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Schon Kleinkinder können addieren und subtrahieren  
  Diverse Studien sind der Frage nachgegangen, ob bestimmte Zahlenmengen angeboren sein könnten. Dabei zeigte sich etwa, dass bereits wenige Monate alte Kinder ein gewisses Mengenverständnis besitzen. Ob dies jedoch tatsächlich auf numerischen Prinzipien beruht, ist umstritten. Zwei US-Psychologinnen wollen nun nachgewiesen haben, dass schon neun Monate alte Kleinkinder einfache Additionen und Subtraktionen verstehen können.  
Die Wahrnehmungsfähigkeiten von Babys sind äußerst komplex, wie diverse Studien nachgewiesen haben.

Wie weit das Zahlenverständnis von wenige Monate alten Kleinkindern geht, haben Koleen McCrink und Karen Wynn von der Yale University nun mithilfe einfacher Additions- und Subtraktionsdarstellungen untersucht.
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Ihre Studie erscheint unter dem Titel "Large-Number Addition and Substraction by 9-Month-Old Infants" im Fachjournal "Psychological Science", herausgegeben von der American Psychological Society (Bd. 15, Ausgabe vom November 2004).
->   Der Originalartikel in "Psychological Science" (pdf)
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Unterscheidung kleinerer Mengen
Die beiden Wissenschaftlerinnen berichten zunächst von verschiedenen Untersuchungen, die sich mit dem Zahlen- bzw. Mengenverständnis von Kleinkindern befasst haben, noch bevor diese via Spracherwerb mit Mengenangaben vertraut werden.

Schon wenige Monate alte Kinder können demnach kleinere Mengen deutlich unterscheiden.
Problemlos bis zu vier Kekse
So hatte etwa eine Studie ergeben, dass zehn bis 12 Monate alte Babys, vor deren Augen die Forscher Kekse in zwei Dosen gelegt hatten, jeweils den Behälter mit der größeren Anzahl der Knabbereien bevorzugten - zumindest solange sich die Kekszahl in einem Bereich bis zu vier befand.

D.h. die Kinder konnten offenbar zwischen Mengen wie einem und zwei Keksen oder auch zwei kontra drei unterscheiden und krabbelten demnach gezielt zur Dose mit mehr Keksen. Ab vier Stück jedoch wählten sie den Behälter nach dem Zufallsprinzip - selbst Mengen wie eins kontra vier funktionierten nicht mehr.
Kein echtes Verständnis für Zahlen?
Ergebnisse wie diese haben laut Koleen McCrink und Karen Wynn dazu geführt, dass mittlerweile bezweifelt wird, ob die Babys überhaupt ein Verständnis für numerische Systeme besitzen.

Die Alternativinterpretation: Die Kinder arbeiten mit ihrem bildlichen Vorstellungsvermögen. Das aber funktioniert eben nur bis zu einer bestimmten Maximalmenge.
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Die komplexe Wahrnehmung von Säuglingen
Glaubt man den verschiedenen Studien, dann verfügen Babys bereits über recht komplexe Wahrnehmungsfähigkeiten: Wenige Stunden alte Neugeborene erkennen demnach das Gesicht ihrer Mutter und bevorzugen es gegenüber dem Gesicht einer fremden Person. Sie können zudem Farben unterscheiden, differenzieren zwischen verschiedenen Gerüchen und verfügen schon über Gedächtnis - wenn auch dessen Zeitdauer noch sehr begrenzt ist. Selbst die Geschmackswahrnehmung soll bereits bei der Geburt in wesentlichen Zügen vorhanden sein.
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Einfache Zahlen-Experimente
Die beiden Yale-Psychologinnen untersuchten nun an etwa neun Monate alten Kindern, ob diese möglicherweise doch über "mathematisches Talent" verfügten.

In ihrer Studie teilten sie zwanzig Babys in zwei Gruppen ein: Gruppe eins wurde mit einer "Additionsaufgabe" konfrontiert, Gruppe zwei befasste sich mit der Subtraktion von Mengen.

Bei der Größe der Zahlen zeigten sich die Forscherinnen durchaus ambitioniert: Sie griffen zu den vergleichsweise abstrakten Zahlen fünf und zehn - um auszuschließen, dass die Kinder mithilfe ihres bildlichen Vorstellungsvermögens arbeiten könnten.
Fünf plus fünf = zehn
Die Babys saßen - durch Vorhänge abgeschirmt vom restlichen Raum - vor einem Bildschirm. Darauf tauchten beispielsweise fünf Rechtecke auf, nach einer Pause noch einmal fünf und schließlich - den Versuchsdurchgang abschließend - das Endergebnis:

Entweder korrekt zehn Rechtecke (Additionsgruppe), oder aber das davon abweichende falsche Ergebniss in Form von fünf Rechtecken. Ähnlich funktionierte der Test in der Subtraktionsgruppe.
Falsche Ergebnisse länger betrachtet
Während der Testdurchgänge wurde jeweils gemessen, wie lange die Babys die Ergebnisse auf dem Monitor betrachteten. Ist der Zeitrahmen vergleichsweise lange, gilt dies als Hinweis auf für die Kinder Unerwartetes.

Wie die Psychologinnen nun in ihrer Studie berichten, blickten die jungen Probanden tatsächlich bei falschen Ergebnissen deutlich länger auf den Bildschirm. Sie werten dies als Beleg dafür, dass die Kleinen bereits gewisse numerische Operationen durchführen können.
->   Psychology Department der Yale University
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01.01.2010