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Theodor Billroth vor 175 Jahren geboren  
  Forscher, Arzt, Standespolitiker, Mediziner-Ausbildner: Theodor Billroth (1829-1894) war ein "Medizin-Gigant" des 19. Jahrhunderts, der mit seiner Energie und seinen zahllosen Aktivitäten zu den wichtigsten Persönlichkeiten in der Weiterentwicklung der Heilkunde seiner Zeit wurde. Am Montag, dem 26. April, vor 175 Jahren wurde Billroth geboren.  
Zuerst wenig Sympathie für Wiener Schule
Bild: Universität Wien
Billroth wurde 1829 als Sohn eines preußischen Pastors in Bergen auf der Insel Rügen geboren. Am liebsten wäre er Musiker geworden, aber auf Drängen seiner Mutter studierte er Medizin an der Universität Göttingen und promovierte 1852 in Berlin.

Ausgedehnte Studienreisen führten ihn schließlich auch nach Wien. Besonders begeistert war er von den Proponenten der Wiener Medizinischen Schule damals nicht. "In der Leichenkammer ist Rokitansky die todteste Leiche", schrieb er über den "Erfinder" der klinischen Pathologie.
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Carl Freiherr von Rokitansky begründete die pathologischen Anatomie und schuf so die Grundlagen für die klinische Medizin.
->   Mehr dazu anlässlich seines 200. Geburtstags (19.2.04)
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Über Berlin und Zürich ...
Dann wurde der Arzt in Berlin Assistent, wo er vor allem mit der experimentellen Chirurgie vertraut wurde. 1860 folgte die Ernennung zum Direktor der Chirurgischen Klinik in Zürich, wo er mit der "Allgemeinen chirurgischen Pathologie und Therapie" (1863) ein Standardwerk verfasste. Als Neuerungen etablierte er etwa bei seinen Patienten die tägliche Messung der Körpertemperatur (Wundfieber).
... zurück nach Wien: Erste Narkosen, Antiseptika
Billroth, 1867 zum Chef der II. Chirurgischen Universitätsklinik in Wien berufen, profitierte von den bahnbrechenden medizinischen Entwicklungen seiner Zeit: Mit der Möglichkeit der Narkose wurden erst große Eingriffe ohne Schmerzen möglich, erste Erfahrungen mit der antiseptischen Wundbehandlung mit Karbol senkten die Infektions- und Todesrate der Patienten drastisch.
Bedeutendster Chirurg seiner Zeit
Bild: Universität Wien
In Wien stieg Billroth zum wohl bedeutendsten Chirurgen seiner Zeit auf: Er führte die erste teilweise Entfernung einer Speiseröhre (1871), die erste Kehlkopfentfernung (1873) und schließlich die erste Magenresektion (1881) durch.

Die erfolgreiche Entfernung von vor allem tumorbefallenen Organen Krebskranker ließ ihn trotzdem nicht "übermütig" werden. Die Machtlosigkeit der Medizin in vielen Fällen gestand der Chirurg immer wieder ein.
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Billroth I und Billroth II
Doch es war nicht Billroth allein, der diese chirurgischen Fortschritte gewährleistete: Bereits 1874 hatten seine Assistenten Karl Gussenbauer und Alexander von Winiwarter die Technik zur chirurgischen Entfernung des Magens bzw. Teilen davon experimentell an Hunden entwickelt. Billroth I und Billroth II heißen diese "Schnitte". Bei dem chirurgischen Verfahren wird der von einem Karzinom befallene Teil des Magens zwischen Magen und Zwölffingerdarm abgetrennt. Dann wird der restliche Teil des Magens in seinem Querschnitt durch Nähte so weit verkleinert, daß er an den Zwölffingerdarm angeschlossen werden kann.

Die erste derartige Operation führte Billroth am 29. Jänner 1881 an der 43jährigen Therese Heller durch, die seit dreieinhalb Monaten an den Symptomen von Magenkrebs litt. Das Leben hat ihr das nicht gerettet. Die Patientin starb drei Monate später an Lebermetastasen.
->   Mehr zu Billroth I und Billroth II (Roche Lexikon Medizin)
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Begründung einer Schule
"Was mir die meiste Freude in meinem reichen Leben gemacht hat, ist die Begründung einer Schule ...", stellte Theodor Billroth einmal fest. Gussenbauer, Winiwarter, Anton von Eiselsberg, Johann Mikulicz von Radecki (erste Gastroskopie/1881) und Vinzenz Czerny wurden bei ihm ausgebildet und etablierten sich von Wien aus als die "Creme de la Creme" der Chirurgie in Europa.
->   Wiener Medizinische Schule (Institut für Geschichte der Medizin, Uni Wien)
Musikliebhaber, Freund von Brahms
Billroth führte eine rastlose Existenz, die ihn zwischen seinem eigentlichen Beruf, seinen verschiedenen anderen Aktivitäten und dem Privatleben hin und her riss. Seine Freundschaft mit Johannes Brahms ist für seine Liebe zur Musik sprichwörtlich. Der Chirurg selbst trat bei den wöchentlichen Musikabenden als Pianist und Bratschist auf. Brahms hat ihm die Streichquartette op. 51 gewidmet.
Standespolitik: Errichtung der Ärztekammern
Für die Wiener Medizin und die Ärzteschaft insgesamt leistete der Chirurg wichtige standespolitische Arbeiten. So setzte er 1891 die Schaffung der Ärztekammern in der Monarchie durch. 1876 hatte Billroth bereits den "Rudolfinerverein" zur Ausbildung von Krankenpflegepersonal gegründet. "Wer anderen hilft, verhilft sich selbst zum Glück", war der Wahlspruch des Chirurgen.

Schwer herzkrank wollte sich Billroth im Februar 1894 in Abbazia erholen. Er starb dort am 6. Februar 1894 im Alter von 65 Jahren.
->   Biographie und Bibliographie (whonamedit.com)
->   Biographie (Institut für Geschichte der Medizin, Uni Wien)
 
 
 
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01.01.2010