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"Freud-loses" Jubiläumsjahr fürs Freud-Museum?  
  Heuer wird der 150. Geburtstag von Sigmund Freud, dem "Vater der Psychoanalyse", gefeiert - ein Anlass, sich nach der Zukunft des Freud-Museums zu erkundigen, denn die scheint nicht zwingend "freud-voll".  
Das Freud-Jahr wird vielerorts gefeiert, so etwa auf Radio Österreich 1 mit einem Schwerpunkt, aber auch in Ausstellungen im Wiener Freud-Museum oder in den österreichischen Kulturforen im Ausland.
"Heimat" der Psychoanalyse
Berggasse 19 - eine Wiener Adresse von Weltruf: Hier wirkte Sigmund Freud, hier entstand die Psychoanalyse. Heute ist in der Berggasse 19, einem typischen Bürgerhaus der Gründerzeit, das Sigmund-Freud-Museum untergebracht.

Heuer im Jubiläumsjahr verfügt die Freud-Stiftung über 1,8 Millionen Euro - zur Hälfte aus Eigenmitteln und Sponsorengeldern, zur Hälfte aus Subventionen von Bildungsministerium, Bundeskanzleramt und Stadt Wien. Etwa 60 Prozent des Budgets fließen in das Museum in der Berggasse.
->   Sigmund Freud Museum Wien
3,3 Millionen Euro nötig
Dennoch: Es fehlt an Geld. Nach 35 Jahren Museumsbetrieb und 1,2 Millionen Besuchern sind Renovierungen fällig, auch der Platz für Originalmöbel des Seelenforschers Freud, für Bibliothek und Archiv, für zeitgenössische Kunst und Wechselausstellungen wird knapp.

3,3 Millionen Euro brauchte das Sigmund-Freud-Museum für Renovierung und Erweiterung, sagt Direktorin Inge Scholz-Strasser gegenüber Radio Österreich 1: "Im Museum ist durch die Belagsdichte der vergangenen Jahre ein Abnützungszustand vorhanden, der noch eineinhalb Jahre zu halten ist - dann ist die Grundsubstanz abgenützt.

Das bedeutet: eine Neuaufstellung des Museums; entsprechende Räume, um im modernen Museumsmanagement auch die Infrastruktur zu gewährleisten (Garderoben, Aufenthaltsräume); aber auch qualitativ hochwertige Präsentation."
Ideen für die Zukunft des Museums
Gerne würde man alle Räume der ehemaligen Praxis und Privatwohnung Freuds der Öffentlichkeit zugänglich machen sowie in die Dauerausstellung aktuelle Forschungsergebnisse zu Freud in Wien und zur Psychoanalyse weltweit einflechten.

Die Präsentation sei nicht mehr zeitgemäß, vom "Charme eines Provinz- und Regionalmuseums" war sogar die Rede. Die derzeitige Ausstellung stammt im Grunde aus dem Jahr 1984.
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"Freud-volle" Stadt Wien
Direktorin Inge Scholz-Strasser kann sich im Gespräch mit RAdio Ö1 langfristig auch andere Freud-Plätze in Wien vorstellen - ein "Gesamt-Stadt-Konzept" zu Sigmund Freud. Vorrangig seien aber die Renovierung und Erweiterung der 280 Quadratmeter in der ehemaligen Praxis und Privatwohnung Freuds in der Berggasse 19.
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Finanzierung ungewiss
3,3 Millionen Euro seien für Renovierung und Erweiterung des Museums in der Berggasse 19 notwendig - woher ist ungewiss.

Zusagen gibt es laut Direktorin Inge Scholz-Strasser vom Sponsoren-Verein (Verein der Freunde des Sigmund-Freud-Museums); mit dem Bund werde seit Jahren verhandelt, sagt sie im Ö1-Mittagsjournal: "Wenn das Freud-Jahr ein Hoffnungsjahr für uns sein soll, dann kann ich nur auf den Bund und die Sponsoren hoffen. Vom Bund gibt es unterschiedliche Signale, aber keine fixen Zusagen."

Bisher wurde z.B. vom Kunststaatsekretariat im Bundeskanzleramt und vom Bildungsministerium die Ausstellung "Die Couch. Vom Denken im Liegen" gefördert und die Stadt Wien habe sich bereit erklärt, das Haus in die Freud-Stiftung einzubringen, so Inge Scholz-Strasser.
Von "Schließung" die Rede
Abgesehen davon: Sollte die Finanzierung von Erweiterung und Renovierung in der Höhe von 3,3 Millionen Euro nicht gelingen, müsste laut Direktorin Inge Scholz-Strasser das Museum bis Ende 2007 schließen.

Berechtigte Sorge oder Druckmittel? Inge Scholz-Strasser im ORF-Radio: "Wenn ich als verantwortungsvolle Museumsdirektorin agiere, dann ist ein Offenhalten der Räume nach Ende 2007 eigentlich nicht möglich. Man kann ein Museum auch so lange offen halten, bis es kaputt ist. Ich glaube, dass es am verantwortungsvollsten wäre, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen und klare Sprache zu sprechen." Gemeint sind Sponsoren, Bildungsministerium, Kunststaatsekretariat und Stadt Wien.
Freud-Aktivitäten des Außenministeriums
Ein wenig "freud-voller" wurden im Freud-Museum heute übrigens die internationalen Aktivitäten rund um den 150. Geburtstag Sigmund Freuds präsentiert: Das Außenministerium organisiert an den österreichischen Kulturforen und Vertretungsbehörden in 29 Staaten Symposien, Ausstellungen oder Filmprojekte - von Tallinn über Teheran, von Belgrad über Buenos Aires, von Mexiko-Stadt bis Madrid.
->   Freud-Homepage des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten
Philosophisches Freud-Manifest
Der Philosoph Peter Kampits (Dekan der bildungswissenschaftlichen Fakultät Wien) hat zudem ein "Sigmund Freud Manifest" verfasst, von dem laut Kulturpolitischer Sektion des Außenministeriums 1.400 Stück gedruckt worden sind und auf Deutsch und Englisch in 35 Städten weltweit plakatiert wird (z.B. in Zagreb, New York, Peking, Riga, Paris oder London).

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 29.3.06
->   Alle Beiträge zu Freud im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010