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Medien: "Selbstheilung" eines HIV-infizierten Briten  
  Ein junger Brite hat nach Medienberichten 14 Monate nach einem positiven AIDS-Test keine HI-Viren mehr in seinem Blut. Sein Immunsystem hat den Erreger der Immunschwäche vermutlich selbsttätig zerstört.  
Der 25-jährige Andrew Stimpson habe keine Medikamente genommen, berichteten zwei britische Sonntagszeitungen übereinstimmend.
"Sehr, sehr ungewöhnlich"
Mediziner erhoffen sich von diesem Fall wichtige Erkenntnisse im Kampf gegen die Krankheit. AIDS-Experte Patrick Dixon von der internationalen Anti-AIDS-Organisation Acet nannte den Fall "sehr, sehr ungewöhnlich".

Es sei das erste Mal, das ein solcher Fall von "Selbstheilung" ordentlich dokumentiert sei, sagte er dem Sender BBC. Der Fall sei sehr wichtig, da in Stimpsons Immunsystem möglicherweise der Schlüssel zur Entwicklung eines Impfstoffes liege.
Nach 14 Monaten kein HI-Virus mehr
Andrew Stimpson aus London war im August 2002 HIV-positiv getestet worden, nachdem er wegen Schlappheit und Unwohlseins einen Arzt aufgesucht hatte, wie die "News of the World" und die "Mail on Sunday" berichteten.

Da Stimpson zunächst wenige AIDS-Erreger im Blut hatte, musste er keine Medikamente nehmen. Als es mit seiner Gesundheit und Fitness nach oben ging, ließ er sich im Oktober 2003 erneut testen.

Das Ergebnis: Der HI-Virus konnte nicht mehr nachgewiesen werden. "Das ist unglaublich, es ist ein Wunder. Ich denke, ich bin einer der glücklichsten Menschen der Welt", sagte der 25-Jährige.
Will mit Medizin zusammenarbeiten
Der Londoner erklärte, er habe die Gesundheitsdienste zunächst auf Schadenersatz verklagen wollen. Doch eine Untersuchung habe Fehler bei den Tests ausgeschlossen.

Nun wolle er eng mit den Medizinern zusammenarbeiten, um anderen HIV-positiven Menschen und AIDS-Kranken möglicherweise helfen zu können.

"Es ist mir wichtig, bei der Forschung zu helfen, weil es ein großer Schritt hin zu einem Heilmittel für jeden sein könnte."
Gründliche Untersuchungen nötig
AIDS-Experten sagten, es habe bereits Gerüchte und Erzählungen über ähnliche Fälle in Afrika gegeben. Dafür fehlten aber stets die Beweise.

"Wenn Andrew wirklich von dem Virus befreit wurde, dann muss das gründlich untersucht werden, um zu sehen, ob man diesen Vorgang irgendwie reproduzieren kann", sagte Lisa Power von der AIDS- Hilfsorganisation Terence Higgins Trust.
Skeptische Experten
In ersten Reaktionen zeigen sich deutsche Experten skeptisch. "Es hat immer wieder mal einzelne Berichte über Spontanheilungen gegeben, die allerdings schlecht belegt waren", sagte der AIDS-Experte des Robert Koch-Instituts (RKI), Ulrich Marcus, am Montag in Berlin.

Auch in diesem Fall seien, obwohl er offensichtlich zuverlässiger dokumentiert sei, bisher zu wenig Details bekannt.
Theoretische Möglichkeiten
"Es gibt jedoch theoretisch die Möglichkeit, dass das Immunsystem dieses Menschen es geschafft hat, das Virus aus dem Körper zu kriegen. Zum einen, weil es dazu durch bestimmte genetische Variationen begünstigt sein könnte, zum anderen, weil möglicherweise das HI-Virus selbst einen genetischen Defekt hatte", erläuterte Marcus.

Darüber hinaus sei die Frage, durch welche Methode das Verschwinden der HI-Viren in dem britischen Fall untersucht wurde, unklar. Der AIDS-Erreger kann weiterhin unerkannt in Körperzellen schlummern, auch wenn im Blut keine Antikörper mehr nachzuweisen sind.
Auch andere Beispiele noch rätselhaft
Aus der besonderen genetischen Ausstattung eines Menschen einen möglichen Ansatzpunkt im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit herauszufiltern, ist ein schwieriges Unterfangen.

So ist auch eine Gruppe afrikanischer Prostituierter, die sich trotz häufiger Exposition nicht mit HIV ansteckten, seit Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen - bislang allerdings ohne großen Erfolg.

[science.ORF.at/dpa, 14.11.05]
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01.01.2010