News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Studie: 99 Prozent der Österreicher kennen Freud  
  Eine Umfrage hat das Wissen der Österreicher über Sigmund Freud untersucht: 99 Prozent kennen ihn, 84 Prozent sehen ihn als "Psychoanalytiker" und 30 Prozent bringen "Penisneid" mit ihm in Verbindung.  
Vorgestellt wurde die neue Fessel-GfK-Studie "Freud unter uns" am Montag im Wiener Sigmund-Freud-Museum.
Gleich bekannt wie Hitler
Grafik: APA, Quelle: GfK-Fessel-Institut
Bekanntheitsgrad
Die stichprobenartige Befragung von 500 Österreichern zwischen 15 und 70 Jahren ergab, dass die Bekanntheit Freuds mit 99 Prozent jener Adolf Hitlers entspricht.

Übertroffen wurden beide nur von John F. Kennedy, Mutter Theresa und Albert Einstein. C. G. Jung etwa kannten nur 39 Prozent der Befragten. 91 Prozent ordneten Freud die Eigenschaften "Humanität" und "Menschlichkeit" zu, 79 Prozent bezeichneten ihn als "Vordenker".

20 Prozent assoziierten die "Couch" mit Freud und der Psychoanalyse. Für 87 Prozent war Freud ein "Arzt", für 84 Prozent ein "Psychoanalytiker".
44 Prozent kennen Berggasse 19, 30 Prozent den Penisneid
Grafik: APA, Quelle: GfK-Fessel-Institut
Einstellung zu Freud
Gefragt nach weltberühmten Adressen kannten 94 Prozent das Weiße Haus und seine Bedeutung, 83 Prozent die Getreidegasse, und immerhin 44 Prozent wussten um die Berühmtheit der Berggasse 19.

Den Begriff "das Unbewusste" brachten 59 Prozent mit dem Seelenarzt in Zusammenhang, ebenso wie "Traum" und "Sexualität". "Ich, Es und Über-Ich" erkannten 46 Prozent als Freud-Schöpfungen.

Den "Ödipuskomplex" identifizierten 39 Prozent mit Freud, den "Penisneid" nur mehr 30 Prozent, und die "Fehlleistungen" gar nur sieben Prozent.
Elf Prozent Freud-Leser?
Elf Prozent der Befragten wollen schon einmal ein Werk Freuds gelesen haben, und davon 25 Prozent "Die Traumdeutung". "Studien über Hysterie" lasen drei Prozent.

"Die Abhandlungen zur Sexualtheorie" oder "Jenseits des Lustprinzips" hatte noch keiner der Befragten zur Lektüre gewählt. Über den anstehenden 150. Geburtstag Freuds wussten 39 Prozent Bescheid.
Sehr aufgeschlossene Österreicher
Die Meinung, dass Freud in Österreich nicht genügend gewürdigt werde, vertraten nur drei Prozent explizit (und 26 Prozent meinten, dies "trifft eher zu"), dass seine Ideen heutzutage überholt seien, meinte jedoch nur ein Prozent - und weitere 14 entschlossen sich für ein "trifft eher zu".
Neue "Lounge Berggasse 19"
Präsentiert wurde die Studie am Montag von Inge Scholz-Strasser, Direktorin des Wiener Sigmund Freud-Museums, in der neuen "Lounge Berggasse 19".

Durch den um 40.000 Euro neu adaptierten Raum gelangt man einerseits ins Freud-Museum, und andererseits soll er während der Dauer der Sonder-Ausstellung "Die Couch. Vom Denken im Liegen" (5. 5. bis 5. 11.) als Veranstaltungs- und Ruheraum genützt werden.
...
Sigmund Freud-Museum mit Lounge Berggasse 19, Wien 9, Berggasse 19, tgl. 9-17 Uhr, ab 5. Mai bis 5. Nov. tgl. 9-18 Uhr, Tel: 01 / 319 15 96.
->   Sigmund Freud-Museum
...
Ein neuer Eingang fürs Museum - mit Ablaufdatum?
"Die Couch-Lounge klingt ja sehr hipp", so Scholz-Strasser, "aber für uns ist das erste Mal eine adäquate Eingangssituation ins Museum vorhanden, wenn auch nur temporär".

Ob die Lounge bleibt, stehe erst fest, wenn die laufenden Verhandlungen mit dem Bildungsministerium und der Stadt Wien über eine überfällige Renovierung und Erweiterung des Museums vollendet wären.
Noch nicht alles fertig
Die Firma Wittmann sponserte jedenfalls eine Couch, Fauteuils und weitere Sitzmöbeln, die Paolo Piva entworfen hat. Das Möbel-Design legt Assoziationen zu modernen Party- oder Warte-Lounges jedenfalls näher als zum Behandlungsraum des Seelenforschers.

Montagabend soll die Lounge mit einer Podiums-Diskussion ("Österreich und Sigmund Freud") eröffnet werden, auch wenn der Garderobe-Bereich und die Heizungsanlage noch nicht fertig sind.
"Oberflächliche Studie"
Nicht zuletzt vom Eröffnungsabend erhofft Scholz-Strasser, dass "gewisse Finanzierungslücken" nach einem Umdenken der Verantwortlichen geschlossen werden könnten.

Denn bei der Lounge-Diskussion soll auch nochmals auf die Repräsentativ-Studie "Sigmund Freud in der österreichischen Wahrnehmung 2006. Freud unter uns" eingegangen werden, die Meinungsforscher Rudolf Brettschneider im Auftrag des Bundeskanzleramtes kürzlich durchführte.

Dabei kam vor allem heraus, dass Freud auch heute ein Begriff ist. Brettschneider: "Natürlich muss eine Studie zu so einer komplexen Thema an der Oberfläche bleiben und kann nicht in die berühmte Tiefe gehen."

[science.ORF.at/APA, 10.4.06]
->   Freud-Jahr 2006 in Radio Österreich 1
Mehr zum Freud-Jahr 2006 in science.ORF.at:
->   Wesensverwandt: Psychoanalyse und Demokratie (7.4.06)
->   Josef Christian Aigner: Die vergessene Kulturkritik der Psychoanalyse (31.3.06)
->   Michael Rohrwasser. Schwieriges Verhältnis - Freud und die Universität (24.3.06)
->   Sabine Götz: Psychoanalyse - Der Weg zum Sprechen über Sexualität (10.3.06)
->   Franz Seifert: Psychoanalyse - Persönliche Fußnote und Buchtipp (20.2.06)
->   Monika Huber: Anna O. - das A und O der Psychoanalyse? (20.1.06)
->   Christine Diercks: Die Bedeutung der Psychoanalyse heute (18.1.06)
->   Andre Gingrich: Freud - Zwischen Respekt und Skepsis (9.1.06)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010