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BSE: Zusätzliche Entzündungen entscheidend  
  Bei der Verbreitung von Rinderwahnsinn (BSE) und verwandten Prionen-Erkrankungen könnte das Auftreten von zusätzlichen Krankheiten - vor allem entzündliche Prozesse - eine entscheidende Rolle spielen.  
Das berichtete Adriano Aguzzi von der Universität Zürich bei einem noch bis Dienstag in Wien stattfindenden Symposion zum Thema BSE.
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Die Tagung wird von der Vereinigung Deutscher Naturforscher Leopoldina und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (VUW) organisiert.
->   Programm der Tagung (pdf-Datei)
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Prionen folgen im Körper klaren Wegen
Aguzzi untersucht seit Jahren die Wege, wie sich die krank machenden Eiweißstoffe (Prionen, PrPSc) im Körper ausbreiten. Fraglich war vor allem, wie die Prionen offenbar zahlreiche Hindernisse wie die Blut-Hirn-Schranke überwinden und ins Zentrale Nervensystem - Hirn und Rückenmark - gelangen.

Mittlerweile ist klar, dass die Prionen dabei keineswegs diffus im Körper unterwegs sind, sondern ganz klar definierten Wegen folgen. Das gibt den Forschern auch Hoffnung, in absehbarer Zeit Medikamente zur Behandlung oder Prophylaxe entwickeln zu können.
Mittels B-Lymphozyten "unterwegs"
Die Wissenschaftler haben auch herausgefunden, dass die Prionen mittels bestimmter Zellen des Immunsystems im Körper unterwegs sind und sich darin auch vermehren.

Ohne B-Lymphozyten gibt es keine Infektion mit Prionen-Erkrankungen, das wurde in Experimenten an gentechnisch veränderten Mäusen festgestellt.
Prionen auch in entzündeten Organen
Die enge Verknüpfung mit dem Immunsystem bringt aber auch andere, für den Konsumenten beunruhigende Details.

So zeigte sich ebenfalls in Tierversuchen, dass bei mit Prionen infizierten Mäusen, die zusätzlich an entzündlichen Prozessen oder Erkrankungen litten, auch in den betroffenen Organen PrPSc nachzuweisen sind.

Aguzzi drückte es drastisch aus: "Von einer mit BSE infizierten Maus, die zusätzlich eine Leberentzündung hat, würde ich keine Leber essen." Derzeit untersuchen die Wissenschaftler, ob die Zusammenhänge auch für Nutztiere gelten. "Es sieht ganz danach aus", so der Forscher.
BSE-Fälle in Europa
 
Grafik: APA, Quelle: EU-Kommission/BMGF

Seit Ausbruch der Rinderseuche bis Ende Mai 2005
Entwicklung in Europa insgesamt
 
Grafik: APA, Quelle: EU-Kommission/BMGF

Rolle für Übertragung ...
Aguzzi ist überzeugt, dass entzündliche Erkrankungen, wie etwa an Leber, Nieren oder Muskeln, auch bei der Verbreitung von Prionen-Krankheiten in Tierherden eine entscheidende Rolle spielen.

So gibt es sogar Hinweise, dass der Harn von Tieren mit Nierenentzündungen, Prionen enthalten kann - sofern das Tier auch mit Prionen infiziert ist. Inwieweit über diesen Weg auch BSE oder Scrapie an Schafen übertragen werden, ist allerdings noch nicht endgültig geklärt.
... derzeit noch ungeklärt
Die neuen Erkenntnisse würden auch erklären, warum die Übertragungswege von BSE und ähnlichen Krankheiten von verschiedenen Forschergruppen bisher unterschiedlich beurteilt werden.

Ist beispielsweise eine Kuh an BSE erkrankt und ansonsten gesund, finden sich die Prionen im Kadaver praktisch nur in Gehirn und Rückenmark.

Sind aber zufällig auch andere Krankheiten im Spiel, sieht die Sache ganz anders aus. Praktisch überall, wo sich Entzündungen bilden, könnten auch die Prionen vorhanden sein.

[science.ORF.at/APA, 25.7.05]
->   Adriano Aguzzi, Universität Zürich
->   BSE-Ratgeber
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema BSE
 
 
 
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01.01.2010