News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Garchinger Forschungsreaktor wird offiziell eröffnet  
  Die Kritiker sind vom Sicherheitskonzept für den atomaren Forschungsreaktor FRM-II in Garching bei München nach wie vor nicht überzeugt. Am Mittwoch wird er dennoch mit einem Festakt feierlich eröffnet.  
Die bayerische Staatsregierung setzt dagegen große Hoffnungen auf den 435 Millionen Euro teuren Reaktor.
Normalbetrieb ab Herbst
Die Vorbereitungen für den Start der wissenschaftlichen Arbeit laufen bereits auf Hochtouren. "Der Reaktor läuft sich warm", sagt Bayerns Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU). Im Herbst soll die volle Leistung von 20 Megawatt erreicht sein und der Normalbetrieb beginnen.
"Magnet für die besten Köpfe"
Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) ist sich sicher: "Mit dem FRM-II spielen wir in der Champions League und werden damit maßgeblich an der internationalen Spitzenforschung teilhaben." Der Reaktor sei ein Meilenstein für den Wissenschaftsstandort Deutschland.

Der FRM-II eröffne völlig neue Möglichkeiten in Materialforschung, Medizin und Biologie. Der Präsident der Technischen Universität München, Wolfgang Herrmann sagt: "Der Forschungsreaktor wird Magnet für die besten Köpfe sein."
Atomwaffentaugliches Uran wird verwendet
International ist der FRM-II jedoch umstritten, weil als Brennstoff atomwaffentaugliches hochangereichertes Uran verwendet wird. Vor allem Kritiker in den USA sehen die Bemühungen torpediert, die Verbreitung des Bombenstoffes weltweit einzudämmen.

Der Reaktor soll der Forschung als Hochleistungsquelle für Neutronen zur Verfügung stehen und ist bereits seit 2001 fertig gestellt. Doch erst im Frühjahr 2003 hatte das Bundesumweltministerium nach langem Tauziehen grünes Licht für die Inbetriebnahme gegeben. Damit konnte das bayerische Umweltministerium dann die Betriebserlaubnis erteilen.
Uran-Umrüstung ist bis 2010 geplant
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sei dem FRM-II aufgeschlossen gegenüber gestanden, aber Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) habe hinter den Kulissen immer gebremst, heißt es bei der bayerischen Staatsregierung. In Trittins Ministerium dagegen wurde wiederholt betont, aus Bayern seien immer wieder unvollständige Unterlagen zur Prüfung eingereicht worden. Deshalb habe das Verfahren so lange gedauert.

Nach den Auflagen des Bundesumweltministeriums muss der FRM-II bis 2010 auf weniger angereichertes, nicht atomwaffentaugliches Uran umgerüstet werden. Ob das technisch möglich ist, stehe aber nicht fest, betont Herrmann: "Forschung können Sie planen, die Ergebnisse nicht."
...
Kritik an Sicherheit des Reaktors
Die Kritiker bezweifeln die von offizieller Seite immer wieder betonte hohe Sicherheit des Reaktors und befürchten bei Störfällen eine Freisetzung von Radioaktivität. Auch die Sicherheit gegen Terroranschläge sei nicht ausreichend geprüft worden, bemängelt der Vorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern, Hubert Weiger, mit Blick auf die Anschläge in den USA vom 11. September 2001.

Die Vorsitzende der Initiative "Bürger gegen Atomreaktor Garching", Gina Gillig, geht noch weiter: "Die Prüfungen zur angeblichen Sicherheit gegen Flugzeugabstürze wurden schön gerechnet."
->   "Bürger gegen Atomreaktor Garching"
...
Interdisziplinäres Umfeld
Der neue Reaktor ist Nachfolger des FRM-I. Dieses so genannte Atom-Ei war im Juli 2000 nach mehr als 40 Betriebsjahren stillgelegt worden. Professor Winfried Petry, wissenschaftlicher Direktor des neuen Reaktors, ist optimistisch: "Der FRM-II wird der Keim für weitere 40 Jahre Fortschritt sein."

Der Garchinger Forschungscampus mit vier Max-Planck-Instituten, dem bayerischen Institut für Tieftemperaturforschung sowie Forschungseinrichtungen der beiden Münchner Universitäten biete ein ideales interdisziplinäres Umfeld, sagt Goppel. "Der FRM-II wird als bayerische Initiative für Deutschland in die Geschichte eingehen."

Jürgen Balthasar, dpa
->   Forschungs-Neutronenquelle Garching
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010