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Ein Salamander aus Mexiko als "Wunderheiler"  
  Ein abgerissenes Bein ist für den Axolotl kein Problem, dem mexikanischen Salamander wachsen verlorene Gliedmaßen wieder vollständig nach. Das Phänomen ist auch für die medizinische Forschung interessant.  
Forscher um Elly Tanaka am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden ergründen dieses erstaunliche Phänomen - um daraus vielleicht Nutzen für den Menschen zu ziehen.

Bei letzterem ist diese Fähigkeit zur Regeneration bekanntlich vergleichsweise eng begrenzt, aber womöglich nur unterdrückt und könnte sich deshalb vielleicht fallweise gezielt "enthemmen" lassen.
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Der mexikanische "Wunderheiler" wird in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins MaxPlanckForschung (2/2004) vorgestellt. Eine Publikation zum Thema: Unter dem Titel "Regeneration, If They Can Do It, Why Can't We?" ist ein Artikel von E. Tanaka im Fachmagazin "Cell" erschienen (Bd. 113, Seiten 559-62, Ausgabe von 2003).
->   MaxPlanckForschung
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Attraktives Objekt der biologischen Forschung
 
Bild: MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik

Der Axolotl (siehe Bild) wird von Forschern sehr geschätzt.

Die Tiere gleichen ihrem eigenen Wachsabguss. Gelblich, mit rosa gefärbten Kiemen-Büscheln am Kopf, wirkt der Axolotl eigenartig unfertig - so, als hätte eine riesige Kaulquappe vergessen, sich zum Frosch zu entwickeln.

Diese in Mexiko beheimatete Salamanderart stellt bereits seit fast 200 Jahren - seit Alexander von Humboldt erste Exemplare nach Europa mitbrachte - ein attraktives Objekt biologischer Forschung dar.
Champions in Sachen Regeneration
"Denn diese Salamander", so Elly Tanaka, "sind in Sachen Regeneration die Champions unter den Wirbeltieren":

Selbst ein ausgewachsener Axolotl ist noch in der Lage, ein abgeschnittenes Bein, den kompletten Schwanz, ein Stück Kiefer, ein verlorenes Auge oder sogar Teile des Herzens innerhalb weniger Wochen nachwachsen zu lassen.
Warum funktioniert es beim Menschen nicht?
Doch auch Menschen besitzen in vielen Organen, von der Leber bis zum Gehirn, so genannte Stammzellen, die möglicherweise zur Regeneration fähig sind - die aber dieses Potenzial nur sehr begrenzt entfalten.

Daher die Frage: Wenn ein "Neubau" von Gliedmaßen oder Organen bei Tieren wie dem Axolotl funktioniert - warum nicht ebenso beim Menschen?
Potenzial bei Säugern endgültig verloren?
Auch wenn sich der Axolotl offenbar seit 350 Millionen Jahren nicht wesentlich verändert hat, spricht einiges dafür, dass gewisse Grundprinzipien der Gewebe-Reparatur alte "Erfindungen" der Natur darstellen, die auch im Körper eines Menschen nach wie vor ähnlich ablaufen - oder besser: ablaufen könnten, hätten nicht Menschen und andere Säugetiere irgendwann die Fähigkeit zur Regeneration weitgehend aufgegeben.

Es geht also um die Frage, ob dieses Potenzial bei den Säugern endgültig verloren oder lediglich unterdrückt ist und vielleicht wieder geweckt werden könnte.
Salamander-Botenstoffe identifiziert
Inzwischen ist beim Axolotl eine Reihe von Botenstoffen identifiziert, die den Zellen im Umfeld einer Verletzung das Signal zur Regeneration vermitteln.

Dazu gehört ein Hormon, das von Blutgerinnseln ausgeht, Zellen im umgebenden gesunden Gewebe alarmiert und an den Ort der Verletzung lockt - ein Signalstoff, der weitgehend einer Substanz gleicht, die man schon bei Kälbern gefunden hat.

Ob sie auch beim Menschen vorliegt und welche Funktion sie hier erfüllt, ist noch zu klären.
Einblick in die zeitliche "Choreographie"
Außerdem haben die Wissenschaftler um Tanaka inzwischen Einblick in die zeitliche "Choreographie" der zellulären Prozesse im Nahbereich einer Verletzung gewonnen und herausgefunden, dass zwar die meisten Zellen eine Erinnerung an ihre Abstammung bewahren, manche aber auch zu einem "Rollenwechsel" fähig sind:

So können sich etwa Zellen aus dem Nervensystem in Muskel- oder Knorpelzellen umwandeln.
Säuger: Signalstoff hemmt Regeneration
Die Einsicht in diese Mechanismen soll letztlich verstehen helfen, warum die Fähigkeit zur Regeneration bestimmter Gewebe oder Organe bei Säugern ungleich schwächer als bei Salamandern ist.

Bei Säugern, das ist schon länger bekannt, hemmt ein bestimmter Signalstoff nach Verletzungen des Rückenmarks dessen Regeneration; wird dieser Stoff durch Antikörper blockiert, heilen die Verletzungen wesentlich besser aus.

Beim Axolotl, so zeigen erste Versuche, spielt ein molekular sehr ähnlicher Signalstoff bei der Regeneration mit - hier aber offenbar mit einer anderen Funktion. Die Zukunft wird zeigen, wie viel von den regenerativen Kräften des Axolotls auch in Säugern und somit im Organismus des Menschen steckt.
->   MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik
->   Mehr zum Stichwort Regeneration im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010