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Kohlendioxid kann in Kohle gelagert werden  
  Wissenschaftler sehen die Möglichkeit, klimaschädliches Kohlendioxid in Kohleflözen unter Tage zu lagern. In einem ersten europäischen Feldversuch haben Forscher die Machbarkeit nachgewiesen.  
Sie pressten täglich 1,5 Tonnen Kohlendioxid in 1.100 Meter tiefe Steinkohleflöze. Bis zur Anwendungsreife müsse die Speichergeschwindigkeit erhöht werden, sagte der Geowissenschafter Bernhard Krooss von der RWTH Aachen am Mittwoch. Kohlendioxid wird für etwa die Hälfte des menschengemachten Treibhauseffektes verantwortlich gemacht.
Kohle bindet CO2
Das jetzt abgeschlossene dreijährige Pilotprojekt fand mit Beteiligung Aachener Wissenschaftler im polnischen Kohlerevier bei Kattowitz statt.

Aus Flözen in 1.100 Metern Tiefe wurde über eine Bohrung das natürlich vorkommende Methangas herausgesogen. Über eine benachbarte Bohrung wurde Kohlendioxid hineingepresst. "Kohle bindet das Gas", sagte Krooss. Das Gas könne so nicht entweichen.
Neuer Weg der unterirdischen Lagerung
Weltweit arbeiten Wissenschafter an Verfahren zur Senkung von Treibhausgasen in der Luft. Die Industriestaaten hatten sich 1997 auf der UN-Klimakonferenz im japanischen Kyoto zur Reduzierung von Treibhausgasen verpflichtet. Die Verbesserung von Kraftwerkstechniken ist ein Weg dahin.

In den Anfängen steckt die Forschung auf dem Weg zur unterirdischen Lagerung. Lagerstätten können salzhaltige Grundwasservorkommen, ausgeförderte Erdöl- und Erdgaslagerstätten und nicht abbaubare Kohleflöze sein.
Problem: Kohle zu dicht gepackt
Bei dem Feldversuch stießen die Wissenschafter auf ein Problem, das nach ihrer Einschätzung für Mitteleuropa symptomatisch sein könnte: Die Kohle ist so dicht, dass das Gas zu langsam aufgenommen wird.

"Ein Hauptziel ist es, die Durchlässigkeit der Kohle zu erhöhen oder Gebiete zu suchen, wo die Kohle durch Verschiebung von Erdschichten zerklüftet ist", sagte der Aachener Geowissenschafter.

Eine weitere Voraussetzung sei die Trennung von Kohlendioxid aus Rauchgasen. Die europäischen Forscher nahmen bei ihrem Versuch künstlich produziertes, reines Kohlendioxid. In Kraftwerken macht das schädliche Gas aber nur ein Fünftel der ausgestoßenen Gase aus und müsste getrennt werden. "Das ist energieaufwendig", sagte Krooss.
Greenpeace äußert Bedenken
Die Umweltorganisation Greenpeace befürchtet, dass durch das Einpumpen von Kohlendioxid das Treibhausgas Methan aus den Kohleflözen freigesetzt werden könnte. Zudem könne durch Risse in oberen Gesteinsschichten möglicherweise Gas entweichen, sagte Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne.

Selbst eine Leckage-Rate von 0,1 Prozent wäre langfristig gesehen zu viel. Das eingesetzte Geld solle besser in erneuerbare Energien gesteckt werden.
Kostenfrage entscheidet
An dem europäischen Pilotprojekt waren 15 Forschungsinstitute und Industrieunternehmen aus zehn Ländern beteiligt. Die Kosten von 3,4 Millionen Euro wurden zur Hälfte aus EU-Mitteln finanziert.

Die Wissenschaft muss noch an vielen Schrauben bis zur Anwendungsreife drehen. Eine entscheidende Rolle spielen die Kosten. Für die Industrie sei die Deponierung nur dann eine Option, wenn sie sich im Emissionshandel rechne, meinte Krooss.

Standardisierte Schätzungen, was die Tonne Kohlendioxid in der Deponie kostet, gibt es nach Angaben des Aachener Instituts für Geologie, Geochemie und Lagerstätten des Erdöls und der Kohle noch nicht.

Elke Silberer, dpa, 13.4.05
->   RWTH Aachen
 
 
 
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01.01.2010