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Frisch Verliebte sind auch hormonell im Gleichklang  
  Junge Liebe überwindet alles - hormonell gesehen sogar gewisse Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Eine italienische Forscherin hat jetzt herausgefunden, dass der Spiegel des Sexualhormons Testosteron bei frisch verliebten Männern stark sinkt, während er bei ihren Partnerinnen deutlich steigt.  
"Männer werden auf diese Weise Frauen ähnlicher und umgekehrt", erklärt dazu Donatella Marazziti von der Universität Pisa im britischen Wissenschaftsmagazin "New Scientist".
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Der Artikel "Love, the great gender bender" von Anil Ananthaswamy erscheint in der aktuellen Ausgabe des "New Scientist" vom 8. Mai 2004, Seite 14. Die Ergebnisse der italienischen Forscherin werden unter dem Titel "Hormonal changes when falling in love" im Fachmagazin "Psychoneuroendocrinology" veröffentlicht.
->   Abstract zur Studie in "Psychoneuroendocrinology"
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Frisch Verliebte kontra Langzeit-Beziehung
Donatella Marazziti vom Dipartimento di Psichiatria, Neurobiologia, Farmacologia e Biotecnologia der Universität Pisa hat gemeinsam mit einem Kollegen das Blut von jeweils zwölf Männern und Frauen getestet. Alle 24 Probanden hatten sich eigenen Angaben zufolge innerhalb der vergangenen sechs Monate neu verliebt.

Im Blickpunkt der Forscher waren dabei unterschiedliche Hormone wie Östradiol, Progesteron oder auch Testosteron. Die Hormonwerte der Versuchsteilnehmer wurden mit jenen von 24 Personen aus einer Kontrollgruppe verglichen, die entweder als Singles oder aber in einer stabilen Langzeit-Beziehung lebten.
Stichwort Cortisol: Anstrengendes Umwerben
Zunächst stellten die italienischen Wissenschaftler fest, dass - bei beiden Geschlechtern - in den ersten sechs Monaten der Partnerschaft das Stresshormon Cortisol deutlich erhöht ist. Mit anderen Worten: Die "Balz" kann mitunter recht anstrengend sein.
Testosteronspiegel nähern sich an
Besonders interessant jedoch seien die Ergebnisse bezüglich des Sexualhormons Testosteron gewesen, wird Marazziti im "New Scientist" zitiert. Dessen Spiegel näherte sich im Geschlechtervergleich an - bei Männern sank der Testosterongehalt, während er bei den Frauen stieg.

"Es scheint, als wollte die Natur die Unterschiede zwischen Mann und Frau ausschalten, weil es in diesem Stadium wichtiger ist zusammenzukommen", sagt Marazziti dazu.

Sie glaubt, dass die jeweiligen Veränderungen der Hormonkonzentration ihre Entsprechung in Veränderungen von Verhaltens- und/oder Temperaments-Eigenschaften haben könnten. Letztere müssten allerdings noch geklärt werden.
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Testosteron: Sexualhormon für Bartwuchs, Libido und Co
Testosteron wird häufig als das wichtigste männliche Sexualhormon bezeichnet. Dies ist insofern irreführend, als es auch im Blut der Frau nachzuweisen ist - allerdings in geringeren Konzentrationen. Die Bildung erfolgt in den Hoden bzw. Eierstöcken, der Nebennierenrinde sowie in der Leber.

Testosteron bewirkt bei beiden Geschlechtern eine Vermehrung der Muskelmasse, eine Senkung des Cholesterinspiegels sowie eine Steigerung des Eiweißaufbaus. Beim Mann sind die Spermatogenese sowie Muskel-, Stimmband- und Genitalwachstum direkt von diesem Hormon abhängig. Außerdem beeinflusst es sekundäre Geschlechtsmerkmale wie z.B. den Bartwuchs. Nicht zuletzt werden durch Testosteron bestimmte Stimmungen und Verhaltensweisen gesteuert, etwa die Libido.
->   Mehr Information über Testosteron (www.netdoktor.de)
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Doch "mehr Sex" als Ursache?
Doch ist das Verlieben wirklich der Auslöser für diese Veränderungen? Schließlich könnte auch eine gesteigerte sexuelle Aktivität dafür verantwortlich sein, schlägt ein Forscher vom University College London vor.

Marazziti hält dies jedoch für unwahrscheinlich - und verweist zum einen darauf, dass die Personen der Kontrollgruppe den Angaben zufolge etwa genau so häufig sexuellen Verkehr hatten wie die frisch verliebten Teilnehmer.
Testosteronwerte müssten steigen
Zudem gibt es laut "New Scientist" auch Studien, die darauf hindeuten, dass mit zunehmender sexueller Aktivität die Testosteronwerte von Männern ansteigen. Doch genau der gegenteilige Effekte wurde in der aktuellen Studie beobachtet.
->   Alles zum Stichwort Testosteron im science.ORF.at-Archiv
Der hormonelle Alltag kehrt irgendwann ein
Nach der turbulenten Phase erster Verliebtheit kehrt jedoch auch hormonell gesehen irgendwann wieder Alltag ein, stellte Marazziti in Nachuntersuchungen ein bis zwei Jahre später fest: Alle Werte hatten sich demnach wieder normalisiert.

Bei anderen Hormonen wie Östradiol oder Progesteron zeigte sich laut Studie kein Unterschied zwischen der Kontrollgruppe und den frisch Verliebten. Die Werte lagen demnach bei allen Bluttests im normalen Bereich.
Sich Verlieben macht ein bisschen "verrückt"
Dass das Verlieben mitunter ein bisschen "verrückt" macht, hat die Forscherin im Übrigen bereits 1999 herausgefunden.

Damals konnte sie zeigen, dass frisch Verliebte ähnlich wie unter einer Zwangsneurose leidende Patienten vergleichsweise geringe Werte des Neurotransmitters Serotonin aufweisen. Beide Gruppen verbringen demnach übermäßig viel Zeit damit, sich "obsessiv" mit jemandem oder etwas zu beschäftigen.
->   "New Scientist"
->   Universita di Pisa
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01.01.2010