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Antarktis-Seen über "Rohrleitungssystem" verbunden  
  Die Pläne, in den subglazialen Seen der Antarktis isolierte Lebensformen aufzuspüren, wird man wohl überdenken müssen: Ein Team von britischen Forschern hat mittels Satellitenaufnahmen nachgewiesen, dass diese Seen durch ein weit verzweigtes Flusssystem miteinander verbunden sind und sehr rege Wasser austauschen.  
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich in den unter dem Eis liegenden Seen unabhängige Ökosysteme entwickeln, ist daher gering.

Bohrt man durch das Eis in diese Seen hinab, könnte die dabei entstehende Verunreinigung durch Mikroben durch das bestehende "Rohrleitungssystem" auch auf andere Seen übertragen werden, befürchten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von "Nature".
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Die Studie "Rapid discharge connects Antarctic subglacial lakes" von Duncan J. Wingham, Martin J. Siegert, Andrew Shepherd und Alan S. Muir ist am 20. April 2006 in "Nature" (Nr. 440, S. 1033) erschienen.
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Theorien über Seen-Entwicklung zu revidieren
Subglaziale Seen in der Antarktis wurden erstmals in den 1960er Jahren entdeckt. Seit damals hat man über 150 solcher Seen gefunden - mehrere tausend dürften existieren.

Bislang gingen die Forscher davon aus, dass sich diese Seen über Millionen Jahre hinweg isoliert voneinander entwickelt haben und daher mikrobisches Leben aufweisen könnten, dass sich "unabhängig" entfaltet hat.

Die Satellitenbilder, die die Wissenschaftler vom University College London und von der University of Bristol am Centre for Polar Observation and Modelling ausgewertet haben, stellen diese gängige Annahme in Frage.
Unterirdische Flüsse - so groß wie die Themse
Die Bilder zeigten, dass sich die Eisdecke über einem See in der Ost-Antarktis innerhalb von 16 Monaten um drei Meter senkte - und sich dafür über zwei anderen, 290 Kilometer entfernten Seen entsprechend erhöhte.

Die Forscher glauben, dass dieser Effekt durch die Verlagerung von 1,8 Kubikkilometern Wasser zwischen den Gewässern entstanden ist.

Die Bewegung solcher gewaltigen Wassermengen verweise auf die Existenz von Flüssen in der Größe der Themse, so Studienleiter Duncan Wingham und Co-Autor Martin Siegert.
Anschwellende Seen lösen Wellen aus
Bisher hatte man angenommen, dass sich das Wasser unter dem ewigen Eis der Antarktis nur sehr langsam bewege und quasi versickere.

Die Ergebnisse der Studie lassen jedoch den Schluss zu, so die Forscher, dass die Seen aufgrund eines ansteigenden Wasserdrucks schlagartig anschwellen und Wellen erzeugen können, die weite Distanzen zurücklegen.

Ob diese Wellen richtige Kettenreaktionen von einem See zum nächsten auslösen und sich bis zu den Küsten fortsetzen können, ist bislang unklar.

Eines ist jedoch bereits jetzt offensichtlich: Über kurz oder lang wird das gesamte "Rohrleitungssystem" der Antarktis durchspült. Völlig isolierte Lebensformen wird man daher vergeblich suchen.

[science.ORF.at, 20.4.06]
->   Center for Polar Observation and Modelling
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01.01.2010