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Bienen steuern Gehirnentwicklung durch Brutwärme  
  Honigbienen können offenbar die Nervenverschaltung im Gehirn ihrer Nachkommen beeinflussen, berichten deutsche Forscher. Hierbei spielt die Temperatur, bei der sie den Nachwuchs aufziehen, eine wichtige Rolle.  
Das berichtet die Arbeitsgruppe des Neurobiologen Wolfgang Rössler vom Biozentrum der Universität Würzburg in der Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS).
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Die Studie erscheint unter dem Titel "Synaptic organization in the adult honey bee brain is influenced by brood-temperature control during pupal development" in der neuen Ausgabe des Fachmagazins, Bd. 101, Seiten 4268-4273, vom 23. März 2004 (doi:10.1073/pnas.0400773101).
->   Abstract der Studie in den PNAS
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Puppenphase: Kompletter Umbau des Hirns
Bevor aus den wurmähnlichen Bienenlarven erwachsene Tiere entstehen, wird eine zehn bis zwölf Tage dauernde Puppenphase durchlaufen. Dabei wird das Gehirn der Insekten komplett umgebaut.

Um aus der Larve eine flugfähige Biene mit ihren beachtlichen Sinnesleistungen hervorzubringen, müssen viele Nervenverschaltungen neu angelegt werden. In diesem kritischen Zeitraum klimatisieren die Bienen ihre Bruträume besonders sorgfältig - auf eine mittlere Temperatur von 35 Grad Celsius.
Einfluss auf Lernverhalten und Kommunikation
Die Würzburger Wissenschaftler hatten zuvor bereits entdeckt, dass Bienen, die bei anderen Temperaturen aufwachsen, im Lernverhalten und in der Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigt sind.
->   Bienen: Temperatur entscheidet über ihre "Klugheit" (20.5.03)
Synapsen der Bienen im Blickpunkt
Um zu klären, ob sich Temperaturunterschiede auch auf die Gehirnentwicklung auswirken, hielten die Forscher Bienenpuppen bei kontrollierten Temperaturen. Anschließend nahmen sie die Gehirne der frisch geschlüpften Bienen unter die Lupe.

Sie markierten die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, die so genannten Synapsen, mit fluoreszierenden Molekülen. Somit konnten sie Bildung, Anzahl und Dichte der Nervenkontakte verfolgen.
Nur ein Grad Celsius Unterschied zeigt Wirkung
Bild: Groh und Rössler/Universität Würzburg
Konfokalmikroskopische Aufnahme eines fluoreszenzmarkierten Bienengehirns.
Es stellte sich heraus, dass bereits Temperaturunterschiede von nur einem Grad Celsius die Anzahl der Synapsen in den so genannten Pilzkörpern verändern. Dabei handelt es sich um Gehirnregionen, in denen höhere Funktionen ablaufen, zum Beispiel Lernvorgänge und die Gedächtnisbildung.

Besonders spannend: "Nicht alle Anteile der Pilzkörper reagierten gleichermaßen auf die Temperaturunterschiede", so Wolfgang Rössler in einer Aussendung der Universität Würzburg.

Besonders deutlich war der Effekt in einer Region, die für die Verarbeitung von Duftreizen verantwortlich ist. In Gebieten, in denen optische Reize verarbeitet werden, war er dagegen weniger stark ausgeprägt.
Via Bruttemperatur Einfluss auf das Gehirn
Diese Veränderungen waren auch bei einer Woche alten Bienen noch eindeutig vorhanden. Das bedeutet, dass die Bienen über die Bruttemperatur Einfluss auf die Entwicklung und Funktion der Gehirne ihrer Nachkommen nehmen können.

Die Forscher vermuten, dass die Insekten damit sogar die Arbeitsteilung in ihrem Staat regulieren.
->   Biozentrum der Universität Würzburg
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01.01.2010