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Mehr Politik-Einfluss auf die Forschungsförderung  
  Die Regierung nimmt künftig mehr Einfluss auf die bisher von weitgehender Autonomie gekennzeichnete Forschungsförderungslandschaft. Die am Donnerstag präsentierten Pläne sehen die Fusion der wirtschaftsnahen Fördereinrichtungen zu einer Forschungsförderungs-GmbH (FFG) vor, deren Aufsichtsrat mehrheitlich und die Geschäftsführung vollständig von Ministern bestellt werden soll. Der auf Grundlagenforschung ausgerichtete Wissenschaftsfonds (FWF) wird einer grundlegenden Reform unterzogen, er bleibt aber - vorerst - außerhalb der GmbH und selbstständig. Kritik an der Reform kam von Seiten der Opposition und der Wirtschaft.  
Die Pläne für die Reform wurden am Donnerstag bei einem "Reformdialog" der Regierung präsentiert.
Für Synergien, gegen Doppelgleisigkeiten
"Kernstück" ist für Infrastrukturminister Hubert Gorbach (F) die FFG. Damit sollten ein "einheitlicher Ansprechpartner von signifikanter Größe" geschaffen, Synergieeffekte genutzt, Doppelgleisigkeiten vermieden und Förderlücken geschlossen, aber auch bewährte Abläufe erhalten werden.
Aus vier Institutionen werden vier Bereiche
In die Gesellschaft werden neben dem Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (FFF), die Technologie Impulse Gesellschaft (TIG), die Austrian Space Agency (ASA) und das Büro für internationale Forschungs- und Technologiekooperation (BIT) integriert (Gesamtfördervolumen 2003: 280 Mio. Euro).

Diese vier Einrichtungen sollen innerhalb der FFG in den vier Bereichen "Bottom Up/Impulsprogramme", "Kooperation Wissenschaft - Wirtschaft", "Strategische Programme / Luft- und Raumfahrt" sowie "Betreuung und Kooperation / F&E-EU-Programme" abgebildet werden. Die einzelnen Bereiche erhalten eigene Rechnungskreise.
FFG-Aufsichtsrat: Sieben Mitglieder mit Politik-Mehrheit
Die Gesellschaft erhält einen sieben Mitglieder umfassenden Aufsichtsrat, wobei die Regierung die Mehrheit davon bestellt. Den Vorsitzenden und ein weiteres Mitglied bestellt der Infrastrukturminister, den Stellvertreter das Bildungsministerium. Je ein weiteres Mitglied bestimmen Wirtschafts- und Finanzministerium, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung.

Mit beratender Stimme gehören dem Gremium der Vorsitzende und stellvertretende Chef des Rats für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) an. Die Geschäftsführung der FFG besteht aus zwei Personen, die vom Infrastruktur- und Wirtschaftsministerium bestellt werden, der Aufsichtsrat wird dabei einbezogen.
Die Struktur:
 
Grafik: APA

Budget soll bis 2006 um die Hälfte steigen
Bis 2006 soll das Budget der FFG im Vergleich zu den Ausschüttungen der einzelnen Einrichtungen im Jahr 2003 um mindestens 50 Prozent steigen. Das entspricht laut Gorbach einem kumulierten Zuwachs von 250 Mio. Euro. Alleine jener Bereich der FFG, welcher dem derzeitigen FFF entspricht, soll bis 2006 um 34 Prozent mehr Mittel erhalten. 2003 hatte der FFF Fördermittel in Höhe von insgesamt 239 Mio. Euro vergeben.
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Erstes Geld aus der Forschungs-Stiftung fließt im Mai
Eine weitere Neuigkeit, die am Donnerstag im Rahmen des "Reformdialogs" der Regierung bekannt wurde: Im Mai wird die Nationalstiftung für Forschung und Technologie die ersten Mittel ausschütten. Der Stiftungsrat hat in der Vorwoche nach einer Empfehlung durch den Forschungsrat beschlossen, dem FFF)45 Mio. Euro (davon 5 Mio. Euro für Kooperation mit dem FWF), dem FWF 40 Mio. Euro und der Christian Doppler-Gesellschaft (CDG) 5 Mio. Euro auszuzahlen.

Wie Finanzminister Grasser mitteilte, habe die US-Regierung ebenfalls in der Vorwoche Grünes Licht für die Verwendung von Mitteln aus dem ERP-Fonds für die Dotierung der Forschungsstiftung gegeben. Aus dem ERP-Fonds sollen jährlich 50 Mio. Euro, von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) jährlich 75 Mio. Euro in die Stiftung fließen. Im Juni soll der Stiftungsrat über die Verwendung der restlichen Mittel des Jahres 2004 entscheiden. Im Herbst steht dann der Beschluss einer Gesamtstrategie sowie eine Empfehlung des RFT für Stiftung und Offensivmittel ab 2005 an.
->   Neue Forschungsstiftung hat sich konstituiert (31.3.04)
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FWF bekommt Aufsichtsrat
Grafik: APA
Der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) soll laut Gorbach "eine effizientere Organisations- und moderne Verwaltungsstrukturen" erhalten. Wichtigste Neuerung ist die Einführung eines Aufsichtsrates für den Wissenschaftsfonds, der ebenfalls sieben Mitglieder umfasst und für Controlling und Beschlussfassung der mehrjährigen Programme zuständig ist.

Drei der Mitglieder werden von der Delegiertenversammlung des FWF bestimmt, zwei vom Infrastruktur- und eines vom Bildungsministerium. Ein weiteres Mitglied wird von den sechs anderen einvernehmlich bestellt. Der Aufsichtsratsvorsitzende muss über kaufmännische Erfahrung verfügen.
Kleineres Kuratorium, Mehrjahresplanung
Außerdem soll es beim FWF zu einer "Verschlankung des Kuratoriums und der Delegiertenversammlung" kommen und eine Mehrjahresplanung eingeführt werden. Das Präsidium des Fonds sowie die Referenten müssen im Gegensatz zu bisher öffentlich ausgeschrieben werden.
"Haus der Forschung" wird gebaut
Überdies sollen die Forschungsförderungseinrichtungen des Bundes bereits ab kommenden Jahr in ein gemeinsames "Haus der Forschung" ziehen. Als Standort dafür ist ein Grundstück Ecke Spitalgasse, Sensengasse in Wien-Alsergrund geplant. Der RFT wird mit der Reform als juristische Person des öffentlichen Rechts unabhängig und weisungsfrei gestellt.
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Höhere F&E-Quoten laut Statistik Austria
Parallel zum Reformdialog präsentierte die Statistik Austria am Donnerstag auch ihre Prognose für die Forschungsquote, also die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Diese wird 2004 mit 2,27 Prozent höher als in den vergangenen Jahren liegen. Auf Grund neuester Daten einer Erhebung der Statistiker über F&E in Österreich wurden aber auch die Forschungsquoten der vergangenen Jahre deutlich angehoben.

Grund ist laut Statistik Austria der überproportionale Anstieg der F&E-Ausgaben im Unternehmenssektor. Angezweifelt wurden die Zahlen von SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser: Die Statistik Austria verdiene sich "mit der punktgenauen Veröffentlichung revidierter Prognosen das 'Große Kaffeehäferl für besonders gutes Kaffeesudlesen'".
->   Mehr dazu: Forschungsquote steigt heuer auf 2,27 Prozent (15.4.04)
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Wirtschaft kritisiert Zusammensetzung der FFG ...
Die Kritik an der neuen Forschungsförderungs-Gesellschaft konzentrierte sich vor allem auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und die Bestellung der Geschäftsführer. FFF-Präsident Johann Marihart betonte, dass die Wirtschaft im Aufsichtsrat eine Mehrheit haben müsse und dieser auch die Geschäftsführer küren solle. Ähnlich äußerte sich der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Lorenz Fritz.
... Gewerkschaft die Zersplitterung der Ressorts
SPÖ-Wirtschaftssprecher Hans Moser und ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch (SPÖ) übten Kritik an der Zersplitterung der Ressortzuständigkeit für die Forschung, die nach wie vor auf Bundeskanzleramt, Bildungs-, Infrastruktur-, Finanz- und Wirtschaftsministerium aufgeteilt sei.

In den Führungsgremien der neuen Fördereinrichtungen vermisste Verzetnitsch außerdem Arbeitnehmervertreter. Dies zeige vor allem eines: "Wir sind nicht erwünscht." Eine Bündelung der Forschungskompetenzen in der Regierung forderte auch Arbeiterkammer-Vertreterin Maria Kubitschek.
Experte: Statistik Austria-Daten nicht nachvollziehbar
Ähnliche Probleme sah auch Wirtschaftsforscher Helmut Kramer. Positiv sei zwar, dass das Signal des Forschungszugs "nicht mehr auf Gelb, sondern auf Grün" stehe - allerdings würden "die Gleise viergliedrig verlegt".

Nicht ganz nachvollziehen konnte er vorerst auch die neuesten Daten der Statistik Austria zur Forschungsquote. Bei den Aufwendungen der Wirtschaft gebe es "große Unwägbarkeiten".
Gegen Superlativen
Der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald wiederum stieß sich an der allzu positiven Selbstdarstellung der Regierung: "Hätten Superlative Kalorien, dann könnte keiner aufrecht das Haus verlassen."
->   FWF
->   FFF
->   Technologie Impulse GmbH (TIG)
->   BIT
->   Austrian Space Agency (ASA)
->   Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT)
->   Infrastrukturministerium
->   Bildungsministerium
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Forschungsförderung
 
 
 
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01.01.2010