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Schweizer Ärzte transplantierten bewusst falsches Herz  
  Der Name Rosmarie Voser steht in der Schweiz für den wahrscheinlich größten Medizin-Skandel der jüngeren Vergangenheit. Im April 2004 wurde der Herzpatientin ein Herz mit der falschen Blutgruppe eingesetzt. Nun stellt sich laut Medienberichten entgegen anfänglichen Behauptungen des Krankenhauses heraus, dass die Ärzte sich dessen vermutlich voll bewusst waren.  
Fernsehserie über Herzpatientin
Die Vorgeschichte: Im April 2004 brachte eine Nachrichtensendung des Schweizer Fernsehens eine Serie von Beiträgen über die schwerkranke Herzpatientin Rosmarie Voser. Sie hatte schon seit langer Zeit auf ein Herz gewartet, das schwierig zu finden war, weil sie die seltene Blutgruppe 0 hatte.

Die Fernseh-Serie gipfelte in einem Beitrag, in dem erwartungsfroh verkündet wurde, ein Herz sei gefunden, die Operation stehe nun bevor.
Patientin stirbt nach Operation
Die Operation am Zürcher Unispital endete aber in einem Fiasko: Der Patientin wurde ein Herz mit der falschen Blutgruppe eingesetzt, sie starb kurz darauf.

Zuerst sprach das Krankenhaus von einem tragischen Fehler: Die Blutgruppen seien verwechselt worden, so die offizielle Erklärung.
Falsches Herz transplantiert
Laut aktuellen Medienrecherchen sollen die Ärzte die Entscheidung, Voser ein "falsches" Herz zu transplantieren, aber bewusst getroffen haben.

In der Hoffnung, eine "medizinische Heldentat" zu vollbringen, habe man das Unmögliche probiert und ein Herz mit einer anderen Blutgruppe transplantiert, heißt es in der "Neuen Zürcher Zeitung".

Gestützt wird diese Darstellung durch ein rechtsmedizinisches Gutachten sowie Vernehmungsprotokolle.
->   Neue Zürcher Zeitung
Welle der Entrüstung
Die Empörung in der Schweiz ist groß. Alle Parteien kritisieren die Behörden, insbesondere die "inakzeptable Kommunikation" und "die schleppenden Ermittlungen" der Zürcher Staatsanwaltschaft.

Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen die Strafuntersuchung von fahrlässiger Tötung auf "eventualvorsätzliche Tötung" ausgeweitet. Außerdem soll ein größerer Kreis von Personen neu in das Strafverfahren einbezogen werden.
Herzoperations-Moratorium an Unispital
Als Reaktion auf die Enthüllungen werden am Zürcher Unispital vorläufig keine Herztransplantationen mehr durchgeführt.

Wegen des Drucks auf Ärzte und Personal seien Herztransplantationen am Zürcher Universitätsspital (USZ) im Moment "zu riskant", erklärte Marianne Delfosse, Mediensprecherin der Zürcher Gesundheitsdirektion.

Die Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie wolle aber möglichst rasch zur Tagesordnung übergehen.
Zwei Ärzte sind derzeit suspendiert
Das Moratorium soll so lange dauern, bis Ärzte und Personal im Rahmen der ausgeweiteten Strafuntersuchung erneut befragt werden.

Zwei Ärzte des Transplantationsteams seien suspendiert worden, bestätigte Delfosse entsprechende Medienberichte vom Wochenende.

[science.ORF.at/sda, 21.6.05]
->   Zürcher Unispital
 
 
 
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01.01.2010