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Stammzelltherapie bei Raucherbein  
  Ärzte am Wiener AKH haben die weltweit erste Stammzellentherapie gegen Raucherbein entwickelt. Mit Hilfe von körpereigenen Stammzellen wird die Durchblutung des Beines wiederhergestellt, das Gewebe erholt sich und die Patienten können ihr Bein behalten.  
In einer neuen Studie haben die Mediziner zwölf Patienten, bei denen nur mehr eine Amputation möglich war, der Stammzelltherapie unterzogen. Den Patienten werden körpereigene Stammzellen injiziert. Diese Stammzellen wachsen im Bein zu neuen Gefäßen heran und können so die Blutversorgung im Bein wiederherstellen.
Erfolg überrascht Mediziner
Von dem sensationellen Erfolg der Studie sind die Mediziner selbst überrascht. Neun der zwölf getesteten Patienten können ihr Bein behalten. Bereits nach wenigen Wochen haben die Patienten keine Schmerzen mehr. Nach drei bis vier Monaten sind die Geschwüre an den Beinen verschwunden und die Patienten können wieder gehen.
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Glückliche Patienten
"... ein Geschenk Gottes", so der 70-jährige Rudolf Wroblewski. Er hat ein Bein bereits durch diese Erkrankung verloren. Sein zweites konnten die Mediziner durch die Stammzellentherapie retten. "Ich bin glücklich", sagt die 34jährige Mara Matic, die vor ein paar Jahren an einer chronischen Gefäßentzündung, einer speziellen Form des Raucherbeins erkrankte. "Ich kann wieder gehen, arbeiten, ins Fitnesscenter gehen und vor allem kann ich schlafen ohne Schmerzen und aufstehen ohne Schmerzen. Es ist alles hinter mir."
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"Wissen es selbst nicht genau"
Bild: ORF
Was in dem kranken Bein vor sich geht, nachdem die Stammzellen injiziert wurden, wissen die Mediziner selbst nicht genau. "Es ist eine wunderbare Sache", so der Stammzellspezialist Markus Dettke vom AKH in Wien.

"Wir wissen nicht genau wie und warum, aber es funktioniert. Die Stammzellen werden zu einer Art Vorläufer von Gefäßen. Wir nehmen an, dass in dem kranken Bein Botenstoffe gebildet werden, welche die Stammzellen dazu anregen, sich festzukrallen und zu neuen Gefäßen auszudifferenzieren."
->   Transfusionsmedizin, AKH Wien
"Klassisches Raucherbein"
Das klassische Raucherbein tritt vor allem bei Männern ab dem 65. Lebensjahr auf. Risikopatienten sind Patienten mit fortgeschrittener Arteriosklerose, also Arterienverkalkung, sowie schwer zuckerkranke Patienten.

Durch Zucker-, Fett- und Nikotinablagerungen kommt es zu einer Verengung der Blutgefäße, bis die Blutgefäße schließlich verstopft sind. Eine weitere Ursache für das Raucherbein ist eine chronische Entzündung der Blutgefäße. Sie tritt vor allem bei jungen Menschen um die 30 auf.
Endstation Amputation
Bild: ORF
Wenn das Bein von der Blut- und Sauerstoffversorgung abgeschnitten ist, stirbt es langsam ab. Durch Bypässe können die Mediziner die Blutversorgung wiederherstellen, aber jeder Bypass hat nur eine begrenzte Lebensdauer. Bei fortgeschrittener Erkrankung bilden sich Geschwüre an den Beinen. Denn ohne Blut und Sauerstoff im Bein wirkt sich jeder Kratzer katastrophal aus.

Das Gewebe bricht auf und infiziert sich dadurch ständig. Früher oder später standen Ärzte und Patienten vor der traurigen Tatsache, dass das Bein amputiert werden musste.
"Große psychische Belastung für die Patienten"
Der behandelnde Arzt Christoph Kopp vom AKH in Wien: "Psychologische Studien haben gezeigt, dass Patienten, denen eine Amputation ihrer Extremität droht, eine ähnliche psychische Belastung haben, wie Patienten im Tumor-Endstadium.
->   AKH Wien
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Eine Betroffene: "Mit nichts zu vergleichen"
"Die Schmerzen, es ist egal, welche Tabletten man nimmt, sie wollten nicht aufhören. Ich hatte einen Bandscheibenvorfall, diese Schmerzen waren auch sehr schlimm, aber diese sind mit nichts zu vergleichen. Furchtbar. Ich möchte das nicht noch einmal erleben", so Mara Matic.

Die Patienten können nicht mehr gehen und vor allem - sie können nicht mehr schlafen. Wenn das Bein horizontal gelagert ist, sind die Schmerzen besonders schlimm, so der Transfusionsmediziner und Stammzellenspezialist Markus Dettke: "Wenn das Bein horizontal gelagert ist, fällt auch die Schwerkraft weg und es gibt nicht einmal eine minimalste Blutversorgung des Beines, wie sie beim Stehen oder Gehen vielleicht noch gegeben ist."
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Vision: Vorbeugende Stammzellentherapie
Nach dem Erfolg dieser Stammzellentherapie haben die Wissenschaftler bereits Neues vor. Nämlich die Stammzelltherapie vorbeugend einzusetzen.

Markus Dettke: "Eine Vision der Stammzelltherapie wäre zum Beispiel, dass bei Patienten mit Risikofaktoren, beispielsweise mit schwerer Zuckerkrankheit bereits im Vorfeld der Erkrankung Stammzellen entnommen werden. Man könnte diese Knochenmarkszellen tieffrieren und bei Bedarf, also sobald sich arteriosklerotische Veränderungen in den Beingefäßen bilden, wieder auftauen und dem Patienten injizieren."

Wenn sich diese Vision erfüllt, könnte die Entstehung des schmerzhaften Raucherbeins bereits von vorneherein verhindert werden.

Alexandra von Mersi, Modern Times Gesundheit
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Die Studie "Stammzelltherapie bei Raucherbein" ist eine Kooperation zwischen der Abteilung für Angiologie und der Abteilung für Transfusionsmedizin.

Behandelnder Arzt ist Christoph Kopp. Patientenrückfragen bitte an ihn unter der Tel.Nr.: 40400/4671 .
->   Abteilung für Angiologie, AKH Wien
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Mehr zu dem Thema in Modern Times Gesundheit am 12. März 2004, 22.35 Uhr in ORF 2.
->   Modern Times Gesundheit
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01.01.2010