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Systembiologie - Eine neue Strategie in den Biowissenschaften  
  Mit Hilfe von mathematischen Modellen soll die Biologie als exakte Wissenschaft besser verstanden werden. Ursula Hunger vom Verein dialog<>gentechnik bietet in einem Gastbeitrag Einblicke in die Systembiologie, einen recht jungen Zweig der Biowissenschaften.  
Die Gesamtheit eines biologischen Systems
Das Grundlegende der Systembiologie ist, komplexe biologische Systeme als Gesamtheit zu betrachten und alle dynamischen Abläufe in einer Zelle oder einem Organ abzubilden. Dazu ist die Zusammenarbeit von WissenschaftlerInnen aus den verschiedensten Bereichen wie den Biowissenschaften, der Mathematik, Physik und Informatik notwendig.
Die Biowissenschaften bisher
Bild: U. Hunger
Bisher untersuchten ForscherInnen einzelne Komponenten biologischer Abläufe. Detailliert wurden die einzelnen Komponenten auf molekularer Ebene analysiert.

Ihre Zusammensetzung, Konzentration, ihr Zusammenspiel und Einzelinformationen über ihre genetischen, physiologischen und physikalischen Parameter wurden studiert und gesammelt. Doch es fehlte die ganzheitliche Betrachtungsweise.
Die "-omics-Daten"
Die Forschung auf dem Gebiet von Genomics, Proteomics und Metabolics erreichte in den letzten Jahren eine bisher nicht erreichte Dimension. Das Fortschreiten der Computertechnologie erlaubt nun, diese ungeheure Datenfülle durch die Bioinformatik in Datenbanken zusammenzufassen.
In silico-Modelle
 
Bild: U. Hunger

Die Systembiologie zielt mit ihrer ganzheitlichen Sichtweise darauf ab, alle gewonnenen Daten in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen und als mathematisches Modell im Computer abzubilden. Im Computer, also in silico, sollen nun am Modell Simulationen von Veränderungen durchgeführt werden.

Durch diese Simulation sollen dann Vorhersagen über das Verhalten von biologischen Systemen getroffen werden können. Diese Vorhersagen werden anschließend gezielt im Experiment überprüft.

Wenn notwendig, wird das Modell mit den neu gewonnenen Daten modifiziert. Dies bewirkt einen iterativen Prozess, der möglicherweise in immer wirklichkeitsnaheren Modellen endet.
Die Anwendungen der Systembiologie
Die Systembiologie verspricht zahlreiche Vorteile für die Biowissenschaften, Medizin und Industrie sowie für die Neuentwicklung von Medikamenten.

Das Gesamtverständnis der Systembiologie hilft in der Grundlagenforschung und in der Erforschung von Krebs, Erbkrankheiten und Infektionskrankheiten. Krankheiten haben oft einen komplexen Ursprung, wie Störungen eines ganzen Netzwerks von biologischen Abläufen. Der Einsatz von voraussagenden Modellen soll die Entwicklung von neuen Medikamenten und eine raschere Markteinführung ermöglichen.

Auch für die Pflanzenzucht eröffnet die Systembiologie viele Anwendungen. Die ganzheitlichen Ansätze der Pflanzenzellenmodelle können die Entwicklung von neuen Sorten mit effizienter Wasser- und Nährstoffnutzung, mit Resistenzen gegen Krankheitserreger und höheren Erträgen vereinfachen.

Ursula Hunger, 31.03.06.
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Die Autorin, Ursula Hunger, ist als Projektleiterin bei dialog<>gentechnik tätig und promovierte in Biochemie in Wien.
->   dialog<>gentechnik
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Vertiefende Links zum Thema:
->   Derzeitige Modelle und Datenbanken
->   Projekte in Österreich
->   Karl Kuchler am Campus Vienna Biocenter
->   Reingard Grabherr an der Universität für Bodenkultur Wien
 
 
 
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01.01.2010