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Die Schlaumeier beim Fressen: Krähen und Falken  
  Wie intelligent ist die Krähe am Dach oder der Wellensittich im Käfig? Der kanadische Verhaltensbiologe Louis Lefebvre kann darauf Antworten geben. Er gilt als Experte für den Intelligenzquotienten von Vögeln. Um die intelligentesten Arten herauszufiltern, hat er sich auf die Strategien der Tiere konzentriert, mit denen sie an Futter kommen. Die Intelligenzbestien unter den "gefiederten Freunden" sind demnach die Falken und Krähen gefolgt von Habichten, Spechten und Reihern.  
Vögel und Primaten mit vergleichbarer Intelligenzentwicklung
Das Ranking der "Einsteins" unter den Vögeln hat Lefebvre nicht nur durch Versuche an gefangenen Tieren erstellt, sondern durch die Auswertung von knapp 2.000 Berichten von Wissenschaftlern, die Vögel in der freien Wildbahn beobachtet und ihre Erkundungen in ornithologischen Magazinen publiziert haben.

Dabei würden sich vergleichbare Intelligenzstufen bei den gefiederten Tieren und Primaten zeigen, obwohl sich ihre Entwicklungslinien sehr früh in der Evolution getrennt haben, meint der Experte von der McGill Universität in Montreal. Er präsentierte seine Ergebnisse bei der Jahrestagung der American Association for the Advancement of Science (AAAS).
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Ungewöhnliche Ernährungsstrategien
Unter den von Louis Lefebvre ausgewerteten Berichten über Vögel finden sich auch einige besonders interessante Vorfälle: Einer der bekanntesten ereignete sich 1949 in England, wo Schwanzmeisen das Öffnen von Milchflaschen lernten, die in der Früh auf der Terrasse abgestellt wurden.

Auch die Geier sind intelligenzmäßig keine Federgewichte: So beobachtete ein Soldat im rhodesischen Befreiungskrieg (heute Simbabwe), dass sich Geier sogar den Krieg zunutze machen: Sie beobachteten die Wirkung von Landminen und lernten, dass man nur lange genug in der Nähe eines Minenfelds warten muss, bis eine Gazelle vorbeikommt und auf eine Mine tritt. Sie ersparten sich damit das Absuchen großer Territorien nach Tierkadavern.
->   Website von Louis Lefebvre mit einigen Online-Publikationen
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Klares Ranking: Krähen und Falken voran
 
Bild: dpa

In seiner Auswertung beachtete Lefebvre, ob die Berichte von Einzelereignissen sprechen oder sich deutliche Häufungen erkennen lassen.

Aus dieser Analyse ergibt sich ein Ranking der innovatorischen Intelligenz von Vögeln: Ganz klar zu den "Einsteins" unter den gefiederten Tieren gehören laut Lefebvre die Familien der Krähen und Falken, gefolgt von den Habichten, Spechten und Reihern.

Bild oben: Eine Krähe versucht, mit dem Stöckchen Futter aus einem Hohlraum zu fischen.
Parallele in der Gehirnentwicklung bei Vögeln und Primaten
2002 wurde die Methode, die Intelligenz von Tieren nach den Strategien beim Nahrungserwerb zu messen, von britischen Forschern übernommen und auf Primaten angewandt.

Laut Lefebvre zeigt der Vergleich der Ergebnisse, dass sich speziell die Fähigkeit, Werkzeuge zu gebrauchen, um an Nahrung zu gelangen, bei den beiden Tiergruppen ähnlich entwickelt hat.

Bei beiden geht diese Form der Intelligenz parallel mit der Entwicklung eines größeren Voderhirns (des Neocortex bei Primaten bzw. des Mesopallium-Nidopallium bei Vögeln) - und das, obwohl sich ihre Entwicklung vor mehr als 300 Millionen Jahren geteilt hat.

[science.ORF.at 21.2.05]
->   Mehr über Vögel im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010