News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Erneuerbare Energien: EU will Führungsposition  
  Die Europäische Union will bei den Erneuerbaren Energien die globale Führung erobern, um ihre Wettbewerbsposition zu sichern. Das Ziel ist ambitioniert: Bis 2010 soll der Anteil am Gesamtverbrauch verdoppelt werden.  
Das betonte Pablo Fernandez Ruiz, der Direktor des Energieprogrammes in der Generaldirektion für Forschung der EU-Kommission bei einer Presseveranstaltung in der Plataforma Solar, dem größten Sonnenkraftwerk Europas, nahe Almeria in Südspanien.
...
400 Mio. Euro für Forschung und Entwicklung
Die EU hat für Forschung und Entwicklung der "Erneuerbaren" im 6. Forschungs-Rahmenprogramm knapp 400 Millionen Euro vorgesehen (2002 bis 2006). In einer Direktive wurde festgelegt, dass der Anteil dieser Energieformen am Gesamtverbrauch von derzeit sechs Prozent bis 2010 auf zwölf Prozent verdoppelt werden soll. Auf dem Sektor der elektrischen Energie allein sollen "Erneuerbare" im selben Zeitraum gar auf 22 Prozent gesteigert werden.
->   Sixth Framework Programme (europa.eu.int)
...
Bisheriges Wachstum eher schwach
Kein leichtes Unterfangen, denn das bisherige Wachstum war eher schwach. Und beim aktuellen Anteil der "Erneuerbaren" von rund 14 Prozent an der Stromproduktion gibt es den Schönheitsfehler, dass dieser überwiegend aus großen Wasserkraftwerken stammt, die kaum mehr ausgebaut werden können.

Ohne "große Wasserkraft" sorgen die Alternativenergien bloß für wenig elektrisierende 3,2 Prozent des Stroms. Ruiz nannte die EU-Ziele denn auch diplomatisch "sehr ambitioniert".
Derzeit zum Teil noch deutlich teurer
Dazu kommt, dass die Erneuerbaren Energien im Moment zum Teil - noch - deutlich teurer sind als konventionelle.

Geht man von einem wettbewerbsfähigen Preis von vier Euro-Cent pro Kilowattstunde aus, so komme allein die Windenergie an diese Marke heran, führte Wiktor Raldow, der Leiter der Abteilung für Erneuerbare Energien in der Generaldirektion für Forschung der EU-Kommission aus.
...
Details zu den Kosten der einzelnen Bereiche
Windstrom lasse sich - allerdings nur unter optimalen Bedingungen - um die "magischen" vier Cent pro kWh gewinnen, mit einem Spielraum nach oben von bis neun Cent. Gleich danach rangiert die Biomasse (fünf bis acht Cent). Alle anderen "Erneuerbaren" sind um mindestens ein Mehrfaches von der Vier-Cent-Marke entfernt. Laut Raldow liegt die Spanne bei der Geothermie (Nutzung der Erdwärme) bei acht bis 15 Cent, bei Solarstrom (thermische Erzeugung) bei 16 bis 20 Cent und bei der Wellennutzung bei zehn bis 30 Cent. Die teuerste Kilowattstunde produziert weiterhin die Photovoltaik, die direkte Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie (25 bis 50 Cent pro kWh).
...
Auf dem Sprung zum großen Maßstab
Die drei in Almeria von der EU-Kommission vorgestellten Projekte stehen derzeit immerhin quasi auf dem Sprung zur Realisierbarkeit in großem Maßstab und auch zu einer künftigen Wirtschaftlichkeit - wenn erst einmal jeweils mehrere Groß-Anlagen in Betrieb sind.

In der Plataforma Solar de Almeria wurden in den vergangenen Jahren drei Systeme für die Nutzung der Sonne zur Erhitzung von Dampf vorangetrieben, der schließlich mittels konventionellen Turbinen Strom erzeugt.
"Turm-Technologie" nutzt Sonnenlicht
Bei der "Turm-Technologie" wird das Sonnenlicht mittels einer Kombination von 300 annähernd flachen Spiegel konzentriert, die eben um einen Turm angeordnet sind.

Auf dessen Spitze befindet sich im Fokus ein Absorptionselement, dessen Erhitzung zirkulierende Luft bis zu 800 Grad "anwärmt". Diese wiederum erzeugt den Dampf für die - gänzlich konventionelle - Turbine.
Hohlspiegel und Spiegel-"Schüsseln" als Varianten
Die zweite Variante benützt Hohlspiegel in Längsanordnung - der Fokus des Sonnenlichtes ergibt daher keinen Punkt, sondern eine Linie, in der ein Rohr verläuft. Eine darin befindliche Flüssigkeit wird dadurch heiß, dies erzeugt im Wärmetauscher Dampf, der wiederum die Turbine treibt.

Die dritte Lösung sind einzelne Spiegel-"Schüsseln", welche die Einstrahlung auf einen jeweils zentralen Punkt konzentrieren, an bzw. hinter dem die Hitze für die Stromproduktion genützt wird.

Während die beiden ersten Varianten sinnvoll jedenfalls zu großen "Parks" zusammengefasst werden müssen, können die "Schüsseln" auch allein stehen und Strom für individuelle Nutzer liefern. Ein Prototyp kostet derzeit allerdings mehr als 50.000 Euro.
"Wave Dragon"-Projekt nutzt Wellenkraft
Nicht die Sonne, sondern das Wasser - eigentlich die Energie der Wellen - benutzt das "Wave Dragon"-Projekt, dessen Test-Anlage vor der Küste von Dänemark in einem Fjord steht.

Die Wellen erzeugen einen Niveauunterschied (analog zu jenem durch den Damm bei einem herkömmlichen Wasserkraftwerk), der als Antrieb für die Stromproduktion fungiert.
->   Mehr dazu: Artikel vom 11. April 2003
Geothermische Energie aus 5.000 Metern Tiefe
Beim geothermischen "Hot Dry Rock Projekt" im Elsass an der französisch-deutschen Grenze dient schließlich die Hitze im Erdinneren zur Erwärmung von Wasser, das wiederum den Dampf für eine Turbine erzeugt.

In etwa fünf Kilometer Tiefe ist es in geologisch aktiven Zonen immerhin rund 200 Grad heiß.
->   Mehr dazu: Artikel vom 2. Dezember 2002
Technisch ziemlich weit gediehen
Allen drei Ansätzen ist gemein, dass sie technisch bereits ziemlich weit gediehen sind, aber zumindest im Pilotmaßstab Strom produzieren, der eben wesentlich teurer als konventionell gewonnene elektrische Energie ist.

Hier setzten die aktuellen Forschungen an, so Wiktor Raldow von der Forschungs-Generaldirektion der EU:

Durch den Einsatz neuer Technologien und Materialien sollen die Kosten weiter gesenkt werden. Billigere "erneuerbare" Kilowattstunden erwarten sich die Experten überdies durch die anstehende Realisierung erster Anlagen in größeren Maßstäben.
Kostenprognose der Plataforma Solar
Bei der Plataforma Solar rechnet man etwa damit, dass der Strom der bis 2006 geplanten Zehn-Megawatt-Anlage noch 18 Cent pro kWh kostet, so Manuel Romero von der Betreibergesellschaft. Bis 2010 ist eine 30-MW-Anlage geplant, wobei der Preis auf zwölf Cent fallen dürfte.

Und 2015 soll schließlich ein 50-MW-Werk laufen, das um sechs bis acht Cent Sonnenstrom produziert.

Wobei erst kürzlich in Spanien die aktuellen Einspeisetarife für Erneuerbare Energien mit 18 Cent festgelegt wurden - also die erste Anlage mit einem solchen garantierten und subventionierten Fixpreis kostendeckend betrieben werden kann.

Werner Müllner, APA
->   EU-Generaldirekton für Energie und Verkehr (Stichwort Energie)
->   EU Energy Framework Programme
->   Plataforma Solar de Almeria
->   Beiträge zum Thema erneuerbare Energiequellen in science.ORF.at
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010