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Aidsgesellschaft fordert bessere Patienten-Betreuung  
  "Stop AIDS - Keep the Promise" ist das Motto der Welt-AIDS-Kampagne 2005. Von einem "Stopp" der Verbreitung von HIV kann aber keine Rede sein. Das zeigen aktuelle Zahlen der Österreichischen Aidsgesellschaft.  
Neben Afrika bereitet den Experten auch die gesamteuropäische Entwicklung Sorgen: Von den mehr als zwei Millionen Menschen, die in Europa mit dem HI-Virus infiziert sind, leben drei Viertel in Osteuropa. Der Großteil davon ist unter 25 Jahre alt.
Zwischen 6.000 und 15.000 Infizierte in Österreich
Für Österreich gibt es unterschiedliche Expertenschätzungen: sie liegen zwischen 6.000 und 15.000 HIV-Infizierten.

Mitverantwortlich dafür ist, dass HIV oft erst Jahre nach der Infektion diagnostiziert wird, weil sich viele erst nach dem Erstauftreten der Krankheitssymptome HIV-testen lassen.

Mit drastischen Konsequenzen: Denn die Phase der akuten bzw. frühen Infektion ist für rund 50 Prozent der Neuübertragungen verantwortlich.
Akutsymptome werden nicht ernst genommen
Ein weiterer Grund für die hohe Zahl von jahrelang unentdeckten Infektionen ist auch, dass die Akutsymptome unmittelbar nach der Ansteckung oft nicht ernst genommen oder als grippaler Infekt abgetan werden.

"Vor allem heterosexuelle Personen denken oft überhaupt nicht daran, dass sie infiziert sein könnten", sagt Brigitte Schmied vom Otto-Wagner-Spital und zugleich Präsidentin der Österreichischen Aidsgesellschaft.
Bei ersten Symptomen testen lassen
"Beim Auftreten typischer Erstinfektionssymptome wie Lymphknotenschwellung, Fieber, Gelenksschmerzen oder Hautausschlägen nach einer potentiellen Ansteckungssituation wie ungeschütztem Sex, unbedingt testen lassen", rät die Expertin daher.
Bei Speicheltests skeptisch
Die Freigabe von Speichel-Schnelltests, wie sie in vielen Drogerien in den USA schon erhältlich sind, betrachtet die Medizinerin im Gespräch mit Ö1 skeptisch:

"Einerseits sinkt dadurch zwar die Hemmschwelle sich testen zu lassen, andererseits kommt es in solchen Fällen auch zu keinen Beratungsgesprächen. Dadurch könnten sich viele in falscher Sicherheit wiegen."
Reagieren nur auf Antikörper
Denn die Speicheltests sind reine Antikörper-Tests und bis diese nach einer Infektion im Blut aufscheinen, vergeht ein Zeitfenster von bis zu sechs Wochen.

"Es könnte fatal sein, so einen Test vor einem One-Night-Stand zu machen und dann auf ein Kondom zu verzichten", warnt Schmied.
Risiko bei heterosexuellen Kontakten gestiegen
Immer mehr von HIV betroffen sind Frauen: "Ein Drittel der HIV-Infizierten ist mittlerweile weiblich", sagt Schmied.

Die aktuelle "HIV-Kohortenstudie" der österreichischen AIDS-Behandlungszentren hat gezeigt, dass in Österreich das Risiko einer Ansteckung bei heterosexuellen Kontakten stark gestiegen ist.

Etwa 40 Prozent der Neuinfektionen sind derzeit darauf zurückzuführen. 1998 waren es noch 27 Prozent.
Therapieerfolg von Patientenzahl abhängig
Der Bericht zeigt außerdem, dass der Therapieerfolg von HIV-Infizierten maßgeblich von der Anzahl der Patienten abhängt, die der einzelne Arzt zu behandeln hat.

Und gerade hier hätten sich - auch wegen der steigenden Patientenanzahl - die Voraussetzungen in Österreich verschlechtert, sagt Brigitte Schmied.
Ausbau der Betreuung am Land
"Die Situation in Österreich ist doch etwas kritischer als in Deutschland oder anderen Eu-Ländern. In Deutschland kommen etwa auf einen Arzt 15 zu betreuende Patienten, in Österreich zwischen 90 und 120. Das ist ein eklatanter Unterschied," so Schmied im Gespräch im ORF-Radio.

Die Expertin fordert daher einen Ausbau der Betreuungs-Strukturen für HIV-Patienten - vor allem im ländlichen Bereich.

Tanja Malle, Ö1 Wissenschaft, 22.11.05
->   AIDS-Informationsseite der UNO
->   AIDS-Hilfe Wien
->   Österreichische Aidsgesellschaft
 
 
 
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01.01.2010