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20. Juli: 60. Jahrestag des Stauffenberg-Attentats  
  Am 20. Juli jährt sich das missglückte Stauffenberg-Attentat an Adolf Hitler zum 60. Mal. Die politische Bewertung des Anschlags ist nach wie vor umstritten.  
Attentäter noch am selben Tag erschossen
Bild: dpa
Claus Schenk Graf von Stauffenberg
Am 20. Juli 1944 deponierte der Oberst im deutschen Generalstab, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, eine Bombe während der Lagebesprechung des Generalstabs in der Nähe Adolf Hitlers. Durch einen Zufall wurde Hitler von der in einer Aktentasche versteckten Bombe nur leicht verletzt.

Stauffenberg, der im Glauben, Hitler getötet zu haben, nach der Bombenexplosion die Wolfsschanze verließ, und nach Berlin flog um den Aufstand auszulösen, wurde dort noch am selben Tag verhaftet und gegen Mitternacht mit drei weiteren Verschwörern erschossen.
Groß angelegte "Säuberungswelle"
Danach setzte eine groß angelegte Säuberungswelle in der militärischen Elite Deutschlands ein, die letzte vor dem Zusammenbruch des Dritten Reichs. Die Nazis beseitigten im Zuge dessen auch Widersacher, die einmal zu ihnen gehört hatten, wie zum Beispiel Rommel.
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Widerstand innerhalb Deutschlands
Politisch war der 20. Juli auf jeden Fall deshalb bedeutsam, weil von innerhalb Deutschlands versucht worden war, Hitler zu töten, den Nationalsozialismus zu beseitigen und den Krieg zu beenden.
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Bedeutende Rolle von Robert Bernardis
Zu den engsten Mitarbeitern Stauffenbergs in Berlin zählte der Österreicher Robert Bernardis, damals Oberstleutnant des Generalstabs. Er, so sind die meisten Geschichtswissenschaftler einig, hat im Rahmen der Ereignisse des 20. Juli in einer Schlüsselstellung eine bedeutsame Rolle gespielt.

Auch in Wien hielten Offiziere der Wehrmacht engen Kontakt zur Gruppe um Stauffenberg in Berlin.
Carl Szokoll: Der "Stauffenberg von Wien"
Dabei war Bernardis Stauffenbergs Verbindungsmann zu Major Carl Szokoll, der seinerseits von manchen als Stauffenberg von Wien bezeichnet wird. Als am 20. Juli 1944 in Wien das Telegramm "Hitler ist tot" eintraf, wurde die Besetzung taktisch wichtiger Punkte und Gebäude laut dem Verschwörungsplan "Walküre" vorgenommen und rund 30 führende Vertreter des NS-Regimes festgenommen.
Mehr als 6.000 Verhaftungen
Als aus dem Führerhauptquartier die Nachricht kam, Hitler habe den Anschlag überlebt, nahm Szokoll sofort mit Berlin Kontakt auf, doch die Wiener NS-Spitze kam wieder frei. Szokoll hatte das Glück unerkannt in Deckung bleiben zu können und überlebte.

Hingerichtet wurde dagegen der aus Bayern stammende Rudolf Graf von Marogna-Redwitz, der mit Szokoll befreundete Mittelsmann der deutschen Offiziersopposition in Wien. Nach dem Scheitern des Attentats gab es insgesamt mehr als 6.000 Verhaftungen.
110 Todesurteile, Kritik noch nach dem Krieg
Bis zum 19. April 1945 wurden 110 Todesurteile verhängt, bereits zwei Tage nach dem Attentat wurde Robert Bernardis verhaftet und am 8. August 1944 gehängt. Manche Deutsche und Österreicher vor allem aus Kreisen des Militärs standen auch nach dem Krieg den Männern des 20. Juli skeptisch bis ablehnend gegenüber: Sie hätten ihren Eid Hitler gegenüber gebrochen.

Auch wenn sich diese Ansicht zeitbedingt immer mehr verflüchtigt hat, gibt es nach wie vor kontroversielle Betrachtungsweisen. Wogegen die Verschwörer um Stauffenberg kämpften, ist bekannt. Aber wofür waren sie?
Was wollten die Attentäter?
Von manchen Historikern werden Zweifel daran geäußert, ob sie wirklich ein parlamentarisch demokratisches Deutschland wollten. Und waren die Österreicher unter ihnen wirklich für ein von Deutschland getrenntes Österreich?

Ein Teil der Widerstandskämpfer sei pro Österreichisch, der andere primär antinazistisch eingestellt gewesen, meint etwa Manfried Rauchensteiner, der Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums.

Beide Linien hätten sich nicht immer gekreuzt, sondern wären teilweise parallel gelaufen. Letztlich macht das Gesamtbild der Helden des 20. Juli das aus, was sie todesmutig wagten und nicht schafften: den Tyrannen zu beseitigen und den Krieg zu beenden.

Martin Haidinger, Ö1-Wissenschaft
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Gedenktag 5. Mai: Bisher eine vergebene Chance (5.5.04)
->   TV-Porträt des Widerstandskämpfers Szokoll (28.4.04)
->   Jubiläum: 40 Jahre Dokumentationsarchiv (6.5.03)
->   Archiv zum Thema Nationalsozialismus
 
 
 
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01.01.2010