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ORF ON Science :  News :  Leben .  Kosmos 
 
Forscher: Ohne Mond gäbe es kein Leben auf der Erde  
  Ohne Mond wäre auf der Erde kein Leben entstanden. Das behauptet jedenfalls ein britischer Molekularbiologe. Die Vorläufer-Moleküle der Organismen sind nämlich - so eine in der Fachwelt weit verbreitete Ansicht - in Gezeitentümpeln entstanden. Pikante Konsequenz der Theorie: Am Mars konnte nie Leben entstehen.  
Wie Richard Lathe von Pieta Research in Edinburgh in einer aktuellen Publikation berichtet, hätten in der Ursuppe ähnliche Verhältnisse geherrscht, wie sie heutzutage in den molekularbiologischen Labors bei der Vermehrung von Erbmaterial angewandt werden. Konkret bezieht sich Lathe auf die zyklischen Reaktionsbedingungen einer Technik, die als "Polymerase-Kettenreaktion" bekannt ist.
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Der Artikel "Fast tidal cycling and the origin of life" von Richard Lathe erschien in der Zeitschrift "Icarus" (doi:10.1016/j.icarus.2003.10.018).
->   Zum Original-Abstract
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Mond durch kosmischen Zusammenstoß entstanden
Viele Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass der Mond vor rund fünf Milliarden Jahren durch den Einschlag eines riesigen kosmischen Brockens gleichsam aus der Erde herausgeschlagen wurde. In der Jugendzeit des Gespanns waren Erde und Mond einander noch deutlich näher.
->   Die Geburt des Mondes (4.7.03)
Gezeiten waren früher viel stärker ausgeprägt
Vor etwa vier Mrd. Jahren, also zu einer Zeit, in der die Entstehung der ersten Organismen angenommen wird, dürfte der Wechsel von Ebbe und Flut im Ur-Ozean durch die Nähe des Mondes wesentlich heftiger ausgefallen und Wassermassen mit einem Zyklus von rund sechs Stunden Hunderte von Kilometern auf das Festland eingedrungen sein.
Ursuppe: Ähnliche Verhältnisse wie im Reagenzglas?
In den gewaltigen Gezeitentümpeln könnten dann ähnliche Verhältnisse geherrscht haben wie sie Wissenschaftler heute zur Vermehrung von Erbsubstanz (DNA) in der so genannten Polymerase-Kettenreaktion ("polymerase chain reaction", kurz: PCR) anwenden.

Dabei wird eine DNA-Suppe abwechselnd auf rund 100 Grad erhitzt und anschließend auf etwa 50 Grad abgekühlt. Während der heißen Phase brechen die Doppelstränge der DNA auf, sie öffnen sich wie ein Reißverschluss.

Während der kühleren Phase lagern sich neue Moleküle an die einzelnen Stränge an. Die Erbsubstanz kann so vervielfältigt werden, um etwa weitere Analysen durchzuführen.
->   Mehr zur PCR bei Wikipedia
Wechselnder Salzgehalt bewirkte Vermehrungszyklen
In den Gezeitentümpeln der jungen Erde soll dieser Vorgang, so Lathe, durch den wechselnden Salzgehalt in Gang gekommen sein. Erst bildeten sich in den Ursuppen der Tümpel die ersten Vorläufer-Moleküle, dann lagerten sich diese in langen Ketten zu DNA-ähnlichen Strängen zusammen.

Während der Flut wurde die Suppe dann durch das frische Wasser verdünnt, der Salzgehalt sank und die Doppelstränge brachen auf Grund einer chemischen Reaktion auf.

Im Anschluss stieg der Salzgehalt wieder, die Stränge verdoppelten und vermehrten sich so. Irgendwann kam dann sozusagen ein DNA-Strang auf die Idee, sich mit einer feinen Membran zu umgeben, die erste fortpflanzungsfähige Zelle war entstanden.
Konsequenz der Theorie: Kein Leben auf dem Mars
Stimmt die Theorie, dann können NASA und ESA ihre Suche nach Leben auf dem Mars aufgeben. Der größere der beiden Monde des Roten Planeten, Phobos, ist nämlich zu klein, um entsprechende Gezeiten auszulösen.

Die von ihm bewirkten Kräfte betragen nur rund ein Prozent jener des Erdenmondes. Und ohne solche Kräfte hätte es auch im schönsten Ozean keine Gezeiten, keine Gezeitentümpel und dementsprechend keine Vervielfältigung von Vorläufermolekülen des Lebens gegeben. Die Ursuppe wäre Ursuppe geblieben.
->   Neue Details über Wasser auf dem Rotem Planeten (18.4.03)
Was war das erste genetische Material?
Wie einer der bedeutendsten Theoretiker zur Entstehung des Lebens, Graham Cairns-Smith von der University of Glasgow, anmerkt, ist es relativ unwahrscheinlich, dass die ersten replizierenden Moleküle DNA-ähnlich gewesen seien.

Er geht vielmehr davon aus, dass es sich bei dem ersten genetischen Material um kristallisierte Tonminerale gehandelt habe. Aber, so Cairns-Smith gegenüber der Zeitschrift "New Scientist", die Theorie von Richard Lathe sei auch unter diesen Umständen von Belang.
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Literatur-Tipp
Dieses Thema behandelt auch der Artikel "How the moon gave life on earth ist first break" von Anil Ananthaswamy, erschienen im Fachmagazin "New Scientist" (Ausgabe vom 20.3.04, S.16).
->   New Scientist
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->   Pieta Research
->   University of Glasgow
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Stammt die Form der Biomoleküle aus dem Kosmos? (20.2.04)
->   Binäre RNA - Urform des Lebens? (18.12.02)
->   Kontroverse Theorie zur Entstehung von Leben (4.12.02)
 
 
 
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01.01.2010