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Wissenschafts-Sponsoring und Geschlechterhierarchien  
  Sponsoring von Wissenschaft und Forschung ist ein Mittel für große Unternehmen, um ihre soziale Verantwortung zum Ausdruck zu bringen. Die Politikwissenschaftlerin Doris Allhutter zeichnet in einem Gastbeitrag die Schwierigkeiten nach, die bei diesen Sponsoringstrategien auftreten können - speziell wenn dabei Ansätze verfolgt werden, die den Abbau von Geschlechterhierarchien bezwecken.  
Zur sozialen Nachhaltigkeit von Unternehmen
Von Doris Allhutter

Im Zuge der Kürzung öffentlicher Gelder im Hochschulbereich sollen leistungsbezogene Verteilungsschlüssel des Universitätsbudgets die Akquisition von Drittmitteln durch Universitätsinstitute anregen.

Zunehmend wird dabei auf mögliche Kooperationen mit privatwirtschaftlichen Unternehmen auf Basis des Wissenschafts-Sponsoring verwiesen. Investitionen in Wissenschaft und Forschung können im Gegenzug von Unternehmen als Ausdruck ihrer "Corporate Social Responsibility" genutzt werden.
Wissenschafts-Sponsoring ...
Von Unternehmensseite gilt Wissenschafts-Sponsoring als mögliches Mittel der Unternehmenskommunikation. Es stellt ein öffentlichkeitswirksames Geschäft auf Gegenseitigkeit dar - eine Leistung, welche eine Gegenleistung erfordert.

Im Rahmen von Konzepten sozial verantwortlichen Handelns von Organisationen sind insbesondere Kooperationen mit gesellschaftspolitisch relevanten Forschungsbereichen interessant.
... in der Gender-Forschung
Die wachsende Bedeutung von Gender- und Diversitätsfragen in organisatorischen Zusammenhängen deutet darauf hin, dass Sponsoringkooperationen potenziell auch in der Gender-Forschung für Unternehmen sehr fruchtbringend sein können.

Auf Basis einer solchen Kooperation kann die Integration von Gender- und Diversitätsaspekten in betriebliche Personal- und Organisationsentwicklungsprozesse unterstützt werden.
Spannungsverhältnisse
Generell ist es jedoch für grundlagennahe Forschungsbereiche äußerst schwer, in der inhaltlichen Ausgestaltung eines Sponsoringkonzepts eine aus (betriebs-)wirtschaftlicher Sicht adäquate Gegenleistung zu definieren.

Zusätzlich drängen gesellschafts- und systemkritische Ansätze der Gender-Forschung in emanzipatorischer Absicht auf die Veränderung der politischen, sozialen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Herrschafts- und Machtstrukturen. Damit stoßen sie häufig auf starke Widerstände bei (potenziellen) wirtschaftlichen GeldgeberInnen.
Geschlechterhierarchien und Veränderungspotenzial
Im Rahmen einer Untersuchung der Abteilung 'Gender and Diversity in Organisations' erwiesen sich insbesondere die weiterhin bestehenden strukturellen Geschlechterhierarchien in Organisationen als hemmend für die Sponsoringbereitschaft in der Gender-Forschung.

Interessant wird eine Zusammenarbeit für Unternehmen, sobald interne Entwicklungs- und Umstrukturierungsprozesse in Gang kommen.
->   Informationen zum Forschungsprojekt (pdf-Datei)
Sponsoringziele und Gegenleistungen
Die gewünschten Gegenleistungen für ein Wissenschafts-Sponsoring in der betriebswirtschaftlichen Gender-Forschung siedeln Unternehmen hauptsächlich in der Unternehmensanalyse und -beratung an.

Eine Herausforderung wird es für wirtschaftliche AkteurInnen in jedem Fall bedeuten, den systemkritischen Zugang der Gender-Forschung in unternehmensinterne Gestaltungsprozesse umzusetzen, um langfristig gesellschaftliche Veränderungen traditioneller Strukturen und Geschlechterverhältnisse positiv umzusetzen und innovative Chancengleichheits- und Anti-Diskriminierungskonzepte zu entwickeln.

Der erhoffte Gewinn einer solchen Sponsoringkooperation erfordert damit eine hohe Lern- und Reflexionsfähigkeit sowie die kritische Auseinandersetzung mit grundlegenden Unternehmensparadigmen von Seiten wirtschaftlicher AkteurInnen.
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Corporate Social Responsibilty
Im Zentrum von Konzepten der Corporate Social Responsibilty (CRS) steht ein nachhaltiger Unternehmenserfolg durch ethisches und sozial verantwortliches Verhalten. Sponsoringkooperationen zwischen Unternehmen und betriebswirtschaftlicher Gender-Forschung verbinden zwei Kernbereiche der CRS: Ein Wissenstransfer aus diesem Wissenschaftsbereich kann von Unternehmen zum Abbau von Sozialrisiken, die beispielsweise aus Chancenungleichheit oder Diskriminierung am Arbeitsplatz resultieren, genutzt werden. Gleichzeitig beinhaltet das Konzept der CSR auch ethische Investitionen wie ein finanzielles Engagement in Wissenschaft und Forschung.
->   Corporate Social Responsibility
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Gender-Forschung für Soziale Nachhaltigkeit
Sozio-ökonomische Probleme wie Verteilungs- und Versorgungsungerechtigkeit oder mangelnder Ressourcenzugang von Frauen und gesellschaftlichen Minderheiten wirken sich unter anderem auf die wirtschaftliche Entwicklung von Arbeits- und Absatzmärkten aus.

Diese wiederum beeinflussen betriebswirtschaftliche Handlungsbereiche, die beispielsweise durch die gestaltende Wirkung von Geschlechterstereotypien und den Verzicht von Unternehmen auf Produktivitätspotenziale eingeschränkt sind.

Sozial nachhaltiges Agieren auf organisationaler Ebene bedeuten in diesem Zusammenhang, politische Strategien wie Frauenförderung und Gender Mainstreaming in Wirtschaftsunternehmen zu integrieren und zu nutzen. Als Grundlage und Multiplikatorinnen dieser politischen und organisationalen Strategien sind ausreichende Investitionen in Gender-Forschung und die Ausbildung von Studierenden in diesem Bereich besonders wichtig.
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Informationen zur Autorin und zum Projektbericht
Doris Allhutter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Abteilung "Gender and Diversity in Organizations" der WU Wien und Lektorin an der Universität Wien.

Der Bericht zum Forschungsprojekt "Sponsoringstrategien von Wiener Unternehmen unter besonderer Berücksichtigung von Gender-Aspekten" von Doris Allhutter und Edeltraud Hanappi-Egger ist als Working Paper No. 1 der Abteilung "Gender and Diversity in Organizations" erschienen.
->   Projektbericht (pdf-Datei)
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->   Abteilung Gender and Diversity in Organizations (WU Wien)
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Gender- und Diversitätsmanagement in der Praxis (10.5.04)
->   Gender- und Diversitätsmanagement an der WU Wien (20.10.03)
 
 
 
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01.01.2010