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Waschmaschine gegen Blutvergiftung  
  Trotz moderner Medizin ist die Sepsis, die schwere Blutvergiftung immer noch die häufigste Todesursache auf Intensivstationen. Den Ärzten gelingt es sehr oft nicht, diese Komplikation in den Griff zu bekommen. Fast jeder zweite Patient stirbt. Jetzt wird ein neues Blutwäsche-Verfahren getestet.  
Gefährliche Kaskade
Eine einfache Infektion mit Bakterien kann dramatische Folgen haben. Die Bakterien setzen giftige Stoffe frei, die Endotoxine, die eine gefährliche Kaskade in Gang setzen.

Sie stimulieren die Freisetzung von Entzündungszellen. Diese weißen Blutkörperchen aktivieren die Blutgerinnung. Die Gefäße werden geschädigt, die Entzündung geht weiter, der Kreislauf kollabiert, Nieren, Lunge und die Leber versagen, bis zum Tod.
Ganzkörper-Entzündung
Eine Sepsis kann jeden betreffen. Sie ist keine eigenständige Krankheit, sondern eine massive Entzündung als Folge einer bakteriellen Infektion, die auf den ganzen Körper übergreifen und zu Multiorganversagen führen kann.

Auslösende Ursache kann eine banale Infektion sein. Auch nach Operationen und Unfällen kann es zu einer Sepsis kommen. Besonders gefährdet sind Menschen mit einem schwachen Abwehrsystem wie ältere Personen.
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Ärzte oft machtlos
Die Ärzte sind oft machtlos, erklärt Teut Risler von der Medizinischen Klinik, Tübingen: "Der septische Schock ist sehr schwer zu erkennen. Sie müssen sich vorstellen, da kommt ein Patient, der sich schlecht fühl, der vielleicht Fieber bekommt, vielleicht auch nicht, und plötzlich versagt der Kreislauf. Das sind solche Fälle, die durch eine Infektion zustande kommen, die dann systemisch wird, und erst die systemische Wirkung fällt dem Patienten und dem Arzt auf. Und dann ist das ganze Krankheitsbild schon so weit, dass es unter Umständen nicht mehr zu behandeln ist."
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Neue Blutwäsche
Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik in Stuttgart arbeiten jetzt an einem neuen Blutwäsche-Verfahren, einem Mikrofilter, der schnell und schonend Giftstoffe aus dem Blut entfernt.

Der Trick dabei sind poröse, hauchdünne Hohlfasern. Sie werden chemisch so verändert, dass sie die Verursacher der Sepsis gezielt aus dem Blut filtern können, ohne das Blut in seiner Funktion zu zerstören.
Kürzer und schonender für Patienten
Das Besondere an dem neuen System ist, dass die Abtrennung der Blutzellen und die Reinigung des Blut-Plasmas in einem Verfahrensschritt erfolgen.

Das Blut strömt durch die porösen Hohlfasern. Nur das Plasma dringt durch die feinen Poren nach außen und wird an Reinigungsmolekülen vorbeigeführt, die Giftstoffe aus dem Plasma ziehen. Die empfindlichen Blutzellen bleiben unbeschädigt im Inneren.
Vielseitiges Verfahren
Erste Tests mit Spenderblut haben gezeigt, dass das Verfahren funktioniert und vielseitig eingesetzt werden könnte, erklärt Michael Müller vom Fraunhofer-Institut in Stuttgart.

"Wir haben erste positive Tests bei der Sepsis. Insgesamt eröffnet sich aber eine weitere Möglichkeit zur Reinigung von Blut, wenn man sich vergiftet hat. Sei es durch Tabletten, oder durch Giftpilze, bis zur Entfernung von schädlichen Fetten aus dem Blut, die Arteriosklerose hervorrufen würden," so Müller.

In drei bis fünf Jahren könnte das Verfahren in Kliniken eingesetzt werden.

Sylvia Unterdorfer, Modern Times Gesundheit, 10.12.04
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Mehr zu dem Thema in "Modern Times Gesundheit" am 10. Dezember 2004, ORF 2, 22.35 Uhr.
->   "Modern Times Gesundheit"
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->   Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Blut
 
 
 
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01.01.2010