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Studie: Auch Lottospielen kann süchtig machen  
  Lottospielen kann laut einer Studie süchtig machen. Bei einer Untersuchung der Charite-Universitätsmedizin Berlin wiesen 15,2 Prozent von 171 befragten Lottospielern die diagnostischen Kriterien einer Verhaltenssucht auf.  
Dies teilte die Pressestelle des Klinikums am Donnerstag mit. "Die pathologischen Lottospieler erfüllen alle international gültigen Kriterien für Abhängigkeit", erklärte Studienleiterin Sabine Grüsser-Sinopoli von der Interdisziplinären Suchtforschungsgruppe am Institut für Medizinische Psychologie.
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"Süchtige" spielen häufiger und mehr
Mit der Studie wurde zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum das Suchtpotenzial des Lottospiels untersucht. Die "Süchtigen" spielen sehr viel häufiger und geben mehr Tipps ab, als sie sich eigentlich vorgenommen haben. Im Durchschnitt füllen die pathologischen Spieler pro Ziehung fünf Scheine aus, der Spitzenreiter lag bei 32 Scheinen. Abhängige Tipper spielen an bis zu sieben Tagen, obwohl es nur zwei Ziehungen pro Woche gibt. Der Einsatz pro Spiel beläuft sich nach eigenen Angaben der Befragten auf durchschnittlich 24 Euro, maximal 100 Euro.
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Ein Großteil verschuldet sich
Über 85 Prozent der pathologischen Lottospieler verschulden sich auf Grund ihrer Tippleidenschaft - durchschnittlich mit 430 Euro, maximal mit 4.000 Euro.

Als weitere Merkmale einer Verhaltenssucht bezeichnete die Studie "unwiderstehliches Verlangen und Kontrollverlust".

So versuchten Abhängige, ihre Verluste durch einen erhöhten Einsatz beim nächsten Tipp wieder auszugleichen. Sie vernachlässigen berufliche und soziale Aktivitäten, um tippen gehen zu können. Gelingt es ihnen nicht, verspüren sie ein Unwohlsein bis hin zu Panikgefühlen und Halluzinationen.
"Suchtpotenzial wird unterschätzt"
"Das Suchtpotenzial von Lotto wird unterschätzt, auch weil die Geldeinsätze vergleichsweise gering sind", erklärte die Medizinerin. "Hier tut Aufklärung Not."
->   Institut für Medizinische Psychologie der Charite
Experte der österreichische Lotterien widerspricht Studie
Die Ergebnisse der Studie lösten bei einem Experten der Österreichischen Lotterien Unverständnis aus. Bisher habe es bei allen Untersuchungen, die bis in die Hirnforschung reichen, keinen Hinweis auf die Gefahr einer Abhängigkeit gegeben. "Es ist mir auch kein einziger Fall bekannt", sagte Herbert Beck.

Der Grund dafür, dass Lottotippen nicht abhängig macht, ist laut Beck, dass es ein "langsam drehendes Spiel" ist. Im Gegensatz etwa zu Roulette würde zwischen Zeitpunkt des Einsatzes und Gewinnmöglichkeit eine größere Zeitspanne liegen und dadurch kein Suchtmechanismus in Gang gesetzt werden.

"Prinzipiell kann jedes Verhalten süchtig machen", meinte Beck. Die Beobachtung, dass Teilnehmer bei der deutschen Studie jeden einzelnen Tag Lottoscheine aufgaben, könnte auch darauf hindeuten, dass die Betroffenen kaufsüchtig sein könnten.

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->   Immer mehr Internet- und Spielsüchtige (5.11.03)
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01.01.2010