News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Akademische Karrieren - Was bringt das UG 02?  
  Wie müssen akademische Karrieren gestaltet sein, um den Beruf attraktiv zu machen und optimale wissenschaftliche Arbeitsbedingungen zu sichern. Darum ging es beim 1. Hochschulpolitischen Forum, einer Diskussionsveranstaltung im ORF KulturCafe. Die knappe Budgetsituation wurde dabei ebenso diskutiert, wie der Vorschlag, Jungwissenschaftlern Uni-Karrieren nach US-Zuschnitt zu ermöglichen.  
Wie entsteht eine gute Universität? Das sei die Frage, auf die das Universitätsgesetz 2002 eine Antwort versuche, sagte der Wiener Politikwissenschafter Peter Gerlich am Donnerstagabend beim 1. Hochschulpolitischen Forum.
...
Das hochschulpolitische Forum wurde veranstaltet von der Abteilung Hochschulforschung (IFF Wien/Universität Klagenfurt) in Kooperation mit dem ORF/Ö1 und dem "Standard".
...
UG 2002 ist die falsche Antwort
Allerdings: Nach Gerlichs Meinung ist es die falsche Antwort, denn die Universität werde mit den Maßstäben eines Wirtschaftsunternehmens gemessen:

"Einer meiner Kollegen hat gesagt, die neuen Vorgaben sind so, wie sich Beamte und Politiker die Wirtschaft vorstellen. Selber haben sie wenig Ahnung davon, aber jetzt zwingen sie uns irgendwelche Dinge auf und erwarten sich da Gott weiß was für wunderbare Veränderungen. Und das sehe ich überhaupt nicht - und ich denke, wenn die Universitäten diese Reformen 'überleben', dann haben wir schon Glück gehabt."
Budgetknappheit erschwert die Uni-Zukunft
Darüber war man sich bei der Diskussion sehr schnell einig: Mehr Geld muss her. Andrea Kdolsky von der Hochschullehrersektion der Gewerkschaft öffentlicher Dienst verlangte es:

"Ich bin nicht bereit, einfach zu akzeptieren, was man uns gibt und zu sagen, ich muss mich nach der Decke strecken. Ein Land muss wissen, was qualifizierte Wissenschaft und Forschung ihm wert sind", so Kdolsky.

In Frankreich hätten 2.000 Leiter öffentlicher Labors ihre Arbeit niedergelegt, weil ihnen die Forschungsfinanzierung zu gering sei. Heute heiße es: Paris verspricht drei Milliarden Euro mehr für die Wissenschaft.
"Wir werden dafür kämpfen müssen"
"Ich denke, wie werden hier in Österreich einfach auch dafür kämpfen müssen, dass dieses Land und die es vertretenden Politiker entsprechend akzeptieren, dass sie für gute, hochqualifizierte Wissenschaft und Leistung entsprechendes Geld zur Verfügung stellen müssen", so Kdolsky weiter.

"Und ich erwarte, dass auch der Dachverband, die Rektorenkonferenz, dass der Arbeitgeber dafür kämpfen würde."

Das sagt Peter Holubar vom Dachverband der Universitäten, also von der Arbeitgeberseite auch zu: "Man muss der Politik jetzt sagen: Wenn ihr diesen Systemwandel wollt, dann werdet ihr gut beraten sein, das notwendige Geld in die Hand zu nehmen, um eben diesen Strukturwandel herbei zu führen."
Befürchtungen um Personalabbau
Zur Zeit wird über einen Kollektivvertrag für die Universitäten verhandelt. Angesichts der Budgetknappheit fürchten die Gewerkschaften Personalabbau. Daran sei nicht gedacht, versicherte Arbeitgebervertreter Holubar:

"Wir sind Arbeitgeber, wir sind keine Arbeitnehmervertreiber oder Arbeitnehmerverhinderer. Wir gehen in unseren Modellen und Berechnungen davon aus, dass es keine Personalreduktion geben soll."

Man wolle einen Kollektivvertrag für alle Universitäten, so Holubar weiter. "Wir wollen auch, dass das wissenschaftliche und das allgemeine Personal in einem Schema vorhanden ist. Wir wollen relativ wenige Verwendungsgruppen und wir wollen vor allem ganz dringend eine Leistungskomponente."
Uni-Karriere nach US-Zuschnitt
Doch das Problem liegt auch hier in Vorgaben von außen, vom Gesetz: Das neue Dienstrecht ermöglicht nämlich einerseits eine Uni-Karriere nach amerikanischem Zuschnitt. Doch auf der Ebene der Professoren ist es dann damit vorbei - da gelte dann wieder das alte Berufungsprinzip, kritisierte der Klagenfurter Hochschulforscher Hans Pechar:

"Wir haben eine Art Ständeordnung von akademischem Personal, die nicht dasselbe ist, wie das, was im amerikanischen System unterschiedliche Phasen in einer akademischen Karriere sind. In den USA gibt es die Spaltung in Professorenschaft und Mittelbau nicht in diesem Ausmaß."

Das sei ein großes Glück für die amerikanische akademische Profession, so Pechar. "Weil sie sich eben nicht verzetteln muss in diese Grabenkämpfe, durch die das Klima bei uns weitgehend vergiftet wird. Und das hat etwas sehr wichtiges weiteres zur Folge, nämlich dass die frühe Selbständigkeit des akademischen Nachwuchses erleichtert wird."
"Tenure Track" auch an österreichischen Universitäten?
"Tenure Track" lautet das Zauberwort für die künftige Akademikerkarriere auch in Österreich. Gemeint ist damit eine absehbare Laufbahn an der Universität, die unabhängig von einer Berufung als Professor ist. Denn diese erfolgt nach klassischem Muster zumeist erst mit vierzig Jahren oder noch später. Für einen Wechsel von der Uni weg ist es dann zumeist schon zu spät.

Die Forderung lautet daher - und darüber wird zur Zeit eben auch zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern heftig diskutiert -, die Entscheidung über den Verbleib an der Universität wesentlich früher, etwa schon bei den Dreißigjährigen anzusetzen.

"Die Verknüpfung von Sicherheit und Bewährungsdruck, wie es im amerikanischen System glückt, halte ich für einen ganz entscheidenden Punkt", sagte Pechar. "Und ich halte es für sehr sinnvoll, das nach vorne zu verlegen."

Unsicherheit in frühen Jahren sei ein geringeres soziales Problem. "Wenn man mit Anfang oder auch Mitte 30 das Signal bekommt "Du bekommst keine dauerhafte Stelle an der Universität", ist es etwas anderes, als wenn man es mit Mitte oder Ende 40 oder Anfang 50 bekommt."

Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
...
Hans Pechar hat seine Vorschläge zur Einführung der in den USA übliche Anstellungsform im Rahmen eines Gastbeitrages für science.ORF.at formuliert: "Österreichs Universitäten brauchen einen tenure track".
->   Der Artikel vom 24. März 2004
...
->   Das Stichwort Universitätsgesetz im science.ORF.at-Archiv
->   Alles zum Stichwort Uni-Reform in science.ORF.at
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010