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Medizin-Nobelpreis für Studien zum Geruchssystem  
  Der Medizin-Nobelpreis 2004 geht an die beiden amerikanischen Forscher Richard Axel und Linda Buck für Forschungen zu Geruchsrezeptoren und zur Organisation des olfaktorischen Systems.  
Siebenter Medizin-Nobelpreis für eine Frau
Das gab das Nobelpreiskomitee am Karolinska Institut in Stockholm am Montag bekannt. Axel und Buck haben in den 80er und 90er Jahren Pionierarbeit bei der Erforschung der Funktion und der Organisation des Geruchssinnes geleistet.

Die Auszeichnung ist - wie im Vorjahr - mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 1,1 Mio. Euro) dotiert und geht zu gleichen Teilen an Buck und Axel.

Mit Linda Buck haben erst zwölf Frauen einen naturwissenschaftlichen Nobelpreis bekommen: Zwei für Physik, drei für Chemie und sieben für Physiologie oder Medizin.
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Richard Axel (geboren am 2. Juli 1946 in New York) arbeitet am Howard Hughes Medical Institute an der Columbia-Universität in New York, Linda B. Buck (geboren am 29. Jänner 1947 in Seattle) am Fred-Hutchinson-Krebsforschungsinstitut in Seattle.
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Lange ein "Mysterium der Wissenschaft"

Linda B. Buck
Gleichgültig ob einem Weinkenner ein bestimmter Jahrgang besonders zusagt und er dessen Geruch auch noch nach Jahren wieder erkennen kann, oder ob ein Gestank Gefahr mitteilt: Immer ist es der Geruchssinn, der entscheidend ist.

"Ein einziger Geruch kann eine ganz bestimmte Erinnerung hervorrufen, die wir mit unserer Kindheit oder mit emotionalen Momenten - ob negativ oder positiv - im späteren Leben verbinden", schrieb das Nobelpreiskomitee am Montag. Gerade deshalb seien die Arbeiten von Buck und Axel so wichtig. Der Geruchssinn war nämlich lange ein Mysterium für die Wissenschaft.
Fundamentale Arbeit bereits 1991 publiziert

Richard Axel
Das Nobelpreiskomitee: "Richard Axel und Linda Buck publizierten ihre fundamentale Arbeit gemeinsam im Jahr 1991, als sie die sehr große Familie dieser rund 1.000 Gene für die Geruchsrezeptoren beschrieben.

Axel und Back haben seither unabhängig von einander gearbeitet und haben in mehreren beeindruckenden, oft parallelen Studien den Geruchssinn aufgeklärt - von der molekularen Ebene bis zur Organisation der beteiligten Zellen."
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Die erwähnte Studie ist unter dem Titel "A novel multigene family may encode odorant receptors: a molecular basis for odor recognition" im Fachjournal "Cell" erschienen (5. April 1991, S. 175-87).
->   Original-Abstract (PubMed)
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Drei Prozent der Gene kodieren für Geruchsrezeptoren
Was die Pionierarbeit der beiden Wissenschaftler ausmacht: "Der Geruchssinn ist der erste unserer Sinne, der vor allem durch molekularbiologische Techniken entschlüsselt worden ist. Axel und Buck zeigten, dass drei Prozent unserer Gene dazu dienen, um für die verschiedenen Geruchsrezeptoren auf den Membranen unserer Geruchszellen zu kodieren. Wenn ein solcher Rezeptor durch ein Molekül aktiviert wird, wird ein elektrisches Signal über Nerven ins Gehirn gesendet."
Wie das Geruchssystem funktioniert
Jeder Rezeptor aktiviert (an der Innenseite 'seiner' Zelle, Anm.) ein G-Protein. Dieses Protein stimuliert die Bildung von einer bestimmten Substanz (cAMP). Dieses Botenmolekül aktiviert wiederum Ionenkanäle der Zelle, die geöffnet werden.

Das Wissen darüber ist auch eine Errungenschaft der beiden Wissenschaftler: Bei den Rezeptoren für Geruchsstoffe handelt es sich um Moleküle, die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren entsprechen. Solche Rezeptoren sind für die verschiedensten Zellfunktionen verantwortlich.
10.000 Gerüche können unterschieden werden
Richard Axel und Linda B. Buck klärten aber auch die Struktur dieser Rezeptoren direkt auf: Sie bestehen aus Ketten von Aminosäuren, welche die Zellwand mehrfach durchlaufen. In einer Tasche können jeweils pro Rezeptor nur wenige unterschiedliche Substanzen binden und schließlich den Reiz hervorrufen.

Rund 1.000 verschieden aufgebaute Rezeptoren sind eben für einige tausend verschiedene Moleküle empfänglich. Daraus ergibt sich bei jedem Geruchseindruck ein typisches Muster, mit dem der Mensch rund 10.000 verschiedene Gerüche unterscheiden und als Erinnerung speichern kann.
"Geruchs-Relais" im Hirn entdeckt
Doch ebenso wichtig war der zweite Teil der Arbeiten der beiden Forscher: die Entschlüsselung des Organisationsmusters des Geruchssinns. Die Forscher entdeckten nämlich auch die erste Relais-Station für Gerüche im Gehirn.

Es handelt sich um rund 2.000 verschiedene kleine Mikroregionen (Glomeruli). Das sind wiederum doppelt so viele Mikrozentren wie es verschiedene Geruchszellen in der Nasenschleimhaut gibt.
Informationen werden zu Muster kombiniert
 
Bild: nobelprize.org

Vom Molekül zur Geruchsempfindung - hier die komplette Grafik

Von den Mikroregionen im Gehirn werden schließlich - so die Forscher - über Mitralzellen die von ihnen aufgenommenen Reize an verschiedene Regionen in der Hirnrinde gesendet. Das Nobelpreiskomitee: "Dort wird die Information der verschiedenen Geruchsrezeptoren zu einem Muster kombiniert, das für jeden Geruch typisch ist."
Ähnliches Prinzip auch bei anderen Sinnen?
Das Gehirn interpretiert den Eindruck und verarbeitet ihn zu einem Gedächtnisinhalt. "Die generellen Prinzipien, die Axel und Buck für den Geruchssinn entdeckten, scheinen auch für andere Sinne zu gelten", heißt es schließlich in der Begründung des Nobelpreis-Komitees.

Und schließlich fanden die beiden Wissenschaftler auch unabhängig von einander andere Rezeptoren, welche für die Pheromone empfänglich sind. Auf der Zunge finden sich wiederum ähnliche Zellen, die für den Geschmackssinn verantwortlich sind.
->   Richard Axel (Howard Hughes Medical Institute)
->   Linda Buck (Fred Hutchinson Cancer Research Center)
->   Nobelprize.org
Die Medizin-Nobelpreise der vergangenen Jahre:
->   Medizin-Nobelpreis 2003 für "Magnetresonanz-Abbildung" (6.10.03)
->   Medizin-Nobelpreis 2002: Programmiertes Zellsterben (7.10.02)
->   Medizin-Nobelpreis 2001: Zellzyklusforscher geehrt (8.10.01)
 
 
 
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01.01.2010