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Orthorexie: Krankhaftes "gesund Essen"  
  Österreichische Ärzte und Psychologen machen auf eine neue Form der pathologischen Beschäftigung mit Nahrungsaufnahme aufmerksam: Bei Orthorexie wird der Tagesablauf der Betroffenen vom Gedanken bestimmt, nur absolut Gesundes zu sich zu nehmen.  
Dabei geht nicht nur die Lust am Essen verloren. Dieses Verhalten kann bis zur sozialen Isolation führen.

Gemeinsam mit dem Österreichischen Kneippbund präsentierten nun Wissenschaftler am Donnerstag auf einer Pressekonferenz ihr Buch "Besessen vom Essen".
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"Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme"
"Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme, es ist ein soziales Ereignis, dient zur Stressbewältigung, kann Glücksgefühle erzeugen", erklärte der Mediziner Michael Kunze. Menschheitsgeschichtlich gesehen wurde Essen immer von Mangelzuständen bestimmt. Daraus entwickelten sich soziale Wunschbilder, wie die Hauptmahlzeiten. Diese wurde über die Generationen hinweg weitergegeben. Für die heutige Situation sind diese Ernährungsgewohnheiten allerdings nicht mehr passend, so der Sozialmediziner.
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Ursache: Sorge um eigene Gesundheit
Orthorexia nervosa, also krankhaftes Gesundessen, entsteht auf der ständigen Sorge um die eigene Gesundheit. Die Betroffenen denken täglich mehrere Stunden an gesundes Essen, die Anzahl der Nahrungsmittel sinkt.

Der gesundheitliche Wert der Speisen wird wichtiger als das Vergnügen an den Mahlzeiten. Teilweise versuchen Personen, die an Orthorexia nervosa leiden, auch ihre Mitmenschen zu missionieren und können nicht mehr mitansehen, wie die Umgebung ungesunde Nahrung zu sich nimmt.

Es kommt zu einem Rückzug aus dem Sozialleben, berichtete Ernährungswissenschafterin Ingrid Kiefer.
Enthaltsamkeit in Zeiten des Überflusses
Die Gesellschaft zeigt ein zwiespältiges Bild: Einerseits leben wir in einer Zeit der materiellen Überversorgung, andererseits gibt es immer mehr pathologisch Dünne. Johann Kinzl, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, verwies auf den Stellenwert der Enthaltsamkeit in einer Zeit des Überflusses:

"Askese symbolisiert Stärke, verleiht Selbstbewusstsein, und gibt das Gefühl etwas besonderes zu sein oder zu können."
Grundstein für Essstörungen im Kindesalter
Bereits im Kindesalter wird der Grundstein für spätere Krankheiten im Umgang mit Ernährung gelegt. "Kinder sind eigentlich Snacker", haben also das Bedürfnis mehrere kleine Portionen über den Tag verteilt zu essen, erklärte der Mediziner Michael Kunze.

Viele Eltern versuchen jedoch ihren Nachwuchs von diesem Verlangen abzuhalten, da in der Idealvorstellung richtige Ernährung aus einem großen Frühstück und zwei weiteren Hauptmahlzeiten bestehen sollte.
->   Österreichischer Kneippbund
->   Mehr zum Stichwort Essstörung in science.ORF.at
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"Besessen vom Essen", Johann Kinzl, Ingrid Kiefer, Michael Kunze, Kneipp Verlag, 112 Seiten, 17,90 Euro, ISBN 3-902191-67-8
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01.01.2010