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Maus-Brustkrebsvirus infiziert auch Menschen  
  Wissenschaftler des Christian-Doppler-Labors für gentherapeutische Vektorentwicklung konnten nachweisen, dass ein Virus, das bei Mäusen Brustkrebs auslöst, auch menschliche Zellen infizieren kann.  
Die Tatsache, dass das Mouse Mammary Tumor Virus/MMTV auch menschliche Zellen infizieren kann, lasse aber noch nicht den Schluss zu, dass es auch an der Entstehung von menschlichem Brustkrebs beteiligt ist, heißt es am Dienstag in einer Aussendung des von Walter Günzburg geleiteten CD-Labors an der Veterinärmedizinschen Universität Wien.
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Die Studie "Mouse Mammary Tumor Virus Infects Human Cells" von Stanislav Indik und Kollegen ist am 1. August 2005 im Fachjournal "Cancer Research" erschienen (Band 65, S. 6651-6659).
->   Zum Original-Abstract
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Lange gehegte Vermutung
Schon seit den siebziger Jahren wird spekuliert, ob MMT-Viren auch an der Entstehung von menschlichem Brustkrebs mitwirken. Der Verdacht lag nahe, weil in 37 bis 43 Prozent aller untersuchten menschlichen Brusttumorgewebe MMTV-Gensequenzen nachgewiesen wurden.

Normales Brustgewebe ist dagegen frei von solchen Virussequenzen. Dagegen kamen andere Studien zu dem Schluss, dass MMTV nicht den passenden "Schlüssel" für die Infizierung von menschlichen Zellen habe.
->   Wiener Forscher entdeckten Viren in Brustkrebsgewebe (20.6.05)
Menschliche Zellen mit MMT-Viren infiziert
Die Forscher des CD-Labors sind in dieser Frage einen wichtigen Schritt weitergekommen: "MMT-Viren können menschliche Zellen effektiv infizieren", so Stanislav Indik, der die Entdeckung machte.

Die Wissenschaftler haben rekombinante MMT-Viren mit eingebautem Fluoreszenz-Gen entwickelt, mit denen sie menschliche Zellen verschiedenster Herkunft, z.B. Brust- oder Gebärmutterhalsgewebe, im Labor infiziert haben.
Viren griffen auf weitere Zellen über
Die Viren vermehrten sich und infizierten auch weitere Zellen. Die Effizienz war - im besten Fall - vergleichbar mit jener, die bei der Infizierung von Mäuse-Zellen erzielt wird, im schlechtesten Fall nur zehn Mal niedriger.

Für eine erfolgreiche Infizierung muss das MMT-Virus eine intakte Hülle aufweisen. Verhindert werden kann das Eindringen des Virus durch Hitzevorbehandlung bzw. durch spezifische neutralisierende Antikörper.
Rolle von MMT-Virus noch nicht restlos geklärt
Die Entdeckung dürfte die Diskussion um die Beteiligung von MMTV an der Entstehung von Brustkrebs beim Menschen wieder angeheizen. Francoise Rouault, Leiterin der MMTV-Gruppe am CD-Labor:

"Das MMTV kann ein unauffälliger Passagier in der menschlichen DNA sein, aber möglicherweise auch einer der Gründe für die Entstehung von Brustkrebs. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich dazwischen."
Viren schädigen Immunsystem
Noch sei jedenfalls nicht bewiesen, dass MMT-Viren wirklich an der Entwicklung von menschlichem Brustkrebs beteiligt sind. Sicher weiß man hingegen, dass MMT-Viren im Immunsystem des Wirtes "große Löcher" verursachen, welche die Fähigkeit des Immunsystems, Krebszellen zu erkennen und abzuwehren, verringern könnten.
Diagnose-Verfahren oder Behandlung von Brustkrebs
Sollte tatsächlich nachgewiesen werden, dass diese Viren auch beim Menschen Brustkrebs auslösen können, wäre das für die Entwicklung von Diagnose-Verfahren und künftigen Therapien enorm bedeutend, betont Günzburg.

Darüber hinaus könnten die MMT-Viren in der Gentherapie als Genfähren, sogenannte Vektoren, eingesetzt werden, die therapeutische Gene z.B. in menschliches Brustgewebe bringen. Damit könnten die Viren - auch wenn sie nicht an der Entstehung von Brustkrebs beteiligt sind - zumindest eine wichtige Rolle in dessen Behandlung spielen.

[science.ORF.at/APA, 2.8.05]
->   Veterinärmedizinsche Universität Wien
->   Mehr über Brustkrebs im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010