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Langhalsiges "Seeungeheuer" in China entdeckt  
  Es war klein, dick und lebte vor rund 230 Millionen Jahren im Gebiet des heutigen Südostasiens: ein "Seeungeheuer" mit einem 1,7 Meter langen Hals. Dieser Hals macht den fossilen Fund so interessant - denn er war etwa doppelt so lang wie der Rumpf des Tieres. Die Erklärung der Forscher für diese anatomische Besonderheit: Damit konnte sich der Saurier seiner Beute im flachen Wasser unentdeckt nähern - ohne dass sein plumper Körper die Beutetiere aufscheuchte.  
Von dem Fund des Saurierskelettes berichten chinesische und US-amerikanische Forscher im US-Journal "Science".
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Die Studie ist unter dem Titel "A Triassic Aquatic Protorosaur with an Extremely Long Neck" in "Science", Bd. 305, Seite 1931, Ausgabe vom 23. September 2004 erschienen.
->   Der Originalartikel in "Science" (kostenpflichtig)
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Beute mittels eigener Bugwelle eingesaugt
Bild: Science
Die Wissenschaftler haben bereits eine recht genaue Vorstellung davon, wie das "Seeungeheuer" einst - dank seines "Giraffenhalses" - Beute gefangen haben könnte:

Zum Fang habe der Wassersaurier seinen Kopf mit geöffnetem Maul blitzartig nach vorn geschossen und gleichzeitig seine Halsrippen gespreizt, schreibt das Team um Chun Li von der chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking.

Damit habe der Saurier seine Speiseröhre schnell weit geöffnet und Beutetiere in seiner eigenen Bugwelle eingesaugt.

Rechts im Bild: Der Kopf des Sauriers mitsamt einiger potenzieller Beutefische.
"Echse mit einem schrecklichen Kopf aus dem Orient"
Zunächst hatte Li 2002 in der Guanling Kalksteinformation im Südosten Chinas einen Schädel und drei Reißzähne der Saurierart entdeckt.

Daraufhin hatte er das Reptil "Dinocephalosaurus orientalis" getauft - was so viel bedeutet wie "Echse mit einem schrecklichen Kopf aus dem Orient". Später im Jahr stieß der Forscher auf ein fast komplettes Skelett des ausschließlich im Wasser lebenden Tieres.
Knochen weisen auf Leben im Wasser hin
Die Knochen der kurzen, plumpen Gliedmaßen seien nicht vollständig verknöchert und scheinen demnach völlig für ein Leben im Wasser geschaffen zu sein, schreiben die Paläontologen.

Damit unterscheide sich der Dinocephalosaurus von den bisher bekannten Protorosauriern, die sowohl an Land als auch im Wasser lebten. Jedoch könnte das Tier an Land seine Eier gelegt haben.
Horizontale Schwimmhaltung
 
Bild: Science

Wie auf oben stehendem Bild zu erkennen hat man sich den Dinocephalosaurus orientalis vorzustellen. Er ernährte sich vermutlich von im flachen Wasser lebenden Fischen und Tintenfischen. Ebenfalls abgebildet sind zwei Vertreter von Saurichthys curionii.

Zum richtigen Atmen müsste der Dinocephalosaurus fast horizontal im Wasser gelegen haben, da sonst der Wasserdruck auf den Lungen zu groß gewesen wäre. Eine solche Schwimmhaltung dürfte den Wasserwiderstand weiter reduziert haben, schreiben die Wissenschaftler in "Science".
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Giraffenhals entwickelte sich vermutlich zwei mal
Im Gegensatz zu Protorosauriern aus Europa und dem Nahen Osten, die zwölf lange Halswirbel hätten, habe der Dinocephalosaurus 25 etwas kürzere Wirbel. Da beide Arten nicht unmittelbar miteinander verwandt seien, müsse sich der Giraffenhals zwei Mal innerhalb der Familie der Protorosaurier entwickelt haben, schreiben die Autoren. "Der Dinocephalosaurus wirft ein neues Licht auf die Evolution der Protorosaurier".
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Erstmals Erklärung für den langen Hals?
Das gut erhaltene Fossil des Dinocephalosaurus könnte die Funktion des extrem langen Halses, für den einige Protosaurier bekannt sind, erklären, heißt es in einer Aussendung der University of Chicago. Dieses Charakteristikum habe seit Jahrzehnten die Wissenschaftler vor Rätsel gestellt.
Teil einer effektiven Methode zum Beutefang
Demnach gibt es bis heute keine Erklärung für die Funktion dieses "Giraffenhalses".

Vor Jahren sei man etwa zu dem Schluss gekommen, dass der von einigen Arten bekannte lange und steife Hals mehr oder weniger eine Konsequenz von Wachstumsmustern gewesen sei, statt eine spezifische funktionale Anpassung.

Dinocephalosaurus jedoch liefere nun neue Hinweise - und zeige, dass der lange Hals dieser Tiere Teil einer einzigartigen und sehr effektiven Methode des Beutefangs gewesen sein könnte.
->   Chinese Academy of Sciences
->   Field Museum Chicago
->   Mehr rund um Saurierfunde in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010