News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
Journalismus-Studie: Arbeitsdruck nimmt zu  
  Österreichische Printjournalisten fühlen sich immer stärker unter Druck gesetzt - und zwar von der immer schneller werdenden Informationsflut durch Internet, Politik und Wirtschaft.  
Das hat eine Studie der KommAustria und des Kuratoriums für Journalistenausbildung (KfJ) unter 300 Zeitungs- und Zeitschriftenjournalisten ergeben, die Donnerstagabend in Wien präsentiert wurde.
...
Die Ergebnisse der Studie liegen in Buchform vor: Stefan Weber, "So arbeiten Österreichs Journalisten für Zeitungen und Zeitschriften", herausgegeben von Meinrad Rahofer. Salzburg: Schriftenreihe Journalistik des Kuratoriums für Journalistenausbildung, Band 18.
->   Kurzversion (PDF)
...
Handlungsspielraum zusehends eingeschränkt
Die Befragten gaben dabei an, sich immer mehr in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt zu fühlen. Nur 4,7 Prozent sind demnach der Meinung, dass der "Journalismus insgesamt gesehen autonomer geworden ist", 1998 waren es noch 11,5 Prozent.

Druck verspüren die Journalisten dabei von Seiten der Werbewirtschaft (40 Prozent) wie auch von der Politik (rund 32,3 Prozent). Durch die zunehmende Einflussnahme von PR und Werbewirtschaft verwandle sich der redaktionelle Teil immer mehr zum Produktionsfaktor, heißt es in der Studie weiter.

60,8 Prozent der Printjournalisten müssen zumindest manchmal beim Schreiben einer Geschichte darauf Rücksicht nehmen, dass diese mit PR oder einem Inserat in Zusammenhang steht, jeder siebente muss das sogar regelmäßig tun.
Internet und Informationsflut als Stressfaktoren
Auch das Internet macht den Journalisten Stress. Jeder Zweite findet, dass durch E-Mail und Internet sein Arbeitsstress zugenommen hat. Rund 92 Prozent der Printjournalisten klagen über eine Zunahme der Informationsflut und 75 Prozent über wachsenden Zeitdruck.

Gleichzeitig beschäftigen sich Journalisten im Schnitt fast eineinhalb Stunden täglich mit E-Mail-Kommunikation; im Web werden zusätzlich mehr als eineinhalb Stunden verbracht.
Google & Co. werden täglich genutzt
Besonders intensiv genutzt wird dabei die Suchmaschine "Google". Wie die Ergebnisse zeigen, "googeln" fast alle Journalisten, 60,2 Prozent der Befragten starten sogar ihre Recherche regelmäßig damit. "Google" ist somit hinter dem Telefon die zweithäufigste Recherchemethode. An dritter Stelle steht das Abfragen des APA-Archivs.

Weitere Ergebnisse zum Arbeitsalltag: Die Tendenz zur Übernahme von unbearbeiteten Textpassagen (Copy-Paste-Journalismus) wurde von den Befragten festgestellt und kritisch kommentiert. Als größtes Manko gaben die interviewten Journalisten das Wegfallen von Korrektoraten und Lekoraten an.

Themenfindung, Recherche und Schreiben machen laut der Studie immer noch mehr als die Hälfte der durchschnittlichen Arbeitszeit aus. Diese Kompetenzen wurden bei Weiterbildungswünschen auch vor technischen Fähigkeiten gereiht.
Frauenanteil gestiegen
Eine "kleine historische Trendwende" nennen die Studienautoren den gestiegenen Frauenanteil (57,9 Prozent) unter den Journalisten, die noch über weniger als fünf Jahre Berufspraxis verfügen. Insgesamt lag der weibliche Anteil der Befragten bei 39,5 Prozent.

Verschlechtert hat sich hingegen die Bezahlung der Freien Mitarbeiter. 31,4 Prozent der angestellten Journalisten geben an, dass ihre Bezahlung in den vergangenen fünf Jahren besser geworden ist.

Bei den freien Dienstvertragsnehmern sind dies nur mehr 15 Prozent, bei den Werkvertragsnehmern gar nur noch 7,7 Prozent. "Je lockerer bzw. flexibler das Dienstverhältnis, desto schlechter ist die Bezahlung geworden", schlussfolgerten die Studienautoren. Insgesamt sind 62,2 Prozent der Printjournalisten angestellt, 19,2 Prozent Freie und 18,6 "Werkverträgler".
Kritik: "geschöntes Bild"
Fritz Wendl vom ÖGB kritisierte, dass das Bild, das die Studie bietet, zum Teil sogar "sehr geschönt" sei, "auch wenn grausliche Dinge drinnen stehen". Die Arbeitsverhältnisse seien bei manchen Unternehmen noch viel schlimmer, bemängelte der Gewerkschafter und forderte von der Politik entsprechende gesetzliche Maßnahmen ein.
Statistik: Der Durchschnittsjournalist
Und so sieht der österreichische Printjournalist im statistischen Durchschnitt 2005 aus: Er ist 39 Jahre alt, männlich (60,5 Prozent), hat ein Hochschulstudium begonnen (75,7 Prozent), hat keinen Abschluss (53,4 Prozent) und ist bei einer Tageszeitung (42,6 Prozent) angestellt (62,2 Prozent), die er selbst eher als Qualitätsmedium (51,2 Prozent) einstuft.

[science.ORF.at/APA, 24.3.06]
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010