News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Starke Schmerzmittel in neuen Anwendungsformen  
  In Österreich gibt es rund 320.000 Menschen mit schweren und chronischen Schmerzzuständen. Neue Pflaster, Lutscher und Pumpen ohne Nadelstich sollen jetzt die Situation nachhaltig verbessern.  
Nur rund 120.000 aller Schmerzpatienten in Österreich dürften laut Untersuchungen adäquat behandelt sein.

Um dies zu ändern, wurden die wirkvollsten Analgetika - die Opioide - in neue Anwendungsformen verarbeitet, wie Fachleute am Montag auf einer Pressekonferenz berichteten.
Morphium seit knapp 200 Jahren bekannt
Am vergangenen Wochenende fand das 11. Internationale Wiener Schmerzsymposium mit rund 300 Teilnehmern statt. Auf dem Programm standen die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Schmerzmedizin.

Hans-Georg Kress, Leiter der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin B am Wiener AKH: "1803 hat der Apotheker Sertürner in Deutschland erstmals das Morphium als Einzelsubstanz identifiziert."

Seit damals stünden Morphium und später die so genannten Opoide (synthetisch hergestellt) als hervorragende Analgetika zur Verfügung.
Neue Pflaster für einfachere Dosierung
Nach ersten Applikationsformen mit Fentanyl-Reservoir-Pflastern, welche durch die Abgabe dieses hoch wirksamen synthetischen Opioides über 72 Stunden hinweg durch die Haut wirken, stehen nun weitere Neuerungen ins Haus.

Kress: "Jetzt gibt es so genannte Matrix-Pflaster, bei denen der Wirkstoff direkt in den Klebstoff eingebunden ist. Sie sind wie Infusionen ohne Stich."

Vorteile der neuen Pflaster liegen darin, dass sie kleiner als die alten sind und im Bedarfsfall einfach durch Teilung mit der Schere ganz individuell dosiert werden können.
Fentanyl-Schlecker: Wirkung in fünf bis zehn Minuten
Während die Langzeit-Opioidpflaster vor allem für chronische Schmerzen geeignet sind, wurden gegen akute Schmerzspitzen ebenfalls neue Applikationsformen entwickelt. Der Anästhesist: "Zur Behandlung dieses "Durchbruchschmerzes' gibt es jetzt Fentanyl-Sticks zum Lutschen."

Während bei den am schnellsten wirkenden Morphinen in Tablettenform immer noch 40 bis 50 Minuten bis zum schmerzstillenden Effekt vergehen, sind es beim Lutschen des Sticks nur fünf bis zehn Minuten. Die Wirkung hält 90 Minuten an. Der Patient kann wiederum selbst dosieren.

In zwei bis drei Jahren wird es für diese Anwendungsform auch einen Fentanyl-Nasenspray geben.
Stromimpuls pumpt Wirkstoff in die Haut
Brandneu ist auch eine High-Tech-Lösung für die Behandlung von akuten Schmerzzuständen, zum Beispiel nach Operationen per "Iontophorese": Dabei wird aus einem scheckkarten-großen Pflaster auf Knopfdruck des Patienten über einen Stromimpuls Fentanyl rasch in die Haut abgegeben (bis zu 80 Einzeldosen pro Tag).

Das wirkt wie die herkömmlichen Schmerzpumpen, funktioniert aber ebenfalls ohne Stich und viel einfacher als die mechanischen Pumpen, so die Mediziner.

[science.ORF.at/APA, 27.2.06]
->   Klinik für Allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin der Uni Wien
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Neues Schmerzmittel beruht auf Schneckengift (24.10.05)
->   Hochwirksames Schmerzmittel aus Schlangengift (1.7.04)
->   Schmerztherapie: Neue Arzneimittel im Zweifel (19.5.04)
->   Jeder fünfte leidet unter chronischen Schmerzen (29.9.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010