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Für ideales Schwammerlwetter fehlt noch Hitze  
  Schwammerl brauchen es feucht und warm. Die Feuchte wäre mittlerweile vorhanden, fehlt nur noch eine längere Periode mit wirklich warmem Wetter - dann könnte 2004 ein interessantes Jahr für Pilz-Sammler werden.  
Das erklärte die Mykologin Irmgard Greilhuber-Krisai vom Institut für Botanik der Universität Wien gegenüber der APA. Dabei ist das, was Spaziergänger im Wald so gerne pflücken und Gourmets im Kochtopf schätzen nur ein kleiner Teil des Pilzes, nämlich dessen Fruchtkörper.

Das eigentliche Lebewesen ist das Mycel, ein Geflecht aus feinen Pilzfäden - so genannten Hyphen - im Boden. Diese Mycelien können sich dabei über große Flächen erstrecken.
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Dunkler Hallimasch: Größtes Lebewesen der Welt
Der so genannte Dunkle Hallimasch, gilt sogar als größtes Lebewesen der Welt. Sein Mycel kann sich über ganze Wälder erstrecken, den Rekord hält ein Exemplar in Oregon (USA) mit einer nachgewiesenen Ausdehnung von 890 Hektar.
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Komplizierte Einteilung der Pilze
Die Einteilung der Pilze ist kompliziert und auch unter Wissenschaftern nicht unumstritten.

Einig sind sich die meisten Forscher bezüglich der Unterscheidung von Niederen Pilzen - etwa Schimmelpilze - und Höheren Pilzen - darunter unsere Schwammerl. Weit verbreitet ist die so genannte saprophytische Lebensweise. Frei übersetzt bedeutet dies, dass sie von vermoderndem Material leben - sei es tierisch oder pflanzlich.
Holz als beliebte Lebensgrundlage
Holz ist eine beliebte Lebensgrundlage von Pilzen, nicht zuletzt deshalb, weil sie als einzige Lebewesen in der Lage sind, dieses zu verdauen. Verrottendes Material - etwa Altholz - wird verdaut, indem der Pilz Enzyme ausschüttet und anschließend die zerlegten, verwertbaren Moleküle aufnimmt.

Da die eigentliche Verdauung außerhalb des Pilzkörpers stattfindet, sind die meisten Pilze auch auf feuchte Umgebung angewiesen.
Lebensgemeinschaften mit Bäumen
Einige Spezialisten unter den Schwammerln haben die einsame Lebensweise aufgegeben und gehen Lebensgemeinschaften mit Bäumen ein. Das Pilzgeflecht umhüllt dabei die Wurzeln der Pflanzen, Wissenschafter sprechen von einer Mykorrhiza.

Als echte Symbiose profitieren beide Partner, der Baum kommt leichter an Nährstoffe und Wasser, der Pilz wird dafür mit Kohlenhydraten belohnt.
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Variantenreiche Symbiose
Dabei gibt es von Seiten der Pilze alle Varianten: Manche - darunter mit dem Fichtensteinpilz einer der begehrtesten
- können ohne ihren Baum nicht existieren, andere - so etwa Rötlinge - können Symbiosen eingehen wenn es gerade günstig ist. Die Bäume sind auf die Existenz eines Pilzes zwar nicht angewiesen, wachsen mit Mykorrhiza aber nachweislich besser.

Mykorrhiza-Pilze gelten als schwer kultivierbar, einfacher geht es da schon mit den einsamen Vertretern der Gruppe. Neben Kulturchampignons, die sich auf Pferdedung am wohlsten fühlen, werden in jüngster Zeit auch Holzverwerter verstärkt gezüchtet, darunter Shiitake- oder auch Austern-Pilze.
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Wichtigste Unterscheidung: Giftig oder essbar
Rund 5.000 Höhere Pilze gibt es in Österreich, 200 bis 300 gelten als essbar. Dem gegenüber stehen rund 20 Arten, die wirklich giftig sind und davon ein Teil tödlich giftig. Zu den echten Killern zählen etwa die Knollenblätterpilze, der Ziegelrote Risspilz, der Orangefuchsige Schleierling oder der Gifthäubling.

Für die Kenntnis der Pilze bedarf es Fachkenntnis und Erfahrung. Keinesfalls sollte man sich auf diverse Tricks mit Silberlöffel oder andere Hausmittel zur Unterscheidung giftig/essbar verlassen.
Fruchtkörper landet im Kochtopf
Was dann als - hoffentlich korrekt bestimmt - im Kochtopf landet ist nichts anderes als der so genannte Fruchtkörper des Pilzes. In ihm reifen die winzigen Sporen der Pilze heran. Sind sie reif, fallen sie aus den Lamellen oder Poren - je nachdem um welche Pilzart es sich handelt und werden etwa vom Wind verweht.

Eine besondere Verbreitungstaktik besitzen etwa Staubboviste. Die Reifung erfolgt im Inneren des rundlichen Fruchtkörpers, der irgendwann aufplatzt und die Sporen in deutlich sichtbaren Staubwolken entlässt. Fallen die Sporen auf geeignetes Substrat wachsen daraus wieder Hyphen und letztendlich Mycelien aus.
Der Einfluss des Menschen
So wie Tiere und Pflanzen bleiben auch Pilze von den Machenschaften des Menschen und seinen Veränderungen der Umwelt nicht verschont. "Es fällt beispielsweise auf, dass in Großstadtnähe kaum mehr Eierschwammerl zu finden sind", so Greilhuber-Krisai.

Generell sind die Wissenschaftler überzeugt, dass die Artenvielfalt der Pilze etwa seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zurück geht. Allerdings sei die Datenlage mehr als dürftig und kaum zu entscheiden, ob dabei die Umweltverschmutzung eine Rolle spielt, oder ob die Eierschwammerl in der Nähe von Großstädten zu oft und zu gründlich dezimiert werden.

Damit ist die Fortpflanzung der Pilze gestört, es gibt auch Hinweise, dass die nötige genetische Durchmischung behindert wird. Die Schwammerl leiden gleichermaßen an Inzucht.
Anreicherung von Umweltschadstoffen
Als Resteverwerter neigen Pilze dazu, auch verschiedene Umweltschadstoffe in ihren Geweben anzureichern.

Ein besonders drastisches Beispiel ist das radioaktive Cäsiumisotop 137, das bei der Katastrophe von Tschernobyl 1986 freigesetzt wurde. In bestimmten Gegenden melden Experten auch heute noch hohe Werte bei manchen Schwammerlarten.

Besonders betroffen waren bzw. sind etwa Maronenröhrlinge oder Semmelstoppelpilze, die leicht mit Eierschwammerl verwechselt werden. Auch Schwermetalle finden sich immer wieder in Pilzen. Gesundheitsschädlich sind vor allem Quecksilber, Cadmium, Blei und Thallium, die sich besonders in Lamellen oder Röhren einlagern.
Mehr Wärme für das "ideale Schwammerljahr"
So unbefriedigend das Wetter der vergangenen Monate für Sonnenanbeter und Freizeitsportler auch sein mag, für Schwammerl ist abwechselnd Regen und dann wieder Wärme ideal. Für ein ideales Schwammerljahr wäre aber noch ein wenig mehr Wärme vonnöten.
->   Institut für Botanik der Universität Wien
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01.01.2010