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Die "sportliche Sprache" der Leistungsgesellschaft  
  Die umfangreichste Sammlung an sportiven Ausdrücken in der deutschen Alltagssprache ist an der Universität Graz erstellt worden. Rund 250 Belege hat eine Germanistin im Rahmen ihrer Untersuchung gefunden.  
Wetteifer, Konkurrenz, Über- und Unterlegenheit sowie Konsequenzen bei Fehlverhalten stehen im Zentrum dieses Sprachzusammenhanges, so die Grazer Germanistin Julia Windhaber, die die Belege gesammelt hat.

Sie sieht in dem nicht unerheblichen Gebrauch sportiver Ausdrücke die Leistungsgesellschaft deutlich widergespiegelt.
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Beispiele für den "sportiven Charakter der Sprache"
"Wenn Politiker plötzlich schwer 'angeschlagen' sind oder gar mit ihren Vorschlägen im 'Abseits' stehen, dann hat das auch sportiven Charakter: Zahlreiche Begriffe und Redewendungen haben ihren Ursprung in sportlicher Betätigung. Solche Begriffe und Wendungen werden vor allem gebraucht, um kompetitive Vergleiche, erhebliche Anstrengungen und eine Wettkampfhaltung auszudrücken", so Windhaber. Sie können aber auch auf Teamgeist verweisen ("am gleichen Tau ziehen" oder "jemanden frei boxen") oder deutliches Fehlverhalten ("Schlag unter die Gürtellinie", "Foulspielen") und entsprechende Konsequenzen ("auf der Strafbank sitzen", "im hohen Bogen hinausfliegen") umschreiben.
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Sammlung noch "keineswegs vollständig"
Über 250 Belege hat Windhaber bisher gesammelt: "Trotzdem ist diese Sammlung keineswegs vollständig", so die Germanistin, die immer wieder auf neue Beispiele stößt. Im Hintergrund ihrer Sammlung steht die Frage, welchen Mehrwert der Einsatz sportbezogener Wortprägungen gegenüber anderen Ausdrucksweisen hat.
Sprachbilder für anschauliche Ausdrucksweise
In der Alltagssprache werden Sprachbilder verwendet, um eine möglichst anschauliche Ausdrucksweise zu erzielen.

Das geschieht vor allem mit Bezug auf populäre Begriffsfelder - wie es der Sport laut Windhabers Analyse eindeutig ist. Überrascht hat die Germanistin allerdings, dass der in Österreich beliebte Wintersport und Tennis kaum Eingang in die Alltagssprache finden.

"Ein Grund dafür ist die erst relativ junge Beliebtheit dieser Betätigung", so Windhaber. Abhängig sei die Häufigkeit sportiver Ausdrücke nämlich nicht nur von der Popularität, sondern auch der Historizität der Sportarten.
Die Top-Ten der sportlichen Bildspendebereiche
Die Liste der im Alltagsgebrauch höchstfrequenten Wort-Bildspendebereiche wird von Begriffen aus dem Boxsport (49 Belege), dem Rennsport (34) und dem Fußball (25) angeführt. Leichtathletik, Pferderennsport und Mannschaftssport, Turnen, Ringkampf, Eiskunstlauf und Ballsport allgemein vervollständigen die Top-Ten.

"Wehrhafte" Wortschätze hatten den Auftakt zu einer Reihe von Wortfelduntersuchungen am Grazer Institut für Germanistik gesetzt. Mittlerweile wurden auch schon sprachliche Darstellungen des Lebensendes untersucht. Weitere Studien zu den Bereichen "Religion" und "Musik" sind in Arbeit.
->   Institut für Germanistik der Universität Graz
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Die kriegerischen Wurzeln der deutschen Sprache (14.7.03)
->   Seriously Deutsch: Die Anglifizierung der Wissenschaft (11.6.02)
 
 
 
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01.01.2010