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Kälteeinbruch machte Neandertalern zu schaffen  
  Ehe die Neandertaler ausstarben, lebten sie Tausende Jahre neben dem modernen Menschen - ein Grund für das Aussterben unserer Vorfahren dürfte eine schlechtere Anpassung an kälteres Klima gewesen sein.  
"Moderne Menschen konnten dank Kultur und Technik besser mit Kälte umgehen, etwa mit besserer Kleidung, besserem Umgang mit Feuer und wohl auch besseren Unterkünften", sagte Vorgeschichtsexperte Paul Mellars von der britischen Universität Cambridge.

"Die Ausrottung der Neandertaler ist teils der Klimaverschlechterung geschuldet - aber vor allem, denke ich, dem Wettbewerb um Territorien, Feuerholz und Tierpopulationen in einer Zeit extremer Kälte und knapper Ressourcen."
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Die Studie "Radiocarbon dating of interstratified Neanderthal and early modern human occupations at the Chatelperronian type-site" ist als Online-Vorabpublikation in "Nature" (doi: 10.1038/nature04006; 1.9.05) erschienen.
->   Abstract in "Nature"
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Nach Kälteeinbruch kamen die Menschen ...
Mellars und Kollegen untersuchten das Alter von Neandertaler- und Menschenknochenfunden aus der Feen-Grotte im zentralfranzösischen Chatelperron mit Hilfe von Radiokarbon-Analysen.

Die Höhle wurde vor etwa 40.000 bis 38.000 Jahren zunächst von Neandertalern (Homo neanderthalensis) bewohnt. Damals war das Klima - für die Verhältnisse der letzten Eiszeit - relativ mild.

Nach einem plötzlichen, nachhaltigen Kälteeinbruch mit um acht Grad Celsius sinkenden Temperaturen bevölkerten erste moderne Menschen (Homo sapiens) etwa tausend bis 1.500 Jahre lang die Grotte. Sie kamen offenbar vom Norden und auf der Suche nach wärmeren Gefilden.
... danach wieder die Neandertaler
Wie die Wissenschaftler nachweisen konnten, zogen die Menschen vor rund 36.500 Jahren wieder aus, als sich das Klima leicht erwärmte. Neandertaler quartierten sich erneut in der Grotte ein und lebten dort bis vor etwa 35.000 Jahren. Danach fand sich kein Lebenszeichen mehr von ihnen.
Erster Beweis für Koexistenz in Frankreich
"Dies ist der erste kategorische Beweis, dass Neandertaler und moderne Menschen sich in Frankreich mehr als tausend Jahr lang überlappten", sagte Mellars.

Dagegen gebe es keine Beweise für die immer wieder aufgeworfene Theorie, dass Neandertaler und moderne Menschen sich kulturell austauschten oder gar untereinander paarten. Auch an heutigen Menschen seien keinerlei Spuren von Neandertaler-Erbgut entdeckt worden.
Widerständig vs. anpassungsfähig
Das Aussterben der Neandertaler gilt seit Jahrzehnten als eines der großen Rätsel der Wissenschaft. Die nach ihrem ersten Fundort in der Nähe von Düsseldorf benannten Neandertaler lebten etwa vor 130.000 bis 30.000 Jahren.

Sie waren kräftiger gebaut als die modernen Menschen und von Natur aus besser auf das Leben in Kälte ausgerichtet.

Die schlankeren modernen Menschen konnten Wärme zwar nicht so gut speichern, waren dafür aber deutlich anpassungsfähiger. So eroberten sie von Ostafrika aus immer neue Lebensräume.

[science.ORF.at/APA/AFP, 1.9.05]
->   Homepage Paul Mellars (Cambridge)
Mehr zu dem Thema:
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->   Neandertaler mischten sich nicht mit Menschen (13.5.03)
->   science.ORF.at-Archiv zu Neandertalern
 
 
 
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01.01.2010