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Zellalter mit Radiokarbon-Methode bestimmt  
  Bisher wurde die "Radiokarbon-Methode" auf dem Gebiet der Archäologie angewendet, um das Alter von Fossilien zu bestimmen. Forscher haben die Technik nun erstmals zur Altersbestimmung von Zellen herangezogen.  
So konnten sie bestätigen, dass Hirnzellen länger leben als die meisten anderen. Jonas Frisen vom Karolinska Institut in Stockholm und seit Team berichten davon in der aktuellen Ausgabe von "Cell".
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Die Studie "Retrospective Birth Dating of Cells in Humans" von Kirsty L. Spalding, Karolinska Institut, Stockholm wurde am 15.07.2005 im Journal "Cell" (Bd.122, Seite 133) veröffentlicht.
->   Abstract in "Cell"
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C14-Methode zur Altersbestimmung
Mittels der Radiokarbon-Methode wird das Verhältnis vom radioaktiven Kohlenstoff-Isotop C14, das etwa in der Atmosphäre und in Nahrungsmitteln natürlich vorkommt, zu normalem Kohlenstoff innerhalb eines Organismus bestimmt.

Während ein Organismus lebt, isst und atmet, gleicht sich das Verhältnis von radioaktivem zu normalem Kohlenstoff an das der Umwelt an. Stirbt das Lebewesen, zerfällt der radioaktive Kohlenstoff und das Verhältnis ändert sich.
Nuklearwaffen-Tests helfen bei Zuordnung
Der radioaktive Kohlenstoff zerfällt relativ langsam, alle 6.000 Jahre um die Hälfte. Daher ist es sehr schwierig, die Änderung des Verhältnisses von normalem zu radioaktivem Kohlenstoff in einem Zeitraum von wenigen Jahren zu bestimmen.

Deshalb zogen die schwedischen Forscher Atombomben-Tests für ihre Untersuchungen heran. Bis oberirdische Sprengungen 1963 gestoppt wurden, hatte sich die Menge an C14 innerhalb der Atmosphäre verdoppelt, erklärt Jonas Frisen.
DNA zur Messung herangezogen
Seit dem Stopp hat sich der angehäufte radioaktive Kohlenstoff alle elf Jahre wieder halbiert. Wenn man diese Werte für die Untersuchungen verwendet, kann man Änderungen der C14-Menge im Erbgut nachweisen.

DNA wirkt wie eine "Zeitkapsel" für Kohlenstoff. Die Menge an C14 verändert sich durch eine Zellteilung nicht, so Jonas Frisen.
Zellen der Sehrinde nicht regenerationsfähig
Die Experten maßen die C14-Menge in Gewebeproben von einem dutzend Verstorbener, von denen die Hälfte nach 1963 geboren wurde. So konnten sie das Alter verschiedener Zellen auf zwei Jahre genau bestimmen.

Dabei fanden die Forscher heraus, dass Zellen aus dem visuellen Kortex, dem Bereich des Gehirns, der für das Sehen verantwortlich ist, das gleiche Alter aufwiesen, wie der Organismus selbst.

Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass die Zellen der Sehrinde keine Regenerationsfähigkeit besitzen.
Genaue Erkenntnisse über Hirnzellen
Jonas Frisen glaubt, dass Grund für die lange Lebensfähigkeit der Sehrinden-Zellen darin liegen könnte, dass sie in stabiler Weise miteinander verbunden sein müssen.

Somit könnten Antworten dafür gefunden werden, wie starr oder wie flexibel sich unser Gehirn auf zellulärer Ebene verhält, erklärt Jeffrey Macklis von der Harvard Medical School im Online-Dienst von "Nature".
Darm- und Muskelzellen viel kurzlebiger
Weiter Ergebnisse der Forscher zeigen, dass andere Gehirnzellen weit kurzlebiger sind. Zellen im Bereich des Darms sind bei 30-jährigen ungefähr zehn Jahre alt, Muskelzellen ein wenig älter.

Von Zellen, die großem physischen Stress ausgesetzt sind, wie zum Beispiel rote Blutkörperchen, weiß man, dass sie nur wenige Monate überleben.

Die Zellalter-Bestimmung mit der Radiokarbonmethode könnte helfen, die Rolle des Zelltodes bei kognitiven Störungen zu erklären. Eine nicht ordnungsgemäße Regeneration bestimmter Hirnzellen sei auch für Depressionen verantwortlich, merken die Forscher an.

[science.ORF.at, 15.7.05]
->   Karolinska Institut
->   Mehr zur Radiokarbonmethode (Wikipedia)
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Zellalterung hängt zum großen Teil von Zufällen ab (24.10.02)
 
 
 
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01.01.2010