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ORF ON Science :  News :  Gesellschaft .  Technologie 
 
Initiativen für "mehr Frauen in die Technik"  
  Noch wenige Universitäten setzen ganzheitliche Initiativen zur Steigerung des Anteils von Frauen und Mädchen in der Technik. Als vorbildlich gilt die Universität Hannover in ihrem Engagement, den Anteil von Frauen in den technischen und ingenieurswissenschaftlichen Studien zu fördern, sowie früh den Kontakt zwischen Studentinnen und Wirtschaft herzustellen.  
Barbara Schwarze, die Geschäftsführerin des deutschen Kompetenzzentrums "Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie" erzählte science.ORF.at, welche Initiativen in Deutschland gesetzt werden, um den Anteil von Frauen in IT-Berufen, Ingenieurwissenschaften und Informatik kontinuierlich zu erhöhen.
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Vortrag in Alpbach
Barbara Schwarze hielt im Rahmen der Technologiegespräche des Europäischen Forum Alpbach (26.-28.8.04) einen Vortrag mit dem Titel "Lost in Technology?"
->   Barbara Schwarze: Lost in Technology? (pdf-Datei; Infrastrukturministerium)
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Vorbild Uni Hannover: Ganzheitliches Konzept
Durch die Anwendung eines ganzheitlichen Konzeptes, das von der Schule bis in die Forschung reicht, schaffte es beispielsweise der Studienzweig Informatik der Uni Hannover, den Anteil der Studienanfängerinnen auf 38 Prozent zu erhöhen, erzählt Schwarze.

Studentinnen würden in die Schule gehen, um Schülerinnen die Faszination Informatik zu vermitteln, direkt den Kontakt zur Hochschule herstellen und die Schülerinnen beim Studienbeginn unterstützen. Die Universität veranstalte Sommer- und Winterhochschulen und wäre in der Öffentlichkeit stets präsent. Bereits früh würde die Uni Kontakte in die Wirtschaft fördern.
Kontakte in die Wirtschaft aufbauen
So können bereits Studentinnen durch die Teilnahme am Programm "Join the top" Arbeitsluft in der Industrie schnuppern. In Unternehmen werden ihnen die Möglichkeiten geboten, Erfahrung in Gruppenleitung, Projektbearbeitung und Führung allgemein zu gewinnen.

Es wäre wichtig, betont Schwarze, Studentinnen "im Studium zu halten und sie zu stabilisieren, ihnen das Zutrauen zu geben, auch eine wissenschaftliche Karriere anzupeilen." Jene Mädchen, die in Kontakt mit der Industrie treten, würden so gestärkt werden. Am Ende des Studiums stützt dann ein Mentoring-Programm Absolventinnen und Promovendinnen.
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FEMtech
In Österreich ist es das Programm FEMtech, das Frauen in Forschung und Technologie fördern möchte. Ziel ist es, dem geringen Anteil von Frauen besonders in Führungspositionen im forschungs- und technologieintensiven Bereichen entgegen zu wirken.
->   FEMtech
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Win-Win Situation
Die Vorteile bei der frühen Einbindung vom Frauen in Unternehmen wäre für beide Seiten gewinnbringend, meint Schwarze. Nicht nur bekämen Studentinnen Einblicke in inhaltliche Aspekte, könnten Kontakte zum Unternehmen aufbauen und würden in ihrer Karriereplanung bestärkt werden.

Auch die Wirtschaft bekäme einen sehr frühen Blick auf die Kompetenzen der Mädchen und "lernt diese nicht erst bei den Bewerbungsgesprächen kennen".
Mehr Praxisbezug und kein böser Wille
Um Mädchen an technischen Universitäten zu halten, müssten aber auch die Inhalte des Studiums verändert und "attraktiver" gestaltet werden. Besonders die ersten vier Semester in den Ingenieurswissenschaften seien zu theoretisch und sollten durch mehr Praxisbezug verändert werden.

"Die Unis sagen dann, sie haben weder Zeit noch Personal dafür. Aus didaktischer Sicht stellt die Umstrukturierung aber keine Probleme dar," erklärt Schwarze.

Schwarze zeigt sich allerdings beinahe verständnisvoll angesichts der veralteten Vorgehensweisen an den technischen Hochschulen. "Wenn ich in meiner dreißigjährigen Lehrtätigkeit immer nur zwei bis drei Mädchen in meiner Vorlesung sitzen habe, dann kann ich nicht wissen, was die Interessen von Frauen an meine Wissenschaft sind."
Mangelndes Wissen
Wissen sollten die Universitäten allerdings die aktuellen Zahlen und Daten, die den Frauenanteil an ihrer Institution betreffen. Dort ortet Schwarze Nachholbedarf. "Die Hochschulen kennen die Zahlen nicht und wissen nicht, welche Entwicklungen in welchen Studienrichtungen zu verzeichnen waren."

Die Beratung der Unis, die das Kompetenzzentrum "Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie" anbietet, schließt den Aufruf mit ein, die Zahlen und Daten bezüglich des Mädchenanteils zu recherchieren. Und dann einen Zielekatalog zu formulieren.
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"Gender Booklet": 26 Prozent Frauen in Forschung
Die heimische Studie "Gender Booklet" des Dachverbands der außeruniversitären Forschungseinrichtungen "Forschung Austria" und des Frauenförderprogramms Femtech des Infrastrukturministeriums erhob den Frauenanteil in außeruniversitären, technologieorientierten und wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen. Er liegt bei 26 Prozent nicht gerade hoch.
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Buhlen um die besten Mädchen
Die Universitäten müssten eben erst lernen, dass sie selbst dafür verantwortlich sind, was an ihnen passiert. Sie dürften keine anonyme Frauenförderung betreiben, sondern aktiv um die besten Köpfe werben.

Denn in Zeiten des wachsenden globalen Wettbewerbs dürfe man fünfzig Prozent der Maturanten als mögliche Studierende nicht ausschließen. "Dann kommen vielleicht noch die besten Jungs, aber nicht mehr die besten Mädchen an die Uni," so Schwarze.
Leichter Anstieg von Frauen in der Technik
Die Wirtschaft hätte aber schon verstanden, dass sie den zukünftigen Fachkraftmangel nicht bewältigen kann, ohne Frauen in die technischen Unternehmen zu holen. Nur 16 Prozent aller Ingenieurswissenschaft-Studenten in Deutschland sind zur Zeit Frauen (Maschinenbau acht Prozent, Elektrotechnik fünf Prozent). In Österreich beträgt der Frauenanteil in technischen Universitäten gerade einmal 22 Prozent.

Erika Müller
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Erika Müller ist Chefredakteurin des Wissenschafts-Jugendmagazins "sciQ" und nahm an den Technologiegesprächen des Forum Alpbach als ORF-Stipendiatin teil.
->   sciQ
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01.01.2010