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Bionik: Wissenschaft als deutsches EXPO-Thema  
  Seit Ende März ist die Weltausstellung 2005 im japanischen Aichi eröffnet. Deutschland setzt bei seiner Länderpräsentation in erster Linie auf Wissenschaft: Die Entwickler der vorgestellten Technologien haben sich von den Konstruktions- und Verfahrensweisen der Natur inspirieren lassen. Die technische Umsetzung und Anwendung biologischer Systeme, also die Bionik, ist auch Namenspate des deutschen Pavillons "bionis".  
Herzstück der deutschen Ausstellung ist der "Experience Ride", eine 300 Meter lange Fahrt mit einer Hochschaubahn durch die Welt der Bionik. Während der Fahrt sowie im anschließenden "Experience Lab" werden marktreife Technologien "made in Germany" vorgestellt.

"Wir wollten darstellen, wie man von der Natur lernen kann und wie dies technisch in der deutschen Industrie umgesetzt wird", so Guido Gudat, Pressesprecher des Deutschen Pavillons.
Infotainment in der Hochschaubahn
Bild: Pohling / Japan-Photo
Einer der "Drops"
Der Ansturm auf den deutschen "bionis"-Pavillon ist groß: Drei Stunden Wartezeit für den "Experience Ride" sind die Regel. Rund 500 Besucher werden pro Stunde in die tropfenförmigen transparenten Waggons ("Drops") der Schienenbahn bugsiert.

Fast alle Sinne werden auf dieser Fahrt angesprochen: Animationen und Projektionen, "Seat Shaker", wellenförmig verlegte Schienen, Tonkollagen simulieren eine Fahrt durch uralte Erdschichten, das Auftauchen aus dem Meer oder den Flug inmitten eines Vogelschwarms.

Selbstreinigende Lotusblüten, Vogelschwärme und Segelflugzeuge (nebst Entwickler Otto Lilienthal!), Haifische und Schwimmerinnen im widerstandsarmen Badeanzug ziehen an den Besuchern vorbei.

Ein bisschen Touristikwerbung - Rheinpanorama mit Lorelei und Kölner Dom - und schon geht"s durch einen Offshore Windpark, dessen Windräder dank Bionik leiser rattern als ihre lärmenden Vorgänger. Nach einer kurzen Fahrt durch eine Industriehalle hebt ein Roboter den Drop zur Ausstiegsstelle.
Experience Lab - Anfassen erlaubt
Nach der Fahrt haben die Besucher die Möglichkeit, auf eigene Faust das "Experience Lab" zu erkunden. Hier haben zahlreiche Entwickler ihre bionischen Prunkstücke ausgestellt. Deutsche Mitarbeiter, die perfekt Japanisch sprechen, geben zu den Objekten Auskunft und ermuntern zum eigenständigen Ausprobieren.

Nicht alle Besucher machen jedoch Gebrauch von dem Angebot, selbst in die Rolle des Experimentators zu schlüpfen. Die durchschnittliche Verweildauer liegt nur bei rund zehn Minuten pro Pavillon!
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"Recycling" der Schienenbahn
Der sorgsame Umgang mit den Ressourcen ist Thema auf der EXPO. Auch große Teile des deutschen Pavillons sind nach sechs Monaten Ausstellungsdauer nicht "wertlos", sondern werden weiter verwendet.

Die Schienenbahn wurde vom bayerischen Konstrukteur angemietet und wird nach der Weltausstellung in der Sturmfluterlebniswelt "Blanker Hans" (Nordsee-Gemeinde Büsum) wieder aufgebaut. Die Exponate im "Experience Lab" gehen nach der EXPO wieder zurück zu ihren Entwicklern.
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Mit den Augen hören dank akustischer Kamera
Selbst ausprobieren kann man, wie die akustische Kamera die eigene Sprache abbildet. Das tierische Vorbild der akustischen Kamera: die Schleiereule.

Schleiereulen können ihre Beute auch in absoluter Dunkelheit orten - dank extrem empfindlicher Ohren. Das Gehirn der Eule fertigt mit Hilfe der Umweltinformationen eine akustische Landkarte an.

Wie Eulen produzieren auch akustische Kameras Bilder aus Geräuschen. Davon können sich die bionis-Besucher überzeugen, indem sie Live-Bilder aus ihren eigenen Worten herstellen. Dafür wird das Geräuschfeld von 30 Mikrophonen gleichzeitig aufgenommen. Die Zeitverzögerungsunterschiede zwischen den einzelnen Mikrophonkanälen werden genutzt - die so entstehende farblich abgestufte akustische Karte wird über die Videobilder gelegt.

In der Praxis bedienen sich Autohersteller wie Porsche, BMW, Volkswagen oder Hyundai dieser Methode zur Geräuschanalyse. Sie nutzen das System in der Motorenentwicklung. Mit der akustischen Kamera können Schäden "erhört" bzw. Motoren auf ihr typisches Klangbild getrimmt werden.
->   Acoustic Camera
Bionik verleiht Entenflügel
Weiters zu besichtigen: Das Ultraleichtflugzeug "Delta Loop" für eine Person. Es ist durch die Designstudie eines Entenflügels entstanden und wurde mit Hilfe von Bionikern der TU Berlin umgesetzt. Die schlaufenförmig geschlungene Ring-Struktur von Propeller und Tragflügelenden vermeidet Turbulenzen und Energieverluste durch Strömungsabriss.

Die große Schwester ist "Looop", ein Ultraleichtflugzeug für zwei Personen. Auch hier wird der Strömungswiderstand stark reduziert, weil die Tragflügel große Schlaufen bilden und damit keine klassischen Abrisskanten existieren, die zu Verwirbelungen führen könnten.
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Zwei Jahre Vorbereitungszeit, 13 Mio. Euro Kosten
Zur Vorbereitung der EXPO war nur zwei Jahre lang Zeit. Nachdem Anfang 2003 die Teilnahme der Deutschen feststand, gab es einen Ideen-Wettbewerb, an dem zehn Teams teilnahmen. Das Konzept "Experience Ride" wurde schließlich ausgewählt. Die Kosten für Bau, Erhaltung und Personal vor und während der Weltausstellung belaufen sich auf insgesamt 13 Millionen Euro.
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Haifischhaut verringert den Stömungswiderstand
Bild: Pohling / Japan-Photo
Die raue Haut der schnell schwimmenden Meeresräuber ist mit Schuppen, aus denen Häkchen und Zähnchen ragen, besetzt. Die Riefung der Oberfläche verhindert, dass sich großer Oberflächenwiderstand aufbaut.

Auch dieser Trick der Natur wird bereits an technischen Oberflächen angewendet. Durch die Widerstandssenkung bewegen sich Fahrzeuge leichter durch Wasser und Luft, wodurch Treibstoff eingespart werden kann - ein Airbus ist bereits mit einer der Haihaut nachempfundenen Folie beklebt. Der Haihaut-Effekt wird auch auf Bade- und Taucheranzüge übertragen.
Ein bisschen Klischee muss sein
Ganz ohne touristische Klischees kommt natürlich auch der deutsche Pavillon selbst im Technologie-Paradies Japan nicht aus: Im holzgetäfelten Restaurant werden gegrillte Schweinshaxe, Sauerbraten und Weißbier serviert, über allem ein Bild von Schloss Neuschwanstein.

Julia Harlfinger, Ö1-Wissenschaft, 15.5.05
->   EXPO 2005
->   Deutscher Pavillon
->   Österreichischer Pavillon
->   Präfektur Aichi (Wikipedia)
->   Sightseeing Guide Aichi
Weitere Pavillons mit Wissenschafts- und Technik-Schwerpunkt:
->   USA
->   Großbritannien
 
 
 
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01.01.2010