News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Kernkraft-Nutzung: Anstieg der Atomenergie prognostiziert  
  Fast auf den Tag genau ein halbes Jahrhundert ist es her, dass in der Nähe von Moskau das erste zivile Atomkraftwerk der Welt ans Netz ging. Heute liefern weltweit 442 Atomkraftwerke Strom und 27 weitere befanden sich Ende 2003 im Bau, so die jüngste Statistik der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Die UN-Behörde hat - pünktlich zum Jahrestag - auch Prognosen zur Zukunft der kommerziellen Kernkraft-Nutzung vorgelegt. Das wahrscheinlichste Szenario geht von einem Anstieg aus - demnach werden bis 2030 rund 27 Prozent des weltweiten Energiebedarfs durch Kernkraftwerke gedeckt.  
Bis zum Jahr 2050 rechnet die Behörde mit Sitz in Wien gar mit einer Vervierfachung, heißt es in einem Bericht, der am Wochenende auf einer Tagung von 500 Kernkraftexperten in Moskau vorgestellt wurde.

Das soll durchaus sein Gutes haben: Verwiesen wird darauf, dass Atomenergie so gut wie keine klimaschädigenden Gase produziert - und somit, denkt man an den steigenden Energiebedarf der Weltbevölkerung, letztlich der Umwelt dienen könnte.
...
Die Tagung in Moskau (27. Jun ibis 2. Juli 2004) trägt den Titel "International Conference on Fifty Years of Nuclear Power - the Next Fifty Years". Thema sind der gegenwärtige Status sowie die Zukunft der zivilen Kernkraft-Nutzung, die vor fast genau 50 Jahren begonnen hat.
...
50 Jahre kommerzielle Kernkraft
Entdeckt wurde die so genannte Kernspaltung bereits 1939, die erste nukleare Kettenreaktion fand 1942 statt - als Teil des so genannten Manhattan-Projekts. Ziel war die Entwicklung der Atombombe, um damit den Nationalsozialisten in Deutschland zuvor zu kommen.

Im Dezember 1951 wurde in den USA erstmals mithilfe eines Kernreaktors Strom erzeugt. Drei Jahre später schließlich, am 26. Juni 1954 um 17.30 Uhr, wurde in Obninsk nahe Moskau zum ersten Mal ein Kernkraftwerk ans Netz angeschlossen, um Strom für Haushalte und Firmen zu liefern.

Damit hatte die Kernkraft endgültig den Schritt von der militärischen zur zivilen Nutzung vollzogen.
->   Die Geschichte der Atombombe (www.safog.com)
Status Quo und Zukunftsaussichten
Die Internationale Atomenergie-Organisation hat nun - pünktlich zum Jahrestag - einen Bericht verfasst, der den Status Quo sowie die Zukunftsaussichten der zivilen Kernkraftnutzung beleuchtet.

Demnach lieferten Ende 2003 weltweit 442 Atomkraftwerke Strom, 27 weitere Reaktoren befanden sich in Bau. Insgesamt kommt derzeit rund ein Sechstel der globalen Stromerzeugung aus der Kernkraft.
...
Zahlen zur weltweiten Nutzung: Ein Sechstel des Bedarfs
Was die Anzahl der Anlagen angeht, sind die USA mit 104 Reaktoren führend, gefolgt von Frankreich (59) und Japan (54). Spitzenreiter beim Atomstromanteil wiederum ist dem Bericht zufolge Litauen mit 80 Prozent, gefolgt von Frankreich mit 78 Prozent, Slowakei (57), Belgien (55), Schweden (50) und der Ukraine (46). Rund ein Sechstel (16 Prozent) des weltweiten Energiebedarfs kommt derzeit aus der Kernkraft.
...
Verlagerung Richtung Asien und Osteuropa erwartet
Der Neubau von Kernkraftwerken verlagert sich immer stärker in Richtung Osten, wie dem Bericht der IAEO weiter zu entnehmen ist. 21 der in jüngster Zeit angeschlossenen 31 Atommeiler sind demnach in Asien ans Netz gegangen.

Und von den gegenwärtig im Bau befindlichen 27 Anlagen stehen 18 in Asien. Acht von ihnen werden in Indien gebaut, weitere acht in Osteuropa.

In erster Line sei dafür der wirtschaftliche Druck durch rapide wachsende Bevölkerungen und den damit schnell steigenden Energiebedarf verantwortlich, schließt die Atombehörde. Nur 39 Kernkraftwerke stehen zur Zeit in Entwicklungsländern.
Unterschiedliche Prognosen für die Zukunft
Die Zukunft der Kernenergie ist laut Analyse nicht präzise zu prognostizieren - als Grund wird die Abhängigkeit von politischen Entscheidungen angegeben, die in Dutzenden von Ländern noch nicht getroffen worden seien.

Im minimalen Fall, so berechneten IAEO-Experten, könnte der Anteil von Atomstrom an der gesamten Energieversorgung bis zum Jahr 2030 von weltweit bisher 16 Prozent auf 12 Prozent sinken. Im maximalen Fall würden Kernkraftwerke 70 Prozent mehr Strom erzeugen als heute.
Das wahrscheinlichste Szenario laut IAEO
Die IAEO erwarte jedoch unter realistischer Berücksichtigung aller Faktoren einen Anstieg um das 2,5-fache bis 2030. Damit würden rund 27 Prozent bzw. ein Viertel des gesamten Energiebedarfs durch Kernkraftwerke gedeckt. Bis zum Jahr 2050 rechnet die Behörde sogar mit einer Vervierfachung, heißt es in dem Bericht.
Energie ohne klimaschädigende Treibhausgase
In einer Aussendung der UN-Behörde wird die Kernkraft auch als probates Mittel der Stromerzeugung ohne klimaschädigende Treibhausgase präsentiert. Demnach entspricht deren Produktion in etwa den anfallenden Mengen bei alternativen Energiequellen wie Wind- oder Solarkraft.

Man diskutiert allerdings auch die heiklen Stichworte "Sicherheit" und "Atommüll". Der Umgang mit diesen Themen werde starken Einfluss auf die Zukunft der Kernkraft haben, heißt es dazu.
Die Visionen der Kernfusion
Und die Wissenschaft träumt seit langem von einer neuen, unerschöpflichen Energiequelle, die jegliche irdischen Energieversorgungsprobleme ein für alle Mal lösen soll - und darüber hinaus als sichere und saubere Technik gilt:

Die Rede ist von der Kernfusion, deren Potenzial mithilfe des Internationalen Thermonuklearen Experimentalreaktors ITER untersucht werden soll. Der muss allerdings erst noch gebaut werden - und machte zuletzt vor allem Schlagzeilen, weil sich die beteiligten Nationen nicht auf einen Standort einigen konnten.
->   International Atomic Energy Agency
->   Internationaler Thermonukleare Experimentalreaktor (ITER)
Mehr zu diesen Themen in science.ORF.at:
->   ITER: Der Traum von der unerschöpflichen Energiequelle (27.11.03)
->   Bäume um Tschernobyl verändern ihre Erbsubstanz (3.9.03)
->   16 Jahre Tschernobyl: Streit um die Opferzahlen (25.4.02)
->   Fusionskraftwerke als Energiequelle der Zukunft? (27.2.02)
->   Das ungelöste Problem Atomendlager (7.1.02)
->   Werner Heisenberg zum hundertsten Geburtstag (4.12.01)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010