impfung zwei Monate später. Der dritten Gruppe wurde der traditionelle Impfstoff injiziert.

Zwei Monate nach der letzten Impfung wurden alle Affen dem Erreger der Affenpocken ausgesetzt, einem Verwandten der Pocken.
Beide Wirkstoffe schützen vor Ansteckung
Wie die Forscher berichten, blieben alle geimpften Tiere gesund. Die Tiere der nicht geimpften Gruppe erkrankten dagegen - wie zu erwarten - schwer. Einer der Affen starb, ein weiterer musste eingeschläfert werden.

Völlig ohne Nebenwirkungen scheint allerdings auch die Neuentwicklung nicht zu sein: Bei einigen Affen, die nur MVA-Injektionen erhalten hatten, zeigten sich nämlich leichte Geschwüre.
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Pocken: Jahrtausende alte Infektionskrankheit
Pocken gelten als eine Jahrtausende alte Erkrankung, durch die typischen Pusteln hervorgerufene Narben fanden sich etwa bei ägyptischen Mumien. In China und Indien war die Infektion schon um 1.000 vor Christus bekannt. Die erste historisch belegte Epidemie suchte Europa im 6. Jahrhundert heim. Vor allem im 18. Jahrhundert war die Krankheit weit verbreitet.

Ein weltweites Immunisierungsprogramm der Weltgesundheitsorganisation WHO führte schließlich dazu, dass der Erreger 1979 für ausgerottet erklärt wurde. Die letzte natürliche Infektion wurde 1977 in Somalia gemeldet. Seitdem kam es lediglich zu einem Laborunfall in Großbritannien, bei dem ein Mensch an der Virusinfektion starb.
->   Mehr zu der Infektionserkrankung (www.medicine-worldwide.de)
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Kombination zeigte beste Ergebnisse
Die besten Ergebnisse wurden laut Studie aber mit der MVA-Dryvax-Kombination erzielt: Demnach könnte der neue Wirkstoff auch als eine Art "Prä-Vakzin" dienen, dem Dryvax im Falle einer konkreten Bedrohung durch die Pocken noch folgen könnte.

Forschungsleiter Moss erklärte, die Studie beweise, dass MVA einen Schutz gegen Pocken biete und dass es weniger Nebenwirkungen habe als Dryvax.

"Wir glauben nicht, dass MVA besser sein wird als die Standard-Impfung, aber wir glauben, dass es sicherer sein wird", sagte er. So könnten zum Beispiel Menschen vor einer Infektion geschützt werden, die Dryvax nicht vertragen.
Mäuse-Studie zeigt ebenfalls positive Resultate
In der Mäuse-Studie fanden Moss und sein Team heraus, dass MVA die Labortiere vor einer tödlichen Dosis des Erregers Vaccinia schützt, ebenfalls ein naher Verwandter der Pocken. Sogar Mäuse mit einem geschwächten Immunsystem überlebten die Dosis.

Laut Forschungsleiter Moss zeigt das Ergebnis, dass MVA eine Alternative zu Dryvax darstelle, besonders für Menschen mit einem schwachen Immunsystem. Er verwies auf den Schutz für Patienten nach einer Chemotherapie oder für HIV-Infizierte.
Traditioneller Impfstoff kann schwere Folgen haben
Die Forscher suchen nach einer neuen Pockenimpfung, weil der traditionelle Impfstoff bei einem kleinen Prozentsatz der Patienten schwere Nebenwirkungen hervorruft.

Als kürzlich in den USA medizinisches Personal, Polizisten und Feuerwehrleute geimpft wurden, berichteten zwei Prozent der 38.000 Geimpften über Nebenwirkungen.

Der traditionelle Impfstoff löst mit einem lebenden Vaccinia-Erreger eine leichte Infektion aus, die den Körper zum Aufbau seines Schutzmechanismus anregt. Moss erklärte, MVA basiere ebenfalls auf dem Erreger, dieser sei jedoch stark verdünnt und könne keine Infektion auslösen.
->   National Institute of Allergy and Infectious Diseases
->   Alles zum Stichwort Pocken in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010