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Musikerziehung macht nicht automatisch schlauer  
  Musikunterricht macht Kinder nicht automatisch schlauer. Sprachen lernen oder mathematische Rätsel lösen sind genauso gut, sagt ein deutscher Philosoph, der eine Meta-Studie zur Musikerziehung durchführte.  
Der Berliner Philosoph Ralph Schumacher analysierte alle verfügbaren Studien über die Auswirkungen von Musikerziehung auf das Denkvermögen. Er hat die Studien für das Bundesbildungsministerium gesichtet.

"Es gibt keine Belege dafür, dass musikalische Früherziehung spezifische Effekte zum Beispiel auf die sprachliche Entwicklung wie die Lese- und Schreibfähigkeit hat", resümmierte Schumacher am Dienstag und bestätigte einen Bericht des Magazins "Geo Wissen".
Genauso gut: Sprachen lernen, Rätsel lösen
Statt mühevoll Geige oder Klavier zu üben, könnten Kinder genauso gut Sprachen lernen oder mathematische Rätsel lösen, betonte Schumacher.

"Musikunterricht ist nicht der Königsweg. Eltern sollten sich bei zusätzlichem Unterricht lieber nach den Neigungen ihrer Kinder richten." Wichtig sei, dass es überhaupt zusätzlichen Unterricht gebe.
Forscher: Viele Studien unseriös
Viele der analysierten Studien hält Schumacher für nicht seriös, weil die Kinder in den Kontrollgruppen keinen zusätzlichen Unterricht erhielten. Auch bei ernst zu nehmenden Untersuchungen habe Musikunterricht lediglich eine IQ-Steigerung von drei Punkten bewirkt.

"Das ist sehr wenig", sagte der Forscher. In Deutschland liegt der durchschnittliche Intelligenzquotient (IQ) bei etwa 100.

"Es gibt auch keine Belege dafür, dass durch das Musizieren im Gehirn Datenautobahnen entstehen, die dann automatisch für andere Denkprozesse zur Verfügung stehen", betonte Schumacher, der Philosophie an der Berliner Humboldt-Universität lehrt und eng mit Psychologen und Neurowissenschaftlern zusammenarbeitet.
Jeder zusätzliche Unterricht gut
Die Mehrheit der derzeit verfügbaren Untersuchungen sei aus methodischen Gründen nicht geeignet, um bestimmte Wirkungen eindeutig dem Musikunterricht als Ursache zuzuschreiben, ergänzte Schumacher.

So kämen zum Beispiel Kinder, die Musikunterricht erhalten, ohnehin aus eher bildungsnahen Familien. Vielmehr lasse sich aus den meisten Untersuchungen lediglich ableiten, dass jeder zusätzliche Unterricht die Intelligenzentwicklung von Kindern fördere.
Musizieren kann aber soziales Verhalten fördern
Positive Wirkungen in sozialer und emotionaler Hinsicht will Schumacher dem Musizieren allerdings nicht absprechen.

In der Schule könne das gemeinsame Üben und Spielen beispielsweise die Gemeinschaft zwischen den Schülern fördern und ihren Umgang miteinander verbessern.

[science.ORF.at/dpa, 12.4.06]
->   GEO WISSEN
->   Ralph Schumacher, Institut für Philosophie
 
 
 
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01.01.2010