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Gen-Analysen klären Herkunft der Dingos  
  Die Europäer begannen im 18. Jahrhundert mit der Besiedlung Australiens. Der Dingo - ein wild lebendes hundeähnliches Tier - hatte allerdings bereits vor ihnen den Kontinent erreicht. Abgesehen von den dort lebenden Menschen handelte es sich um das einzige Säugetier Australiens, das mit einer Plazenta ausgestattet war. Woher also kamen die Wildhunde? Diese Frage hat nun eine Forschergruppe mittels genetischer Analysen geklärt.  
Die Wissenschaftler um Peter Savolainen vom Swedish Royal Institute of Technology und Alan Wilton von der University of New South Wales hatten dabei vor allem die mitochondriale DNA der Tiere im Blick.

Die offenen Fragen: Woher und wann kamen die Dingos nach Australien und handelt es sich um "echte" Wildhunde oder Abkömmlinge von bereits domestizierten Haushunden?
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Der Artikel "A detailed picture of the origin of the Australian dingo, obtained from the study of mitochondrial DNA" von Peter Savolainen, Thomas Leitner, Alan N. Wilton, Elizabeth Matisoo-Smith und Joakim Lundeberg erscheint zwischen 2. und 6. August 2004 online in der "PNAS Early Edition" (doi:10.1073/pnas.0401814101).
->   PNAS Early Edition
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Dingos: Ähnlichkeit zu asiatischen Haushunden
Bild: Corbis
Der Dingo, lateinisch Canis lupus familiaris dingo, hat auf den ersten Blick wenig mit den uns bekannten domestizierten Hunderassen gemeinsam. Die Tiere haben annähernd die Größe von Schäferhunden und ein kurzes Fell mit meist gelbrötlicher Färbung.

Zudem lebten die Dingos zu Beginn der europäischen Besiedlung Australiens in der Regel als Wildtiere, lediglich einige Aboriginal-Gruppen verwendeten sie als halb gezähmte "Haustiere" bzw. für die Jagd. Die vollständige Domestikation der Wildhunde habe sich bislang als schwierig erwiesen, schreiben die Forscher.

Was die Morphologie angeht, ähneln die Tiere allerdings recht stark in Südasien verbreiteten Haushunden. Ein Hinweis darauf, dass der Dingo von diesen abstammen könnte - und nicht etwa ein "echter" Wildhund ist.
->   Informationen zum Dingo in wikipedia.org
Umfangreiche DNA-Analysen
Die Forscher analysierten nun äußerst umfangreiches genetisches Material, um zu klären, wann und woher die australischen Dingos einst kamen:

Untersucht und verglichen wurde mitochondriale DNA (kurz mtDNA) von 211 australischen Dingos, 676 Hunden von allen Kontinenten, 38 eurasischen Wölfen sowie 19 "vor-europäischen" Hundefossilen aus Polynesien.
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Stammbäume via mtDNA-Untersuchung
Die DNA in den "Kraftwerken" der Zelle, den so genannten Mitochondrien, wird gerne zur Untersuchung von Verwandtschaftsverhältnissen herangezogen: Denn nach gängiger Theorie wird mtDNA nur über die Mütter vererbt. Daher lassen sich aus den Unterschieden vergleichsweise unkompliziert umfangreiche Stammbäume rekonstruieren - bis zurück zur "Ur-Eva" der Menschheit. Doch ein internationales Forscherteam hat das Dogma der rein mütterlichen Vererbung erschüttert: Aus den Muskelzellen eines Mannes konnten sie mitochondriales Erbgut isolieren, das auch Sequenzen des Vaters enthielt.
->   Dogma wackelt: mtDNA doch nicht "nur Frauensache"? (17.5.04)
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Kaum Variation in der mtDNA
Die Ergebnisse der Wissenschaftler: Die untersuchten mtDNA-Sequenzen der Dingos waren zum Großteil völlig ident bzw. unterschieden sich lediglich minimal vom vorherrschenden Typ.

Daraus schließen die Forscher, dass sämtliche australischen Dingos entweder von sehr wenigen Hunden abstammen (sogar eine einzige trächtige Hündin wäre demnach denkbar), oder aber auf eine Gruppe von Hunden zurückgehen, die bereits zuvor jegliche mtDNA-Variation verloren hatte.
Abkömmlinge asiatischer Haushunde
Die Tiere gelangten laut Studie vor rund 5.000 Jahren auf den Kontinent und sind tatsächlich Abkömmlinge von ostasiatischen domestizierten Hunden. Denn die vorherrschende mtDNA-Sequenz fand sich lediglich bei den Haushunden Ostasiens sowie aus dem arktischen Amerika.

"Die Dingos könnten in Verbindung mit der Expansion der austronesischen Kultur von Südchina in Richtung Inselwelt Südostasiens, die vor rund 6.000 Jahren begann, eingetroffen sein", heißt es in der Studie.
"Einzigartige Gruppe früher, undifferenzierter Hunde"
Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits seit mehreren tausend Jahren domestizierte Hunde, wie die Autoren betonen. Der gegenwärtige "halb gezähmte" Status des Dingo könnte demnach auf die lange Existenz als Wildtier zurück zu führen sein.

Nach einer langen Zeit der Isolation von anderen Hundepopulationen handle es sich bei den australischen Dingos um eine einzigartige Gruppe von frühen und undifferenzierten Hunden, schließt die Studie in den PNAS.
->   Swedish Royal Institute of Technology
->   University of New South Wales
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01.01.2010