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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Wie realistisch ist ein Klima-Kollaps a la "The Day after Tomorrow"?  
  "Prinzipiell gute Ideen, aber über weite Strecken drastisch überzeichnet", so kommentierte der Chef-Klimatologe der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf der Hohen Warte in Wien, Ernest Rudel, den jüngsten Umwelt-Schocker "The Day after Tomorrow". Ein Problem hat der Klimaforscher, der den Film vorab gesehen hat, vor allem mit dem Tempo der im Streifen geschilderten Klimaänderungen.  
Im Film wird sehr eindringlich dargestellt, wie praktisch die ganze Welt - oder jedenfalls die nördliche Hemisphäre - innerhalb von ein, zwei Tagen um einige Grad abkühlt. Als Ursache für die neue Eiszeit wird der Ausstoß von Treibhausgasen angenommen, in der Folge brechen die Meeresströmungen, etwa der Golfstrom, zusammen.
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Held des am 28. Mai anlaufenden Streifens ist ein Klimaforscher, der ein Klimamodell auf Grund von Daten aus Eisbohrkernen erstellt hat und dessen Berechnungen - auch für ihn selbst - unerwartete Aktualität erfahren.
->   The Day after Tomorrow
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->   Pentagon-Studie warnt vor Klima-Kollaps (23.2.04)
Unrealistischer Hagel, Plausible Hurricans
Enttäuscht gab sich der echte Klimaforscher Rudel im Gespräch mit der APA bezüglich einiger Kleinigkeiten, so sehen die Hagelkörner am Anfang des Films nicht wie Hagelkörner, sondern "wie geworfene Eisbrocken" aus - was sie vermutlich auch waren.

Plausibel erschienen ihm dagegen die Hurricans über Los Angeles, diese kleinen aber zerstörerischen Wirbel treten immer dann gehäuft auf, wenn große Temperaturdifferenzen in der Atmosphäre auftreten.
Drastische Abkühlung nicht nachvollziehbar
Bild: APA
Nicht nachvollziehbar sind für den Wissenschaftler dagegen die Entstehung von riesigen Tiefdruckwirbeln über den drei nördlichen Kontinenten, Nordamerika, Europa und Asien.

Um die geschilderte Abkühlung zu erreichen, müssten die Wirbel Luft mit minus 100 Grad Celsius ansaugen und das sei doch mehr als unwahrscheinlich.

Faktum ist jedoch, dass es in der Erdgeschichte Eiszeiten gab, in denen es in großen Weltregionen deutlich kälter war als es heute ist.

"Auch wenn der Eintritt solcher Eiszeiten in aus erdgeschichtlicher Sicht kurzen Zeiträumen vor sich ging, innerhalb von Tagen kann das sicher nicht gehen", sagte Rudel.

Bild rechts: Der Golfstrom als Produkt einer globalen klimatischen Kausalkette.
Sonne wird nicht berücksichtigt
Unwahrscheinlich ist es zudem, dass eine derartige Kälteperiode quasi ohne Zutun des Hauptbeteiligten - der Sonne - vor sich gehen kann.

Im Film wird das jedenfalls behauptet. Tatsächlich gehen die Klimaforscher davon aus, dass Eiszeiten durch Veränderungen der Sonneneinstrahlung auf die Erde verursacht oder wenigstens ausgelöst wurden.

"Die Sonne ist die mit Abstand wichtigste Energiequelle für unseren Planeten. Für die Erklärung einer derart massiven globalen Abkühlung - wie im Film - ist jedenfalls das Zusammenbrechen von Meeresströmungen nicht ausreichend."
Europa wäre ohne Golfstrom sehr wohl kalt
Sehr wohl können veränderte Meeresströme aber lokal heftige Auswirkungen haben. Ohne den wärmenden Effekt des Golfstromes wäre etwa Europa - speziell Nord- und Westeuropa - empfindlich kälter als heute.

Der Strom ist Teil des so genannten subtropischen Strömungskreises. Er entspringt - gleichsam - aus dem von den Passatwinden westlich getriebenen Nordäquatorialstrom und bringt warmes, tropisches Wasser mit hoher Geschwindigkeit bis vor die europäischen Küsten und sorgt etwa für das gleichmäßige Klima Irlands und Großbritannien.
->   Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at
->   Ungewöhnliches Szenario: Monsun-Klima im Nahen Osten (3.4.03)
->   Zukunft der Erde: Eiszeit statt Treibhaus? (29.10.01)
->   Macht erlahmender Golfstrom Europa kälter? (25.6.01)
->   Das Stichwort Klimawandel im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010