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Nahrungsmittelallergie: Medikament baut Histamin ab  
  Wer nach dem Mittagessen einen flauen Magen, Kopfweh oder Juckreiz verspürt, könnte an einer Nahrungsmittel-Unverträglichkeit leiden. Das gängigste Mittel dagegen war bisher strenge Diät. Ab Mitte April gibt es ein unterstützendes Nahrungsergänzungsmittel gegen die "Histamin-Intoleranz".  
Durchfall und Jucken bei bestimmten Lebensmitteln
Hartkäse, Tomaten, Rotwein - darin steckt Histamin und das in hoher Konzentration. Genauso wie in Tunfisch, Weizenbier oder Schokolade.

Histamin in Nahrungsmitteln kann eine Reihe von allergischen Reaktionen auslösen - wie z.B. Übelkeit, Durchfall, Husten oder Juckreiz auf der Haut.
Großteils Frauen betroffen
Viele Menschen leiden an einer Histamin-Intoleranz. Schätzungen gehen von drei Prozent der Bevölkerung aus, das wären in Österreich 240.000 Menschen.

Histamin-Intoleranz tritt laut dem Dermatologen Reinhart Jarisch vom Floridsdorfer Allergiezentrum typischerweise eher bei Frauen um die 40 auf. 80 Prozent der Patienten sind Frauen.
Strenge Diät ...
Wer an Histamin-Intoleranz erkrankt ist, lebt mit einer strengen Diät, sprich: Die unverträglichen Nahrungsmittel müssen so gut wie möglich vom Speiseplan gestrichen werden. Bei Einladungen, im Gasthaus oder auch bei Produkten aus unterschiedlichen Bestandteilen nicht gerade leicht.
... oder Blockade durch Antihistaminika
Außerdem gibt es Antihistaminika. Antihistaminika blockieren im Körper die Histaminrezeptoren, also jene Stellen, an denen die Substanz angreift, beeinflussen aber nicht die Freisetzung und den Abbau von Histamin.

Zusätzlich blockieren einige dieser Substanzen auch andere Rezeptoren und haben dadurch eine Reihe weiterer Effekte auf den Organismus.
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Stichwort Histamin
Histamin wird an sich auch vom Körper produziert. Es stimuliert beispielsweise den Magensaft, erweitert die Gefäße, senkt den Blutdruck oder kontrolliert den Appetit.
->   Mehr zu Histamin bei Wikipedia.de
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Neue Präparate bauen Histamin ab
Nun kommt in Österreich ein neues Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt: als Kapseln zum Einnehmen und als Gel zum Auftragen auf die Haut.

Das Prinzip: Histamin wird nicht grundsätzlich abgeblockt, sondern im Körper abgebaut. Das Präparat baut das Reiz auslösende Histamin im Darm bzw. auf der Haut ab. Dazu wird das Enzym DAO (DiAminoOxidase) verwendet, ein Enzym, an dem es Menschen mit Histamin-Intoleranz mangelt.
Enzym stammt aus tierischen Organen
Das Enzym für die Kapseln bzw. für das Hautgel stammt aus tierischen Organen. Die Kapseln müssen laut Hersteller vor den Mahlzeiten eingenommen werden, eine Überdosierung sei nicht möglich.

Das Gel wirkt ähnlich, es baut Histamin direkt auf der Haut ab. Laut Hersteller ist es auch für Kinder geeignet.
Unverträgliches Essen langsam wieder vertragen
"Wenn wir die Diagnose Histamin-Intoleranz stellen, dann empfehlen wir, dass der Patient die Lebensmittel meidet, die reich an Histaminen und biogenen Aminen sind. Damit wird dem Körper eine Erholungsphase gegönnt. Zusätzlich ist es sinnvoll, wenn man das Enzym, das dem Körper fehlt, ersetzt", sagt Reinhart Jarisch, Dermatologe und Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums in Wien, gegenüber Ö1.

"Grundsätzlich kann man die Speisen, die Histamin enthalten, nach Einnahme der Kapseln, wieder essen. In der Anfangsphase von etwa vier Wochen ist es aber vernünftig, eine Histaminfreie Diät zu halten. Langsam kann man wieder in eine Normalkost übergehen - unter dem Schutz der Kapseln."
An 50 Personen getestet
Getestet wurden die Kapseln laut Professor Jarisch an 50 Personen, allerdings nicht in einer strengen Doppel-Blind-Studie, wo das Mittel mit unwirksamen Placebos verglichen wird und - um Unvoreingenommenheit zu garantieren - weder Arzt noch Patient wissen, wer welches Präparat erhält.

In diesem Fall war es eine "offene" Studie, sagt Reinhart Jarisch im ORF-Radio: "Es wurde an vielen Personen über etliche Monate ausprobiert und die Ergebnisse sind durchwegs positiv. Eine genau kontrollierte Doppel-Blind-Studie ist allerdings noch ausstehend, wird aber durchgeführt."
Medikament ab Mitte April in der Apotheke
Ab Mitte April werden Kapseln und Gel in den Apotheken zu kaufen sein. Das Nahrungsergänzungsmittel ist nicht rezeptpflichtig. Die Packung a 30 Kapseln wird 30 Euro kosten, das Gel 15 Euro.

Der Hersteller, ein österreichisches Biotech-Unternehmen, sieht die Präparate als Ergänzung zu den bisherigen, teils rezeptpflichtigen Histamin-Blockern.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 30.3.05
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"Histamin-Intoleranz. Histamin und Seekrankheit", herausgegeben von Reinhart Jarisch, erschienen im Thieme-Verlag.
->   Thieme-Verlag
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->   Mehr zu Nahrungsmittelallergien (Netdoktor)
->   Mehr zum Thema Allergien im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010