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Burschenschafter ehren Konrad Lorenz mit Kommers  
  Die Wiener Burschenschaft "Olympia" und der Wiener Korporationsring wollen Nobelpreisträger Konrad Lorenz würdigen. Der Grund: die "sehr dürftig ausgefallenen offiziellen Festivitäten" zum 100. Geburtstag.  
"Verunglimpfungen entgegen wirken"
Mit einem "Kommers" und einem Symposium am Samstag soll Verunglimpfungen des österreichischen Wissenschaftlers entgegen gewirkt werden, der im vergangenen Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte.

In einer Aussendung am Mittwoch kritisieren die Burschenschafter auch die Vergabe des Literaturnobelpreises an Elfriede Jelinek, ohne diese namentlich zu erwähnen.
"Hetze der veröffentlichten Meinung"
Die nach eigenen Angaben "national-freiheitlichen Korporationen" orten "beginnende Hetze der veröffentlichten Meinung gegen Wissenschaftler wie Heinrich Harrer oder Hans Hass, die laut dieser mit ihrer Wissenschaft angeblich einer Ideologie anhängen, die nicht opportun ist".

Es sei zu befürchten, und einzelne Stimmen gebe es ja bereits, dass Lorenz ebenso verunglimpft werde, heißt es in der Aussendung. Dem entgegenzutreten, sei Absicht und Ziel der Veranstaltung am Samstag im Arcotel Wimberger in Wien-Neubau.
"Linkes" Experiment gescheitert
Das Symposium trägt den Titel "Frankfurter Schule - die 9. Todsünde". Das Thema sei in Anlehnung an das Buch von Konrad Lorenz "Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit" gewählt worden, heißt es im Programm der Veranstaltung.

Die Frankfurter Schule bezeichnen die Burschenschafter als "Verbindung von Neomarxismus und Psychoanalyse".

Letztendlich sei das Experiment, die europäischen gesellschaftlichen Strukturen zu verändern, gescheitert.
NDP-Mitglied als Teilnehmer
Teilnehmer des Symposiums ist unter anderem der Deutsche Rolf K., der laut Homepage des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) in den siebziger Jahren zum Führungskader der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) gehörte.
Einschlägige Eintragungen im DÖW-Archiv
Das DÖW weiter auf seiner Homepage über Rolf K.: "Daneben saß er damals im 'wissenschaftlichen Beirat' der rassistischen Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung des Hamburger Neonazis Jürgen R.

Seit 1981 ist er führender Mitarbeiter des auf Holocaustleugnung abonnierten Grabert Verlages. Zehn Jahre später schaffte er es auf den Vorsitz der Gesellschaft für freie Publizistik (GfP), der wohl bedeutendsten Lobby rechtsextremer Geschichtsfälscher. K. (...) referierte u. a. beim mittlerweile behördlich aufgelösten Verein Dichterstein Offenhausen und beim nicht minder neonazistischen Deutschen Kulturwerk europäischen Geistes."
Erklärung von Universitätsrat Friedrich Stefan
Parallel zu Symposium und Kommers kündigen die Burschenschafter für 15.00 eine Kranzniederlegung an der Universität Wien an. Universitätsrat Friedrich Stefan werde dabei eine Erklärung verlesen.

Wie die Universität Wien auf Anfrage der APA mitteilte, lag jedenfalls bis Mittwoch 13.00 Uhr noch keine Anmeldung für die Kranzniederlegung an der Universität vor.
Umstrittene Rolle von Lorenz
Die Rolle Lorenz' während des Nationalsozialismus ist seit längerem Gegenstand von Spekulationen wie auch aufwändig recherchierter Arbeiten. So erschien im Vorjahr eine umfangreiche Biografie, welche das Leben des Nobelpreisträgers durchleuchtet.

Für die Autoren Klaus Taschwer und Benedikt Föger steht fest, dass Lorenz vor allem in populärwissenschaftlichen Arbeiten Aussagen getätigt hat, die den Nationalsozialisten höchst willkommen gewesen sein dürften.

Fest steht für die beiden Autoren auch, dass Lorenz nicht an Verbrechen in Zusammenhang mit dem Nazi-Regime beteiligt war. Offen bleibt dagegen die Frage ob Lorenz ein überzeugter Nazi oder nur ein politisch naiver Opportunist war.
Bedeutender Forscher oder unwissenschaftliche Arbeit?
Abgesehen von der Nazi-Frage ist Lorenz auch als Wissenschaftler nicht mehr unumstritten. Während er für die einen in einem Atemzug mit Charles Darwin genannt wird, werfen ihm Kritiker vor, er habe "unwissenschaftlich" gearbeitet.

Seine Studien hätten aus bloßem Beobachten bestanden, dabei seien ihm viele Fehler unterlaufen.
Kritik an Nobelpreis für Jelinek
Die Verleihung des Literatur-Nobelpreises an eine Person, "die dadurch Bekanntheit gewonnen hat, indem sie vorwiegend in Fäkalsprache schreibt und ihr eigenes Land verunglimpft", würdige alle bisherigen Preisträger herab, heißt es in der Aussendung weiter.

Mit dem Kommers solle auch das Missfallen an diesem "falschen Weg für einen renommierten Kulturpreis" ausgedrückt werden.

[science.ORF.at/APA, 17.11.04]
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01.01.2010