News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Herzkrankheiten: Gender-Unterschiede ignoriert  
  Herzerkrankungen sind für mehr als 55 Prozent aller weiblichen Todesfälle verantwortlich - weit mehr als alle Krebsformen in Summe. Trotzdem wird der "Ladykiller Herzinfarkt" immer noch zu leicht genommen.  
Und zwar von den Betroffenen selbst ebenso wie von ihren Behandlern, außerdem werden Frauen in vielen Bereichen in der Therapie benachteiligt, wie eine Reihe von aktuellen Studien zeigt, die derzeit beim Europäischer Herzkongress in Stockholm präsentiert werden.
Mitralklappeninsuffizienz als Beispiel
Geschlechtsspezifischen Unterschieden bei der Behandlung der so genannten Mitralklappeninsuffizienz ging eine französische Forschergruppe um Bernard Lung nach.

Bei dieser Form der Herzklappenschädigung kommt es zu Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzversagen, sie wird vor allem durch das Einsetzen einer Klappenprothese behandelt.
Unterschiedliche Behandlung nachgewiesen
"Wir konnten hier deutliche Unterschiede in der Behandlung von Männern und Frauen nachweisen", fasste Lung die Ergebnisse seiner Untersuchung zusammen.

"Frauen werden deutlich später zu Spezialisten überwiesen als Männer, auch bei gleichen klinischen Befunden. Wenn sie trotz Diagnose noch kaum Symptome zeigen, werden Frauen weniger häufig operiert als Männer", fügte er hinzu.
...
Höhere Sterblichkeitsrate
Während 53 Prozent der untersuchten Männer eine Klappenoperation erhielten, lag der Anteil bei den Frauen nur bei 37 Prozent. Darüber hinaus lag auch die Mortalitätsrate bei Frauen mit 6,6 Prozent in Zeitraum von drei Tagen nach der Operation deutlich höher als bei Männern (2,2 Prozent).
...
Aortenstenose: Frauen später zur Therapie
Interessante Ergebnisse brachte auch eine Untersuchung von Bernard Lung in Sachen Aortenstenose, also einer angeborenen oder erworbenen Verengung der Aortaklappe.

"Frauen mit schwerer Aortenstenose kommen in einem höheren Alter und mit schwereren Symptomen als Männer zur Therapie", so der französische Forscher. Allerdings habe er bei dieser Erkrankung keine Geschlechterunterschiede feststellen können, was die Häufigkeit von und Entscheidung zu Operationen betrifft.
Frauen kommen später ins Spital
"Nur 24,4 Prozent der Patienten, bei denen akute Wiederbelebungsmaßnahmen bei einem Herzinfarkt erfolgreich sind, sind weiblich", berichtete auf dem ESC die deutsche Herzspezialistin Birgit Frilling (Ludwigshafen).

"Frauen werden auch später ins Spital gebracht. Während es bei Frauen vom Anfall bis zur Einlieferung durchschnittlich 90 Minuten dauert, liegt diese Zeitspanne bei Männern durchschnittlich bei 76 Minuten."
Blutgerinnsel werden seltener aufgelöst
Außerdem, so Frilling, würde bei Frauen auch weniger oft eine Lysetherapie durchgeführt, eine medikamentöse Auflösung von Blutgerinnseln.

All das hat Auswirkungen auf die Überlebenschancen, so die Expertin: "Die Sterblichkeit nach Spitalseinlieferung ist bei Frauen ein Drittel höher als bei Männern. Hier gibt es also bei der Behandlung von akutem Herzinfarkt noch viel Verbesserungsbedarf."

[science.ORF.at/APA, 5.9.05]
->   Weitere Informationen zu den Themen des Europäischen Herzkongresses
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010