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Christliche Katakomben vom Judentum inspiriert  
  Die christliche Praxis im Alten Rom, Tote in Katakomben beizusetzen, könnte von jüdischen Bräuchen inspiriert worden sein. Wissenschaftler der Universität Utrecht haben bei Untersuchungen der jüdischen Katakomben unter der Villa Torlonia in Rom festgestellt, dass diese wahrscheinlich 100 Jahre älter sind als die berühmten christlichen Katakomben an der Via Appia.  
Die Forscher haben zur Altersbestimmung organisches Material aus der Villa Torlonia gesammelt und mittels der so genannten Radiokarbon-Methode analysiert.
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Der Beitrag "Jewish inspiration of Christian catacombs" von Leonard V. Rutgers und Kollegen ist am 21. Juli 2005 in der Rubrik "Brief Communications" erschienen (S. 339, doi:10.1038/436339a).
->   Nature
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Material aus Grabeinbuchtungen analysiert
Um das Alter feststellen zu können, sammelten die Wissenschaftler organisches Material aus den Grabeinbuchtungen der Katakomben. Jedes Grab war durch eine Mauer aus Schutt und Steinen abgeschlossen und mit einer Kalkschicht versiegelt.

In der Kalkschicht wurden Teile von Holzkohle gefunden, die zur C14-Analyse verwendet werden konnten. Insgesamt analysierten die Forscher 15 Proben von allen Teilen der weitläufigen Katakomben.
Jüdischen Anlagen früher in Betrieb genommen
Den Ergebnissen zufolge wurden die tiefer gelegenen, jüdischen Anlagen wahrscheinlich im 2. Jahrhundert n. Chr. in Gebrauch genommen, während die höher gelegenen, christlichen Katakomben zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert n. Chr. entstanden sind.
Interaktion zwischen Christen und Juden
"Da sich das römische Christentum aus dem Judentum entwickelt hat und Juden und Christen bis in die Spätantike stark interagierten, ist es möglich, dass die christlichen Beisetzungs-Praktiken von den jüdischen beeinflusst wurden", heißt es in dem Bericht.
Christlicher Bauleiter stammte aus jüdischem Viertel
Diese guten Beziehungen könnten der eine Grund für die äußerlichen Ähnlichkeiten zwischen den ältesten unterirdischen Friedhöfen der Christen und der Villa Torlonia sein. Der andere könnte an der Person des Bauleiters festgemacht werden: Callixtus, der den Ausbau der christlichen Katakomben beaufsichtigte, stammte selbst aus dem jüdischen Viertel.

Unter Rom liegen bis heute rund 60 christliche Katakomben und zwei jüdische, deren Alter bisher nicht sicher datiert werden konnte.
Katakomben erst seit vier Jahren wieder zugänglich
Die Katakomben unter der Villa Torlonia waren Anfang des 20. Jahrhunderts zugemauert worden, nachdem Benito Mussolini den Park 1925 zu seiner römischen Privatresidenz gemacht hatte.

Erst vor vier Jahren hatte die Stadt Rom beschlossen, sie zu restaurieren und wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Im Inneren befinden sich auch wertvolle Fresken, auf denen typisch jüdische Objekte dargestellt werden, wie zum Beispiel der siebenarmige Kerzenhalter.

[science.ORF.at/APA/dpa, 20.7.05]
->   Universität Utrecht
->   Mehr über die Katakomben in Rom in Wikipedia.de
->   Mehr über die Villa Torlonia
 
 
 
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01.01.2010