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US-Museen: Handbuch gegen Darwin-Gegner  
  Kreationisten glauben, dass die Erde etwa sechstausend Jahre alt ist und die ersten Menschen Seite an Seite mit Tyrannosaurus Rex einherschritten. In Europa mögen sie belächelt werden, doch in den USA sind sie so sehr im Kommen, dass sich Naturkundemuseen schon von ihnen bedroht fühlen.  
Der Paläontologe Warren D. Allmon, Direktor des Museum of the Earth im Staat New York, hat nun ein Handbuch veröffentlicht, das Wissenschaftler und Museumsmitarbeiter auf Auseinandersetzungen mit den Darwin-Gegnern vorbereiten soll.

Denn es kommt zunehmend vor, dass die Kreationisten gezielt Museen aufsuchen, um dort etwa dagegen zu wettern, dass das Alter eines Dinosaurierskeletts mit mehreren Millionen Jahren angegeben wird.
"Einige wirklich aggressiv"
"Einige dieser Leute sind wirklich aggressiv", sagt Allmon im dpa- Gespräch. Aus eigener Erfahrung weiß er, wie unangenehm eine solche Begegnung werden kann:

"Die wollen sich irgendwie ihre Sporen verdienen und treten dann entsprechend auf. Ich fand das wirklich entsetzlich. Dabei geht's bei uns eigentlich noch, wir haben hier in New York nicht so viele Kreationisten wie in Texas oder anderen Staaten des Bibelgürtels. Viele andere Museen haben noch weit größere Probleme." Dabei habe sich gezeigt, dass es von Vorteil sei, sich zu wappnen.
Kein Zweifel an Evolution
Sein im Internet abrufbares Handbuch liefert Antworten auf Fragen wie "Ist die Evolution wirklich nur 'eine Theorie'?" oder "Stimmt es, dass es viele Beweise gegen die Evolution gibt?"

Die Antwort hierauf: "Nein. Kein ernst zu nehmender Biologe oder Geologe zweifelt heute noch daran, dass die Evolution eine Tatsache ist."
->   Das Handbuch (pdf-Datei)
Wissenschaft, nicht Religion
Auf eine Debatte über Gott und die Welt sollten sich die Museumsmitarbeiter gar nicht erst einlassen, rät Allmon. "Man sollte einfach sagen: 'Hier in diesem Museum geht es um Wissenschaft, nicht um Religion.' Und wenn der Gesprächspartner das dann immer noch nicht akzeptiert, kann man einfach sagen: 'Ich muss mal eben zur Toilette.'"
US-Mehrheit glaubt nicht an Darwin
Das Erschreckende für Allmon ist, dass die Kreationisten landesweit auf dem Vormarsch sind. Nach einer Umfrage des Instituts Gallup sind mittlerweile 54 Prozent der Amerikaner davon überzeugt, dass sich der Mensch nicht aus anderen Arten entwickelt hat.

Diese Mehrheit glaubt, dass Charles Darwin (1809-1882) schlicht Unrecht hatte. Und das, obwohl etwa die katholische Kirche die Evolutionstheorie durchaus anerkennt: Sie sieht im biblischen Schöpfungsbericht nur ein literarisches Bild dafür, dass das Universum auf Gott zurückgeht.
Für "größere Auswahl" an Theorien
"Die meisten Amerikaner wissen über solche Dinge einfach nichts", sagt Allmon. "Und wenn sie dann von Kreationisten gefragt werden: 'Wollen Sie, dass unsere Schulen nur die Evolutionstheorie lehren oder sind Sie für eine größere Auswahl?', dann entscheiden sich die meisten für die "größere Auswahl". Das ist ihnen als Verbrauchern ein Begriff."

Das aggressive Vorgehen der Kreationisten habe inzwischen dazu geführt, dass die meisten Biologielehrer die Evolutionstheorie gar nicht mehr ansprächen - um Ärger zu vermeiden.
Klima wird sich weiter verschärfen
"Wir Wissenschaftler sind erst noch dabei, herauszufinden, wie wir am besten darauf reagieren", sagt Allmon. "Wir sind alle schockiert über die Entwicklung, aber die meisten Wissenschaftler finden es immer noch nicht richtig, deshalb an die Presse zu gehen. Ich glaube aber, dass sich das in nächster Zeit ändern wird - vor allem falls sich das Klima in den USA noch weiter verschärfen sollte."

Christoph Driessen, dpa, 12.10.05
->   Museum of the Earth
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01.01.2010