News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Wasserselbstversorger: Glashaus für Trockengebiete  
  Während Spanien unter der schlimmsten Dürre seit 60 Jahren leidet, arbeiten Forscher an einem Projekt, das der Hitze trotzen soll: ein Gewächshaus für Trockengebiete, das fast ohne Wasserzufuhr auskommt.  
Der Clou: Gerade die extreme Hitze führt dazu, dass der Kondensationskreislauf in dem fast komplett abgeschlossenen Haus im spanischen Almeria auf Hochtouren läuft.

"Wir sind von der Serienreife zwar noch ein Stück entfernt, aber die ersten Ergebnisse sprechen für sich", sagt Patrick Jochum vom Fachbereich Gebäudetechnik und Entwerfen der Technischen Universität (TU) Berlin.
Beinahe ein Perpetuum mobile
Bild: www.watergy.de
Das neuartige Gewächshaus, in dessen Prototyp derzeit bei 41 Grad sattgrüne Okra-Schoten wachsen, funktioniert fast wie ein energietechnisches Perpetuum mobile: Das von den Pflanzen verdunstete Wasser steigt mit der erwärmten Luft an den halbrunden Wänden entlang nach oben und wird durch Kondensation in einem wassergekühlten Schacht zurück gewonnen - neben der auf diese Weise angenehm gekühlten Luft.

"So wird der Wasserverbrauch in dem ohnehin schon Wasser sparenden Gewächshausanbau nochmals um zwei Drittel verringert", berichten Energietechnikplaner Jochum, Landschaftsarchitekt Martin Buchholz und Architekt Michael Kraus.
Keine Insektizide nötig
Bild: www.watergy.de
"Und ganz nebenbei produzieren wir quasi ungewollt auch Bio-Gemüse", sagt Jochum. Denn Insektizide sind in dem abgeschlossenen System überflüssig: "Die Pflanzen sind außerordentlich gesund." Auch die Düngung mit Kohlendioxid funktioniere verlustfrei, berichtet Jochum.

Im nächsten Schritt soll das Gebäude total versiegelt werden und ganz ohne Wasser von außen auskommen. Die am Tag im Übermaß vorhandene Wärme wird nachts in Wassertanks gespeichert - und sorgt in den kühleren Nachtstunden für gleich bleibende Temperaturen. "Wir brauchen nur noch eine kleine 300-Watt-Pumpe für das Umwälzen des Kühlwassers", sagt Jochum.
Selbst Meerwasser wäre einsetzbar
Und auch noch mehr Wasserersparnis haben die Berliner im Blick: Anstelle von Trinkwasser wird künftig so genanntes Grauwasser von Duschen oder Waschmaschinen eingesetzt.

"Der Verdunstungs- und anschließende Kondensationsvorgang funktioniert nämlich wie eine Kläranlage", erläutert Jochum.

Und füge man oberhalb der Pflanzen noch eine zweite Etage ein, dann könnten die Verdunstungselemente im Dach des Gewächshauses sogar Meerwasser entsalzen.
Ein Traum rückt näher
Der Traum der Berliner TU-Forscher ist somit in greifbare Nähe gerückt: Eine Gewächshausgeneration, die Lebensmittel und Nutzwasser in Trockengebieten produziert.

"Und im Gegensatz zu den Meerwasserentsalzungsanlagen, die in der Region Almeria geplant sind, kann diese Technologie sogar fast ohne fossile Energieträger auskommen."
Wasser noch immer "zu billig"
In modifizierter Form ist das Verfahren auch für mittel- oder nordeuropäische Klimaverhältnisse anwendbar: Dann arbeiten die Systeme in Saison-Zyklen statt im Tag-Nacht-Rhythmus.

Aller Ressourcenersparnis zum Trotz hat es die Idee der Berliner Forscher aus wirtschaftlichen Gründen in Spanien derzeit noch schwer. "Der Preis für Wasser ist dort nach wie vor konkurrenzlos niedrig - selbst wenn es aus maroden Leitungen schlicht im Boden versickert", erläutert Jochum. Doch möglicherweise sehen die Verantwortlichen dies nach der extremen Dürre dieses Sommers anders.

Andrea Barthelemy, dpa, 4.8.05
->   Das Gewächshausprojekt
->   TU Berlin
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010