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Multiple Sklerose: Neuer Prognose-Faktor entdeckt  
  Multiple Sklerose-Patienten mit bestimmten Fettvarianten im Blut zeigen offenbar einen wesentlich aggressiveren Verlauf der Erkrankung. Sie müssten wahrscheinlich möglichst früh und wirksam behandelt werden.  
Diese Entdeckung von Grazer Wissenschaftern könnte in Zukunft zu einer individuell besser abgestimmten Therapie der Multiplen Sklerose (MS) führen. Darauf weisen Studien eines Teams um Christian Enzinger von der Abteilung für Neurologie der Medizinischen Universität Graz hin.
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Enzinger wurde am Mittwoch mit einem Preis der Sanofi-Aventis-Stiftung für eine der besten wissenschaftlichen Studien geehrt. Die Auszeichnungen werden jährlich in Wien, Innsbruck und Graz vergeben und sind mit insgesamt 40.000 Euro dotiert.
->   Sanofi-Aventis
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Individueller Krankheitsverlauf
Rund 8.000 Österreicher leiden an Multipler Sklerose (MS). Die oft schleichend beginnende Erkrankung kann - von Patient zu Patient - einen sehr unterschiedlichen Verlauf haben.

Umso wichtiger wäre das Vorhandensein von Prognosefaktoren, um die Therapie möglichst der zu erwartenden Entwicklung der Krankheit anzupassen.
Schübe oder schleichende Verschlechterung
Bei manchen Patienten beginnt die MS mit Schüben, zwischen denen sich wieder vollständige Erholung einstellt.

Bei anderen Betroffenen hingegen bleiben gewisse neurologische Defizite zurück oder es kommt überhaupt zu einer ständigen, schleichenden Verschlechterung und zu einem vergleichsweise schnellen Fortschreiten von neurologischen Ausfällen.

Wieder andere MS-Patienten zeigen auch über Jahrzehnte einen eher "gutartigen" Verlauf der Krankheit.
Schwere Formen gleich von Beginn an behandeln
Der Grazer Wissenschaftler: "Klar ist, dass man Kranke, bei denen ein schwerer Verlauf zu erwarten ist, möglichst schon nach dem ersten Schub immunmodulatorisch behandeln sollte."

Auf der Suche nach solchen Prognosefaktoren wandten sich Enzinger und seine Co-Autoren dem Apolipoprotein E-epsilon 4 zu (APOE-epsilon 4), einem Eiweißstoff mit möglicherweise zentraler Bedeutung in der Vermittlung von Reparaturvorgängen im Gehirn. Die Wissenschaftler untersuchten deshalb 99 MS-Patienten auf die bei ihnen vorkommenden ApolipoproteinE-Varianten.
Weniger Gehirnvolumen und mehr Krankheitsherde
Enzinger: "Dabei zeigte sich, dass sich bei MS-Patienten mit genetisch bedingter APOE-epsilon4-Variante das Gehirnvolumen jährlich fünf Mal schneller abnahm als bei anderen Patienten."

Gleichzeitig zeigten die Magnetresonanz-Bilder bei diesen Kranken auch signifikant mehr MS-Herde mit fokalem Gewebsuntergang im Gehirn ("Black Holes"), was ebenfalls auf eine höhere Intensität und ein aggressiveres Voranschreiten der Krankheit hin deutete.
Patienten für intensive Therapie herausfiltern
Auf der anderen Seite blieben diese Magnetresonanz-Befunde bei MS-PatientInnen ohne APOE-epsilon4 im Beobachtungszeitraum nahezu unverändert.

Somit könnte also eine Untersuchung auf APOE in Zukunft vielleicht jene MS-Betroffenen herausfiltern helfen, die eine besonders intensive Therapie benötigen - und auch erklären, warum derartige Therapien bei bestimmten Patienten nicht ausreichend wirken.

[science.ORF.at/APA, 23.11.05]
->   Medizinische Universität Graz
->   Mehr über Multiple Sklerose im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010